Menschen, die ausgebeutet werden, sind psychisch oft sehr belastet. Mit Polizei oder Zoll wollen viele nicht sprechen, aus Angst. In Berlin hat am Montag eine Schutzwohnung für Opfer von Ausbeutung und Menschenhandel eröffnet. „Niemand soll in Berlin unter ausbeuterischen Bedingungen arbeiten müssen“, erklärt Berlins Sozialsenatorin Cansil Kiziltepe (SPD) zum offiziellen Start.
Die Schutzwohnung, deren Adresse geheim bleibt, gibt es eigentlich schon seit Januar. Diese sei eine sichere und anonyme Anlaufstelle für Betroffene, sagt Kiziltepe bei der Vorstellung des Projekts. Arbeitsausbeutung sei eine oft verborgene, aber weit verbreitete Ausbeutungsform. „Wir zeigen den betroffenen Menschen, dass sie nicht allein sind.“
Betroffene würden oft in ihrer Not ausgenutzt und müssten unter miserablen Bedingungen arbeiten. Arbeitsausbeutung gebe es von der Bau- und Landwirtschaft bis zur häuslichen Pflege und der Gastronomie in vielen Bereichen, teilt die Senatsverwaltung für Arbeit und Soziales mit.
Polizei, Zoll und Senatsverwaltung ermitteln gemeinsam
Kiziltepe betont, bei der Berliner Polizei und dem Zoll habe seit diesem Jahr zudem eine Gemeinsame Ermittlungsgruppe Arbeitsausbeutung die Arbeit aufgenommen. Gerade Menschen in prekären Lebenssituationen und mit Migrations- oder Fluchtgeschichte seien gefährdet. Die Schutzwohnung solle eine sichere Unterkunft bieten, nachdem die illegale Beschäftigung beendet und die Täter ermittelt wurden. Zum Schutz der Betroffenen bleibe die Adresse der Schutzwohnung anonym.
Betroffene seien oft psychisch erheblich belastet, häufig verbunden mit Angstzuständen oder Depressionen, sagt Peter Hermanns, Sprecher des Internationalen Bundes (IB) Berlin-Brandenburg, eines Trägers der Sozialarbeit. Die Schutzwohnung sei ein sicherer Rückzugsort und soll Menschen neue Perspektiven eröffnen. Der IB bietet gemeinsam mit dem Berliner Beratungszentrum Migration und Gute Arbeit (Bema) professionelle soziale und psychologische Beratung.
Die Wohnung kostet 450.000 Euro pro Jahr
Finanziert wird das Projekt vollständig von der Sozialverwaltung mit 450.000 Euro im Jahr. Insgesamt stehen dort zehn Unterbringungsplätze zur Verfügung – derzeit sei ein Platz belegt. Berlin ist nach Angaben von Kiziltepe das erste Bundesland, das eine solche Schutzwohnung anbietet.
Polizeipräsidentin Barbara Slowik Meisel erklärt, dass die Betroffenen oft gar nicht oder nur in einem kleinen Zeitfenster zur Kooperation mit Polizei und Zoll bereit seien: „Die Täterinnen und Täter stammen meist aus dem privaten sozialen Umfeld und versuchen regelmäßig, ihre Opfer während der Dauer der Ermittlungsverfahren unter Druck zu setzen.“ Die Polizeipräsidentin bezeichnet die Schutzwohnung daher als „absoluten Gewinn“ für die Ermittlungsarbeit des Zolls und der Polizei.

2023 wurden in Berlin laut Polizeilicher Kriminalstatistik 20 Fälle von Menschenhandel und Ausbeutung registriert, wie der RBB schreibt. Das sei aber nur die „Spitze des Eisbergs“, betont die Senatsverwaltung. Das Bundeskriminalamt verzeichnete für das Jahr 2023 insgesamt 37 abgeschlossene Ermittlungsverfahren im Bereich Arbeitsausbeutung. Die Zahlen stiegen in den vergangenen Jahren kontinuierlich und die Dunkelziffer sei hoch. ■