Gegen sexuelle Übergriffe

Wutsturm über Frauenabteile in Berlins U-Bahn: BVG lehnt sie ab

Eine Petition für getrennte Frauenabteile in der Berliner U-Bahn bekommt viel Zuspruch, doch in den sozialen Medien tobt ein Wutsturm. Das steckt dahinter!

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Eine überfüllte U-Bahn auf der Linie U8: Frauen und andere Flinta-Personen fühlen sich im Gedränge besonders unwohl, werden überdurchschnittlich häufig bedrängt oder attackiert.
Eine überfüllte U-Bahn auf der Linie U8: Frauen und andere Flinta-Personen fühlen sich im Gedränge besonders unwohl, werden überdurchschnittlich häufig bedrängt oder attackiert.imago/Jürgen Held

„Sexuelle Belästigung im öffentlichen Raum ist trauriger Alltag für FLINTA*-Personen!“ - so beginnt die Petition, die gerade für viel Wirbel über die Grenzen Berlins hinaus sorgt Nach Geschlechtern getrennte Abteile in Berlins U-Bahn (externer Link): Darüber regen sich viele User in den Kommentarspalten bei Facebook & Co. auf. Dabei hatten dpa und viele Medien den sperrigen Begriff „Flinta“ auf „Frauen“ reduziert. Tatsächlich steht Flinta steht für Frauen, Lesben, Inter, Nonbinär, Trans und Agender – was in den meisten Wut-Kommentaren gar nicht thematisiert wurde.

16.000 Menschen unterstützen Petition für geschlechtergetrennte Abteile in Berlins U-Bahn

Der Begriff ist geläufig in der queeren Szene, wo man Schutzräume für häufig angefeindete Personen schaffen will. Das ist die Intention von Alex von der queerfeministischen Indie-Rockband Alex Born To Be Wild. Alex startete die Petition, die innerhalb weniger Tage 16.000 Personen unterstützten. „Seit meiner Kindheit werde ich regelmäßig in öffentlichen Verkehrsmitteln sexuell belästigt – von fremden Endo cis-Männern, die mich anstarren, bedrängen, grapschen wollen oder mir einfach viel zu nahe kommen“, begründet Alex die Petition.

„Ich selbst wurde schon unzählige Male belästigt: Ich wurde verfolgt. Mir wurde unter den Rock gegriffen. Jemand hat sich unter meinem Rock an mir „abgewischt“. Männer fixieren meine Brüste mit gierigen Blicken. Ich kann die Formen sexueller Übergriffe, die ich in öffentlichen Verkehrsmitteln erlebt habe, nicht mehr zählen. Es passiert täglich. Und es passiert uns allen.“

BVG lehnt Frauenabteile ab und verweist auf Notrufeinrichtungen - aber die Gewaltübergriffe steigen

Sexualisierte Übergriffe in der U-Bahn: Das Problem ist der BVG vertraut, aber die Verkehrsbetriebe verweisen auf bereits bestehende Sicherheitsvorkehrungen. „Wer sich unwohl fühlt oder Hilfe benötigt hat auf jedem Bahnhof zu jeder Tages- und Nachtzeit die Möglichkeit, über die Notruf- und Informationssäulen direkten Kontakt zu unseren Mitarbeitenden und der Sicherheitsleitstelle aufzunehmen.“ Alle Fahrzeuge verfügten über Alarm- und Notrufeinrichtungen, mit denen Fahrgäste direkt zum Fahrer oder zur Fahrerin durchgestellt würden, begründet das Unternehmen die Ablehnung.

Tatsächlich ist das Thema nicht ganz neu: bereits im November 2024 hatte sich die Grünen-Politikerin Anje Kapek bei der BVG und anderen Parteien eine Abfuhr für ihren Vorstoß eines Frauenabteils eingehandelt. Vorbild war für sie die Tokioter U-Bahn. „Hier haben sie einen Schutzraum, der es ihnen ermöglicht, auch in der Rushhour, auch bei großem Gedränge ohne Antatschen oder Übergriffe mit der U-Bahn zu fahren“, so Kapek. Anlass waren Zahlen, denen zufolge Gewalttaten bei der BVG zunehmen: 4.181 Körperverletzungen, Nötigungen, Raubüberfälle und Sexualdelikte wurden 2023 vom BVG-Sicherheitsdienst gezählt.

Schroffe Ablehnung kommt von der AfD: „Absurd“ sei der Vorstoß. Vielmehr müsse man konsequent gegenüber Straftätern durchgreifen und diese hart bestrafen. Mehr Sicherheitspersonal will die Linke, die sich nicht klar zu dem Vorstoß positioniert. Einen ähnlichen Vorschlag macht die FDP, die den Grünen-Vorstoß aber als „Bankrotterklärung“ verurteilt. So ähnlich sehen es viele User in den sozialen Medien, sprechen von einem „Armutszeugnis“, sprechen von einem „falschen Signal“. Einige fühlen sich an Saudi-Arabien erinnert: Tatsächlich gibt es in der neuen Metro von Riad Frauenabteile, aber bislang ist nur ein kleiner Teilabschnitt der neuen U-Bahn eröffnet worden. In der katarischen Hauptstadt Doha hat die Metro keine eigenen Frauen-, sondern Familienabteile sowie gegen Aufpreis abgetrennte 1. Klasse-Abteile, die ebenso wenig geschlechtergetrennt sind. ■