Er ist wieder da. Egon Krenz, der frühere DDR-Staats- und Parteichef hat den dritten und letzten Band seiner Erinnerungen vorgelegt – und bei der Vorstellung des letzten Teils seiner Autobiografie noch einmal die DDR verteidigt. Diese sei mehr als eine Fußnote, sondern zumindest ein Kapitel und „nicht das schlechteste Kapitel“ der deutschen Geschichte, sagte der 88-Jährige am Abend im Kino Babylon in der Rosa-Luxemburg-Straße.
Auf Fragen des Moderators Holger Friedrich, Verleger von Berliner KURIER und Berliner Zeitung, äußerte sich Krenz erneut zu den Mauertoten. Jeder Todesfall sei im Politbüro mit großem Bedauern begleitet worden, sagte er. Er habe sich in seinem Strafprozess nach der deutschen Einheit auch bei den Opfern entschuldigt. Aber: „Ich weiß bis heute nicht, wie wir es hätten anders machen sollen“, fügte Krenz hinzu. Die Grenze habe geschützt werden müssen.
Das „teuflische Spiel“ von Michail Gorbatschow
Krenz hat 2022 und 2024 bereits zwei Bände mit Erinnerungen veröffentlicht. Im dritten Teil mit dem Titel „Verlust und Erwartung“ geht es um den Umbruch 1989, das Ende der DDR und die Folgen. Krenz war in dieser Zeit als Nachfolger von Staats- und Parteichef Erich Honecker von Oktober 1989 an für 50 Tage an der DDR-Spitze – als Generalsekretär des SED-Zentralkomitees, Staatsratsvorsitzender und Vorsitzender des Nationalen Verteidigungsrats.
Ausführlich schildert Krenz in seinem Buch seine Sicht der Dinge – auf Honecker, auf die „ökonomischen Schieflage“ der DDR, auf das „teuflische Spiel“ des damaligen Kremlchefs Michail Gorbatschow im Verbund mit dem Westen. Seine eigene Rolle beschreibt er als stets rational, umsichtig und selbstbestimmt.
Vieles versteht Krenz als Widerspruch und Klarstellung zu „Verdrehungen und Lügen“. So schreibt er zum 9. November 1989: „Ich entrüste mich, wenn – alle Jahrestage wieder – der ‚Sturm auf die Mauer‘ und der ‚Fall der Mauer‘ bejubelt werden. Diese Bezeichnung ist historisch falsch und obendrein ideologisch gefärbt.“ Gehandelt hätten allein die DDR-Grenzer.
Egon Krenz: „Das Hauptwort ist das Wort Frieden“
Zusammen mit den beiden ersten Bänden umfassen Krenz‘ Erinnerungen mehr als 1000 Seiten. „Es ist vollbracht“, sagte er bei der Vorstellung des dritten Bands. „Diese drei Bände enthalten meine Biografie – ich betone: meine“. Andere hätten andere Erfahrungen und Erinnerungen. Aber er habe sich 1990 entschieden, „die DDR, so wie ich sie erlebt habe, nicht den Verleumdern zu überlassen“.
Krenz sagte auch: „Das Hauptwort ist das Wort Frieden.“ Er sei froh, in der DDR an „40 Friedensjahren“ mitgewirkt zu haben. Dass von Deutschland nie wieder Krieg ausgehen dürfe, sei einst zwischen Honecker und dem damaligen Kanzler Helmut Kohl Konsens gewesen. „Ich finde, dass das Erbe heute in Gefahr ist“, sagte Krenz.
