Die „Glotze“ feiert 90. Geburtstag!
Ein Berliner Baron erfand den Vater aller Fernseher
Manfred von Ardenne präsentierte im August 1931 den Apparat, der weltweit das Leben der Menschen veränderte. Ohne das Gerät hätte es nie „Ein Kessel Buntes“ oder ein „Traumschiff“ gegeben.

Herzlichen Glückwunsch! Unsere „Glotze“ feiert in diesen Tagen ihren 90. Geburtstag! Alles fing mit einem schweren Holzkasten an, in dessen Mittelpunkt eine kleine Bildröhre war und der quasi der Vater aller heutigen Fernseher ist. Auf der Funkausstellung in Berlin wurde am 21. August 1931 dieser Apparat, der die Welt revolutionierte und unser Leben verändern sollte, erstmals gezeigt. Erfunden hat ihn ein Berliner. Der damals junge Baron Manfred von Ardenne (1907–1997), der später in der DDR zum Star-Wissenschaftler wurde.

In der Villa Folke Bernadotte in Steglitz fing 1928 alles an. Kaum 21 Jahre alt, hatte sich das Physik-Genie dort für 150.000 Reichsmark ein Forschungslabor eingerichtet. Sein Förderer war Siegmund Loewe, dessen Unternehmen später Fernseher herstellte.
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Ardenne bastelte und experimentierte und schaffte die weltweit erste elektronische Bildzerlegung und dessen Wiedergabe auf einer Kathodenstrahlröhre. Am 14. Dezember 1930 gelang ihm damit die erste Fernsehübertragung in Deutschland. Das dafür weltweit erste massentaugliche Gerät präsentierte er Monate später auf der Funkausstellung.

Der Physiker hatte in seinem Leben über 600 Erfindungen vorgelegt. Aber keine war so bedeutsam wie der Fernseher. Sicher, es gab bereits Vorläufer. „In den 1920er-Jahren gab es erste Fernsehgeräte, die die Bilder mittels einer rotierenden Scheibe mit spiralförmigen Löchern oder einer Spiegelschraube abtasteten“, sagt Tina Kubot vom Museum für Kommunikation Frankfurt/Main. Doch die Bildqualität des Apparates des Berliners von Ardenne stellte alles bisher Dagewesene in den Schatten. Mit der Präsentation auf der Funkausstellung sei klar gewesen, „dass dem vollelektronischen Fernsehen die Zukunft gehört“, sagt Kubot.

Mit der Glotze aus Berlin begann das TV-Zeitalter
Mit dem Gerät begann 1931 das Zeitalter der Fernsehtechnik. „Es hatte schon viele Elemente des späteren Röhrenfernsehers“, sagt Kubot. Und mit Ardennes Apparat konnte 1935 Deutschland als erstes Land der Welt mit einem regelmäßigen Fernsehbetrieb beginnen. An drei Wochentagen übertrug der Sender Witzleben (Charlottenburg) abends für je eineinhalb Stunden Propaganda-Sendungen der Nazis oder Kurzfassungen von Spielfilmen. Berichte von den Olympischen Spielen 1936 in Berlin waren der Höhepunkt. Das Programm konnte nur in Berlin empfangen werden.

Allerdings konnten sich damals nur wenige Menschen einen Fernseher leisten. Nur 50 Berliner Haushalte hatten 1935 so ein Gerät. Darum gab es in der Stadt öffentliche Fernsehstuben, in die 30 Personen gratis hineinkamen, um das neue Medium zu erleben.
Der Zweite Weltkrieg verhinderte den Ausbau des Fernsehens in Deutschland. Gegen Kriegsende gab es weltweit nur noch in den USA Fernsehprogramme.

DDR-Fernsehen war früher als das West-TV am Start
In Deutschland ging es mit dem Fernsehen erst wieder in den 50er-Jahren los, es wurde zu einem wichtigen Mittel im Machtkampf der beiden politischen Systeme.

