Berliner schummeln öfter

Führerscheinprüfungen: Immer mehr Betrugsversuche – das sind die Tricks

Für viele ist die Theorieprüfung beim Führerschein eine Herausforderung. So groß, dass Prüflinge immer häufiger versuchen, sich gute Ergebnisse zu erschleichen.

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In der theoretischen Führerscheinprüfung wird immer öfter versucht zu betrügen.
In der theoretischen Führerscheinprüfung wird immer öfter versucht zu betrügen.Steinach/imago

Immer mehr Deutsche wollen den Führerschein. Die Zahl der Führerscheinprüfungen stieg im vergangenen Jahr um 1,7 Prozent auf rund 2,01 Millionen an. Überproportional schnellte dabei die Zahl der Betrugsversuche hoch– um 12 Prozent auf 4198 Fälle. In der Betrügerrangliste ganz vorne: Hamburg und Berlin. 

„Ergaunern sich die Fahrschüler ihren Prüfungserfolg und verfügen nicht über die entsprechenden Kenntnisse im Straßenverkehr, birgt das ein erhebliches Risiko für die Sicherheit anderer“, sagt Richard Goebelt, Fachbereichsleiter Fahrzeug & Mobilität beim TÜV. Immer mehr Fahrschüler lassen sich bei der theoretischen Führerscheinprüfung Tricks einfallen, um sie zu bestehen. Den vordersten Platz nimmt Hamburg ein, kurz dahinter folgt Berlin.

In Berlin: Jeden Tag ein Betrugsversuch

In der Hauptstadt ist im Jahr 2024 bei 399 von insgesamt 99.239 theoretischen Prüfungen ein Täuschungsversuch festgestellt worden. Das ist ein Anstieg von 12 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Statistisch gesehen findet in Berlin somit jeden Tag mindestens ein Betrugsversuch statt.

Zudem müsse von einer Dunkelziffer ausgegangen werden, bemerkt die Dekra e.V., die zweite in Berlin für Führerscheine zuständige Technische Prüfstelle. Obwohl die Zahl der Täuschungsversuche gemessen an der Gesamtzahl der Prüfungen eher gering erscheinen mag, stellt sie nach Meinung der Dekra ein nicht zu unterschätzendes Risiko für die Verkehrssicherheit dar.

Besonders alarmierend: 58 Prozent der Täuschenden agieren professionell. „Die Zusammenarbeit mit Dritten, Passmissbrauch oder Urkundenfälschung sowie der Einsatz ausgefeilter technischer Hilfsmittel zeugen von einem hohen Maß an krimineller Energie. Das darf nicht ohne Konsequenzen bleiben“, betont TÜV-Experte Goebelt. Häufig werden beiden Betrugsversuchen technische Geräte eingesetzt: Über kleine Kopfhörer im Ohr oder eine Kamera in einem Knopf an der Kleidung lassen sich manche Prüflinge die richtigen Antworten zuspielen.

Die theoretische Fahrprüfung für das Auto umfasst 30 Multiple-Choice-Fragen, die mit einer unterschiedlichen Zahl an Punkten gewichtet werden. Die Prüfung wird in Gruppen durchgeführt und erfolgt ausschließlich digital auf einem PC oder Tablet in der Prüfstelle, wo sich jeder Prüfling mit seinem Personalausweis und einer Ausbildungsbescheinigung der Fahrschule anmelden muss.

Strafen aber gibt es laut TÜV für Täuschungsversuche kaum

Dass 58 Prozent der Betrüger professionell vorgehen, sei eine „erschreckende Zahl“, sagt auch Cesur Özdal, Geschäftsführer der 123 Fahrschule in Berlin, die in ihren 13 Filialen in der Stadt rund 3000 Fahrschüler betreut. Özdal kritisiert den Umgang mit Täuschungsversuchen und fordert mehr Engagement bei der Aufarbeitung. Für Betrüger müsse es härtere Strafen geben. Unterschieden werden müsse dabei klarer zwischen leichten Verstößen, etwa die Handynutzung während der Prüfung, und organisierten Versuchen, zum Beispiel durch einen Stellvertreter oder Verkabeln.

Strafen aber gibt es laut TÜV für Täuschungsversuche kaum. Sie gelten, mit Ausnahme der Stellvertretertäuschung, weder als Straftat noch Ordnungswidrigkeit. Die Fahrerlaubnisbehörde kann bei Auffliegen des Betrugsversuchs lediglich eine Sperrfrist von bis zu neun Monaten bis zum erneuten Prüfungsversuch verhängen.

„Nicht bestanden“ steht auf dem Monitor eines Prüfers bei der theoretischen Prüfung für den Führerschein beim TÜV-Rheinland, während im Hintergrund Prüflinge die Aufgaben absolvieren.
„Nicht bestanden“ steht auf dem Monitor eines Prüfers bei der theoretischen Prüfung für den Führerschein beim TÜV-Rheinland, während im Hintergrund Prüflinge die Aufgaben absolvieren.Rolf Vennenbernd/dpa

Doch diese Möglichkeit wird selten genutzt und die maximale Dauer kaum ausgeschöpft, heißt es beim TÜV. „Fahrerlaubnisbehörden sollten den rechtlichen Rahmen konsequent ausschöpfen und scharfe Sanktionen verhängen“, fordert Goebelt. „Auch strafrechtlich relevante Manipulationen dürfen nicht länger unzureichend geahndet oder Verfahren vorzeitig eingestellt werden.“ Die Abschaffung der Mindestsperrfrist von sechs Wochen im Jahr 2022 habe das Problem zusätzlich verschärft.

In Berlin und Sachsen-Anhalt scheiterte dem Tüv zufolge 2024 jeder zweite Fahrschüler an der Theorie – das sind die höchsten Quoten im gesamten Land. Auch Brandenburg kann mit dem Negativtrend mithalten. Hier müssen 48 Prozent erneut antreten. ■