Mehr als 15.000 Teilnehmer

Demo gegen Rechtsextremismus in Berlin und Leipzig haben starken Zulauf

Am Tag vor der Europawahl gehen in Berlin und Leipzig Menschen gegen Rechtsextremismus auf die Straße. In Leipzig trat überraschend Sandra Hüller auf.

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Teilnehmer demonstrieren an der Siegessäule im Tiergarten gegen Rechtsextremismus und für eine demokratische Gesellschaft.
Teilnehmer demonstrieren an der Siegessäule im Tiergarten gegen Rechtsextremismus und für eine demokratische Gesellschaft.Carsten Koall/dpa

Rund 15.000 Menschen haben einen Tag vor der Europawahl in Berlin nach Angaben der Polizei ein Zeichen gegen Rechtsextremismus gesetzt. Die Demonstration auf der Straße des 17. Juni in Berlin-Mitte verlief am Samstag ohne besonderen Vorkommnisse.

Die Veranstalter schätzten die Teilnehmerzahl auf etwa 30 000. Auf der Bühne sprachen unter anderem die Autorin Carolin Emcke und Matthias Ecke, der sächsische SPD-Spitzenkandidat für die Europawahl. Der Politiker war Anfang Mai beim Aufhängen von Wahlplakaten in Dresden zusammengeschlagen worden.

„Am wichtigsten ist, glaub' ich, dass die Menschen ihr Wahlrecht nutzen, dass sie aber auch allen klar sagen: Wir wollen nicht, dass die Rechten an die Macht kommen“, sagte Ecke am Samstag der Deutschen Presse-Agentur. Wer den Rechten die Hand zur Kooperation reiche, sei das Vertrauen der Leute nicht wert, so Ecke.

„Es darf keine Kooperation auf keiner Ebene mit der Extremrechten geben und das soll die Message sein von heute und für morgen“, betonte der SPD-Politiker. Bei der Europawahl am Sonntag gehe es auch darum, dass die Demokratie gestärkt hervorgehe. Gewalt dürfe niemals ein Mittel der Politik sein.

Anfang Mai hatten vier junge Angreifer Ecke niedergeschlagen, als er Wahlplakate aufhängen wollte. Er erlitt Knochenbrüche im Gesicht und musste operiert werden. „Ich lasse mich nicht mundtot machen, ich lasse mich nicht zum Schweigen bringen“, betonte er.

Auf den Demo-Schildern in Berlin waren unter anderem Sprüche wie „Herz statt Hetze“, „Menschenrechte statt rechte Menschen“ und „Vielfalt ohne Alternative“ zu lesen. Angemeldet waren 10 000 Teilnehmer. Unter dem Motto „Rechtsextremismus stoppen. Demokratie verteidigen“ hatte ein breites Bündnis zivilgesellschaftlicher Organisationen in mehreren deutschen Städten zu Demonstrationen aufgerufen, darunter in Hamburg, München, Köln und Dresden.

Mehr als 10.000 Demonstranten in Leipzig und Dresden - Sandra Hüller spricht in Leipzig

Mehr als zehntausend Menschen haben am Samstag auch in Leipzig und Dresden gegen Rechtsextremismus und für Demokratie demonstriert. „Einen Tag vor der Europa- und Kommunalwahl wollen wir die Menschen aufrütteln, wählen zu gehen und ein eindeutiges Zeichen für Demokratie und Menschenrechte zu setzen“, sagte die Mitorganisatorin der Kundgebung „Hand in Hand für Demokratie und Menschenrechte“, Irena Rudolph-Kokot. Die Veranstalter in Leipzig sprachen von rund 15.000 Menschen, die Polizei von 12.500 Teilnehmern.

Überraschend hielt auch die international erfolgreiche Schauspielerin Sandra Hüller bei der Kundgebung in Leipzig eine Rede. Man solle sich nicht anstecken lassen „von dem rauen Ton von rechts, von der Ungenauigkeit und der Gewalt in der Sprache, die nur ein Ziel hat: Verunsicherung und Spaltung“, sagte die 46-Jährige.

Sie könne sich an keine Zeit in ihrem Leben erinnern, in der die Offenheit und Beweglichkeit dieser Gesellschaft, ihre Modernität, Freundlichkeit und Verlässlichkeit so bedroht schienen wie jetzt, rief die Schauspielerin den vielen tausend Menschen in Leipzig zu. „Ich sage bewusst ‚scheinen‘, denn ich lasse nicht zu und ihr auch nicht, dass sie das ist.“ Hüller war bei den diesjährigen Oscars für die Hauptrolle im Film „Anatomie eines Falls“ nominiert. Sie wurde in Suhl geboren und lebt in Leipzig. Nach den Reden zogen die Demonstranten über den Leipziger Innenstadtring.

„Ich bin Europäerin“, rief Hüller, die abseits ihrer Arbeit sehr selten öffentlich auftritt, den vielen tausend Menschen zu. Man solle sich nicht anstecken lassen „von dem rauen Ton von rechts, von der Ungenauigkeit und der Gewalt in der Sprache, die nur ein Ziel hat: Verunsicherung und Spaltung.“ Es gebe keine einfachen Lösungen. „Demokratie, Mitgestaltung, Mitentscheidung sind anstrengend, Denken ist anstrengend.“ Sie rief die Menschen auf, am Sonntag zur Wahl zu gehen und auch Freunde und Familienangehörige mitzunehmen.

Sandra Hüller spricht bei der Kundgebung "Hand in Hand für Demokratie und Menschenrechte" gegen Rechtsextremismus in Leipzig.
Sandra Hüller spricht bei der Kundgebung "Hand in Hand für Demokratie und Menschenrechte" gegen Rechtsextremismus in Leipzig.Jan Woitas/dpa

Ebenfalls am Samstagnachmittag hatte das Aktionsbündnis „Wir sind die Brandmauer Dresden“ zu einer Demonstration unter dem Motto „Rechtsextremismus stoppen – Demokratie verteidigen“ auf dem Theaterplatz in Dresden aufgerufen. Nach Angaben der Veranstalter und der Polizei nahmen an der Kundgebung und dem anschließenden Demonstrationszug durch die Alt- und Neustadt mehrere tausend Menschen teil.

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