Im vergangenen Jahr schlug die Wut große Wellen. Die Wut über die neuen Grundsteuerbescheide, die in Berlin von den Finanzämtern an Besitzer von Einfamilienhäusern, von Eigentumswohnungen oder Grundstücken verschickt werden. Jetzt kommt raus: Auch die Berliner Clubs sind betroffen. Viele wissen nicht, wie sie die Kosten nach der Preisexplosionen begleichen sollen.
Die Reform der Grundsteuer trifft auch die Berliner Clubszene, für die das Nachtleben in der Hauptstadt bekannt ist. Die Bezirksbürgermeisterin von Friedrichshain-Kreuzberg, Clara Herrmann (Grüne), schlägt Alarm: „Die Grundsteuerreform bedroht bei uns im Bezirk Kulturinstitutionen und Clubs.“ Der Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg fordert nun den Senat auf, Clubs und Kultureinrichtungen von den Zahlungen der erhöhten Grundsteuer zu befreien. Für diese sei die Steuer existenzbedrohend, kritisiert die Grünen-Politikerin.
Plus 1290 Prozent Grundsteuer: Das Yaam ist „in Schockstarre“
Das Yaam an der Schillingbrücke soll eine um 1290 Prozent gestiegene Grundsteuer bezahlen. Sie sei „in Schockstarre“, sagt die Yaam-Specherin Eka Neumann zu RBB24. Das Ringtheater muss 3000 Euro mehr zahlen (plus 700 Prozent). Für einen Club „in ohnehin schon prekären Verhältnissen“ sei die Grundsteuerreform eine erhebliche zusätzliche Belastung, sagt Ariane Neitzel vom Club About Blank am Ostkreuz.
In allen Fällen geht es um vom Bezirk gepachtete Grundstücke. Allein in Friedrichshain-Kreuzberg müssten betroffenen Clubs und Kultureinrichtungen 300.000 Euro mehr zahlen, erklärt die Grünen-Politikerin Clara Herrmann. Betroffen sind rund ein Dutzend Kulturorte, die Gebäude des Bezirks gemietet haben.
Viele Standorte seien durch Verdrängung in ihrer Existenz gefährdet, warnt Clara Herrmann. Eine erhöhte Grundsteuer vergrößere das Problem noch. Das Bezirksamt argumentiert, wegen der seit Anfang des Jahres geltenden Reform habe sich die Grundsteuer für Grundstückseigentümer in Friedrichshain-Kreuzberg teilweise um das 10- oder sogar 20-Fache erhöht.
Das Bezirksamt als Grundstückeigentümer müsse die Steuer auf Kulturinstitutionen, Vereine und Clubs umlegen, die die bezirklichen Liegenschaften pachten. Die sechsstelligen Mehrkosten ließen sich nicht über die eigenen knappen Haushaltsmittel ausgleichen.
Grundsteuer: CDU-Politiker wirf Bezirk Versäumnisse vor
Für die Clubs sei das ein ernstzunehmendes Problem, sagt der Vorsitzende der Clubkommission, Marcel Weber. In den Innenstadtbezirken wie Friedrichshain-Kreuzberg gebe es einerseits mehr Clubs als anderswo, andererseits steige dort die Grundsteuer stärker als in vielen anderen Bezirken.
Bei den Clubbetreibern sei die Überraschung groß gewesen, als die neuen Grundsteuerbescheide zugestellt wurden. „Das ist auf jeden Fall bedrohlich. Wo soll das zusätzliche Geld herkommen?“ Zwar gebe es die Möglichkeit, Härtefälle anzuzeigen. „Aber die Finanzverwaltung geht erstmal davon aus, dass Clubs Wirtschaftsunternehmen sind und gucken müssen, wie sie das bezahlen“, sagte Weber. Aus Sicht der Clubkommission ist das der falsche Ansatz.

Der Haushaltsexperte der CDU-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus, Christian Goiny, wirft dem Bezirk laut RBB24 Versäumnisse vor. Dieser habe es nicht rechtzeitig im Bebauungsplan die Nutzungsmöglichkeit der Immobilie geändert – hin zu einer Clubnutzung. Das hätte eine niedrigere Grundsteuer bedeutet, sagt Goiny. ■