Bereits beim Sendestart zeigte sich dies. Am 21. Dezember 1952 startete zu Ehren des 74. Geburtstags des sowjetischen Diktators Josef Stalin der Deutsche Fernsehfunk in der DDR – mit Herbert Köfer, der die erste deutsche Nachrichtensendung, die „Aktuelle Kamera“, sprach. Im Westen wurde erst am 25. Dezember 1952 das Fernsehen beim Nordwestdeutschen Rundfunk (NWDR, heute NDR) gestartet. Auch damals hatten noch wenige Menschen ein Gerät. Oft trafen sich Menschen bei jemanden, der einen Fernseher hatte.

Das Fernsehen begeisterte schnell die Deutschen, mit dem sie Weltereignisse erlebten: die Krönung von Queen Elizabeth II. 1953, das Fußball-„Wunder von Bern“ 1954, die Mondlandung 1969, den Mauerfall 1989.

TV-Satiriker Oliver Kalkofe erinnert sich, wie wertvoll der Besitz eines Fernsehers war. „Das TV-Gerät an sich war früher in jedem Haushalt etwas fast Heiliges, im Grunde ein Familienmitglied“, sagt er. Ein Fenster zur Welt, „durch das man andere Menschen, Länder und Kulturen kennenlernen konnte, das einen mit Informationen versorgte und Spaß und Unterhaltung schenkte“. Heute ist der Fernseher nicht mehr der Mittelpunkt im Wohnzimmer, vor dem sich die Familie versammelt. Die Glotze als Riesenbildschirm steht oder hängt in fast jedem Raum „und ist nur noch eine Abspielstation von vielen“, so Kalkofe.

Dennoch bleiben die vielen TV-Sternstunden unvergessen, die die Deutschen mit den Nachfahren des Gerätes von Ardenne erlebten. Wer im Osten aufwuchs, erinnert sich noch gerne an Serien wie „Rentner haben niemals Zeit“, „Das unsichtbare Visier“ oder „Zur See“. An die Fußball-Liveübertragungen, die der legendäre Kommentator Heinz-Florian Oertel zum Erlebnis machte, oder an die TV-Shows wie „Ein Kessel Buntes“, „Da liegt Musike drin“, „Showkolade“ und Unterhaltungssendungen wie „Außenseiter, Spitzenreiter“.
Deutsche TV-Höhepunkte: Von „Ein Kessel Buntes“ bis „Bares für Rares“
Die DDR-Bürger sahen, sofern sie konnten, auch Sendungen, die ARD, ZDF und später die Privatsender lieferten, und an die sich die Westdeutschen gerne erinnern. Es sind Serien wie „Das Traumschiff“, „Schwarzwaldklinik“, „Dallas“ und „Denver-Clan“, große Samstagsabend-Shows wie „Wetten, dass..?“, „Am laufenden den Band“, „Einer wird gewinnen“ oder die RTL-Striptease-Show „Tutti Frutti“. Laut TV-Kritiker Kalkofe sind es vor allem Momente, die im Gedächtnis bleiben. „Das Stolpern über den Tigerkopf bei ,Dinner For One‘, Hans Rosenthals ‚Spitze‘-Sprung bei ,Dalli Dalli‘, die laufenden Füße im ,Tatort‘-Vorspann“, zählt Kalkofe auf.

Heute ist das gesamtdeutsche Publikum vom Dschungelcamp, „Wer wird Millionär?“ oder auch von Trödel-Shows wie „Bares für Rares“ begeistert.
Auch im digitalen Zeitalter ist die „Glotze“ weiter beliebt. Schließlich gehört sie zu den Gewinnern der Corona-Krise. Die Sehdauer der Deutschen lag im Lockdown-Jahr 2020 bei drei Stunden und 40 Minuten. Wie die Arbeitsgemeinschaft Fernsehforschung errechnete, waren das ganze zehn Minuten mehr als 2019.
