Als Kind aß Christoph Heymann am liebsten Pommes Frites und Gurkensalat. So gern, dass seine Eltern fast verzweifelten. Heute ist der Berliner aus Neukölln wahrscheinlich Deutschlands bester Auskenner, was Sterneküche angeht. Keiner hat in mehr Spitzenküchen in die Töpfe geschaut, bei mehr Sterne-Köchen gegessen. Ohne Plan und unbeabsichtigt ist Christoph Heymann damit auch zum Profi-Esser geworden. Als Erfinder und Produzent der ARD-Koch-Doku „Am Pass“ kommt er den unterschiedlichsten Köchen und Köchinnen so nah wie sonst kaum einer.
Bevor Heymann seine Filmproduktion gründete, war er als Sportreporter unterwegs, bevor er seine Liebe zum Spitzen-Menü entdeckte, filmte er Boxer oder auch schon mal eine Serie über Jugendliche an der Bushaltestelle. Heute sagt er über seine Leidenschaft Gourmetküche: „Wir lassen Essen so schön aussehen wie vorher noch nie im deutschen Fernsehen.“ Und tatsächlich, in der Doku „Am Pass“ läuft dem Zuschauer in einer Tour das Wasser im Mund zusammen.

Dass das TV-Format an den Start gehen konnte, verdankt Heymann auch der Corona-Pandemie. 2021 mitten in der Corona-Restaurant-Delle fuhr Heymann zum ersten Mal mit seinem kleinen Team los und klopfte bei Sterneköchen der Republik an. „Der Zeitpunkt war günstig, die Chefs hatten Not, ihre Restaurants voll zu bekommen und wollten gern ein bisschen mehr Aufmerksamkeit.“
Mittlerweile geht die Doku in die fünfte Staffel, ab Mitte April wird sie ausgestrahlt, die sechste entsteht gerade. 32 Köche und Köchinnen der Spitzenklasse hat Christoph Heymann seither besucht, Menüs von 160 bis 750 Euro gekostet.
Dabei geht es Heymann in seinen Porträts immer darum, Menschen und ihre Motivation abzubilden. Dass er sich selber heute auch richtig gut mit gutem Essen auskennt, ist ein netter Nebeneffekt.

Besuch im Sternerestaurant ist wie Opernbesuch
Ein Besuch im Sternerestaurant, das sei wie ein Besuch in der Oper, sagt Heyman. „Das Menü ist die Vorstellung, man ist offen für das, was kommt.“ Wenn man oft genug in den Spitzenküchen der Republik unterwegs war, schärft sich der Blick: Allein am fertigen Teller kann Heymann erkennen, welcher Spitzenkoch das Gericht zubereitet haben muss, sagt er. Während seiner Zeit in den Restaurants habe er auch viel über das „Gast sein“ gelernt.
Ein kleiner Moment der Unachtsamkeit, etwa wenn ein Gast während des Essens auf die Toilette geht oder rauchen möchte, kann den gesamten Ablauf in der Spitzenküche durcheinanderbringen und den Koch aus dem Rhythmus bringen. Wer die Inszenierung nicht stören will, verkneift sich den Gang nach draußen.
Heymann war schon in Küche zu Gast, in denen zwei Mann kochten und in solchen, in denen 13 Mitarbeiter arbeiteten. „Bestimmt haben wir dabei auch schon mal im Weg herumgestanden“, gibt er zu. Doch in der Küche gilt eine klare Ansage als guter Ton.

„Sterneköche sind Nerds und sie identifizieren sich zu 100 Prozent mit ihrem Beruf“, weiß Heymann. Es gibt sie alle: die Genies und die Manager. Und für alle gilt: ohne ein gut funktionierendes Team geht es nicht. „Der Pass“ wird in der Spitzenküche der Platz zwischen Service und Küche genannt – hier legen der Koch oder die Köchin noch ein letztes Mal Hand an, bevor die Teller rausgehen, daher der Name der Doku. Hier muss alles auf den Punkt sitzen, wenn aus Kochen Kunst werden soll.
Sterne-Einsteigern empfiehlt Heymann, bei Einsterne-Köchen zu beginnen und sich dann langsam vorzutasten. Die Recherche, was ein Koch mit seinen Menüs ausdrücken will, wo er oder sie seine Schwerpunkte legt, gehört schon mit zum Vergnügen. Wie bei René Frank, dem Zweisterne-Koch, der mit den Techniken eines Patissiers arbeitet, aber durchaus herzhafte Gerichte kreiert etwa, kann man sich dann einfach überraschen lassen und seinen kulinarischen Horizont erweitern. ■