Armes Berlin

Lebensmittel supergünstig oder geschenkt? Wo man sie in Berlin bekommt und wie viel es gibt

In Zeiten krasser Inflation können sich längst nicht mehr alle Berliner ausreichend Lebensmittel leisten. Mit Supergünstig-Angeboten oder Spenden gibt es Abhilfe.

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Bei der Arche bekommen Familie kostenlose Lebensmittel.
Bei der Arche bekommen Familie kostenlose Lebensmittel.Benjamin Pritzkuleit

„So etwas wie dieses Jahr hatten wir noch nie“, sagt der Sprecher des Kinderhilfsprojekts Arche, Wolfgang Büscher. Was er meint, ist der Run auf Lebensmittel, die für arme Berliner Familien zur Verfügung gestellt werden. Das Geschäft mit den Umsonst-Nahrungsmitteln und mit supergünstigen Angeboten über soziale Projekte boomt. KURIER verrät, wie man drankommt und wie viel es gibt.

An fünf großen Ausgabeterminen seien im Jahr 2023 in der Zentrale in Hellersdorf vom Arche-Team Lebensmittel ausgegeben worden. Rund 300.000 Euro habe der Verein dafür ausgegeben. Zum bisher letzten Termin vor etwa drei Monaten seien mehr als 1000 Familien gekommen. Absolute Wahnsinnszahlen!

Kostenlose Lebensmittel beim Kinderhilfsprojekt Arche

Doch beim Kinderhilfsprojekt Arche ist die Zeit großer Ausgabetermine nun vorüber: „Das war zu viel und auch nicht unser Kerngeschäft“, sagte Büscher. „Am Ende kamen Leute aus ganz Berlin angereist. Wir konnten das nicht mehr kontrollieren.“

Die Arche versorge allerdings weiterhin auch Familien, deren Kinder dort etwa Freizeitangebote nutzen. „Es gibt Familien, die bis zu zweimal im Monat Lebensmittel bekommen, sonst nach Bedarf.“ Im Lager könnten sie sich aussuchen, was sie brauchen.

Denn: Familien seien insbesondere dadurch belastet, dass früher preiswerte Grundnahrungsmittel wie Brot immer noch verhältnismäßig teuer seien.

Immer mehr Menschen sind auf kostenlose Lebensmittel beispielsweise von der Tafel angewiesen.
Immer mehr Menschen sind auf kostenlose Lebensmittel beispielsweise von der Tafel angewiesen.Christian Charisius/dpa

Doch auf für Ältere und Alleinstehende gibt es Anlaufstellen. Bei wem das Geld zum Leben nicht reicht, wer sich Lebensmittel nicht in ausreichender Menge leisten kann, kann sich an die Berliner Tafel wenden.

Auch die Tafel verzeichnet schon länger eine deutlich gestiegene Nachfrage. Mittlerweile habe sich die Zahl der Menschen, die bei den 48 „Laib und Seele“-Ausgabestellen Lebensmittel beziehen, auf hohem Niveau eingependelt, wie eine Tafel-Sprecherin auf Anfrage mitteilte. Seit dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine und der Inflation liege sie monatlich bei rund 75.000 Menschen. Das sind annähernd doppelt so viel wie 2021, als es erst rund 40.000 Kundinnen und Kunden pro Monat gab.

Gespendete Lebensmittel gibt’s bei der Tafel

Auch acht Pop-up-Ausgabestellen, die im Frühjahr 2022 eingerichtet wurden und eigentlich nur als Zwischenlösung gedacht waren, hat die Tafel bisher nicht wieder geschlossen. Sie blieben angesichts des enormen Bedarfs bis heute unverzichtbar.

An den Ausgabestellen der Tafel können Menschen mit geringem Monatseinkommen gegen einen Unkostenbeitrag von ein bis zwei Euro Lebensmittel erhalten, die in der Regel gespendet wurden. Die Bedürftigkeit muss nachgewiesen werden. Die Tafel versorgt außerdem derzeit bis zu 400 soziale Einrichtungen wie Obdachlosenunterkünfte und Frauenhäuser mit Lebensmitteln. Auf diesem Weg würden rund 91.000 Menschen monatlich erreicht.

Mit der App Too Good To Go kann man bei Lebensmitteln richtige Schnäppchen machen.
Mit der App Too Good To Go kann man bei Lebensmitteln richtige Schnäppchen machen.Too Good To Go

Das Warenangebot ist laut Tafel allerdings nicht so stark gewachsen wie die Nachfrage: Seit vielen Jahren habe man recht stabil 660 Tonnen pro Monat. Was gespendet wird, habe sich aber stark verändert: Mittlerweile seien es weniger Obst und Gemüse sowie Molkereiprodukte, dafür mehr Haltbares, teils auch Waren wie Hygieneartikel, Reinigungsmittel und Windeln.

Die Ursachen für den Rückgang bestimmter Waren sehen die Organisatoren unter anderem darin, dass der Handel überschüssige Lebensmittel etwa in sogenannten Rettertüten mit Obst und Gemüse zum Feierabend verkauft.

Mit Rettertüten und Too Good To Go bei Lebensmitteln kräftig sparen

Auch hier liegt Spar-Potenzial. Umsonst sind diese Lebensmittel aus dem Supermarkt zwar nicht, aber oft deutlich günstiger. Die „Rette mich“-Tüte von Lidl gibt es zum Beispiel für drei Euro zu kaufen. In der Tüte findet sich eine bunte Mischung aus Obst und Gemüse – sie ist bis zu fünf Kilo schwer. Auch Edeka hat ein ähnliches Konzept.

Größer wird die Auswahl an Lebensmitteln zu Super-Schnäppchenpreisen mit der App Too Good To Go. Hier verkaufen zum Beispiel Bäckereien, Imbisse und Restaurants ihre überschüssige Ware günstiger als üblich. Das Prinzip: Es gibt eine Überraschungstüte für circa ein Drittel des ursprünglichen Preises.  Allein bis 14. Dezember 2023 seien in Deutschland 14,6 Millionen Überraschungstüten verkauft worden, nach 10,5 Millionen im gesamten Vorjahr, heißt es vom Unternehmen.