Grünheide bei Berlin

Tesla-Fabrik: Klima-Aktivsten drohen mit heißer Protest-Phase

Seit sechs Monaten besetzen Tesla-Gegner ein Waldstück. Sie wollen im Kampf gegen den Ausbau des Werks nicht weichen und drohen weitere Aktionen an.

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Das Protestcamp an der Tesla-Fabrik ist zu einer kleinen Waldsiedlung geworden.
Das Protestcamp an der Tesla-Fabrik ist zu einer kleinen Waldsiedlung geworden.Sebastian Gollnow/dpa

Die Polizei wollte sie weg haben, doch das Oberverwaltungsgericht schützte sie vor einer Räumung: Noch immer besetzen Umweltaktivisten ein Waldstück nahe der Tesla-Fabrik. Sie wollen im Kampf gegen den Ausbau des Werks nicht weichen. Nachdem es Sommerferien über ruhiger war, kündigen die Tesla-Gegner jetzt „eine heiße Phase“ des Widerstands an. 

Das Protestcamp: Ist inmitten des Waldes an der Tesla-Fabrik von der asphaltierten Straße nur vage erkennen. Doch aus den vereinzelten Zelten und Baumhäusern von damals hat sich mittlerweile eine Wald-Siedlung entwickelt. Rund 20 Baumhäuser bieten den Aktivisten in der Nacht Unterschlupf, es gibt Werkstätten, Toiletten, einen Marktplatz und einen Bereich für Kletterübungen. Die Bewohner protestieren seit rund einem halben Jahr gegen die Tesla-Fabrik in Grünheide bei Berlin. Sie wollen die geplante Werkserweiterung verhindern. Seit dem 27. Februar leben sie nun schon in dem Waldstück – in wechselnder Besetzung.

Ministerium gegen die Baumhäuser

Die Pläne der Tesla-Gegner: Sie wollen bleiben und den Ausbau des Werks des E-Autobauers verhindern. Aktuell halten etwa 20 Leute die Stellung in dem Camp, sagt eine Sprecherin der Initiative „Tesla stoppen“. Da sich die meisten Aktivisten nicht dauerhaft im Camp aufhielten, stellten sich auch keine Abnutzungserscheinungen oder eine Protest-Müdigkeit ein. Die Aktivisten wenden sich gegen den geplanten Bau eines Güterbahnhofs und von Logistikflächen, wofür weiterer Wald gerodet werden müsste. Die Bürger von Grünheide hatten sich mehrheitlich gegen eine solche Erweiterung ausgesprochen, danach wurden die Pläne aber abgespeckt: Weniger Wald soll weichen.

Das sagt das Gericht: Nachdem zwischenzeitlich sogar eine Räumung des Camps im Raum gestanden hatte, bewegt sich der Protest in ruhigerem Fahrwasser. Das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg hatte eine Beschwerde der Polizei zurückgewiesen. Dabei ging es um die Auflagen für das Camp, die unter anderem den Abbau der Baumhäuser vorsahen. Nach turbulenten Aktionstagen im Mai mit einem großen Polizeieinsatz und mehreren Demonstrationszügen plätschert der Protest dort nun ohne größere Vorkommnisse vor sich hin. Begehungen mit der Versammlungsbehörde und dem Landesbetrieb Forst verliefen meist geräuschlos, teilte das Landesumweltministerium mit. „Eine Verschlechterung der Situation konnte dabei nicht beobachtet werden.“

Das wollen die Brandenburger Ministerium: Für das Innenministerium ist das Camp immer noch ein Dorn im Auge, und das letzte Wort um die Waldbesetzung noch nicht gesprochen. „Nach wie vor ist die Rechtslage zum Umgang mit Protestcamps, insbesondere mit Baumhäusern in Wäldern, ungeklärt“, sagt eine Sprecherin des Ministeriums.

Diese Karte zeigt die Position des Protestcamps gegen die Tesla-Fabrik.
Diese Karte zeigt die Position des Protestcamps gegen die Tesla-Fabrik.Grafik: S. Stein, Redaktion: A. Brühl/dpa-Infografik

Auch die Gefahr, die von Kampfmitteln im Boden ausgehen könnte, ist für das Ministerium nicht vom Tisch. Die Wahrscheinlichkeit sei „durchaus hoch, im Bereich der Erweiterungsfläche von Tesla auf Kampfmittel zu stoßen“, sagte die Sprecherin. „Dass die bisherige Weltkriegsmunition ausschließlich außerhalb des „Camps“ aufgefunden wurde, ist lediglich dem Umstand geschuldet, dass dort bislang keine Sondierungsmaßnahmen stattgefunden haben.“

Aus dem Brandenburger Wirtschaftsministerium sind Vorbehalte gegen den Waldprotest zu hören. Aktionen wie diese seien „sicherlich nicht förderlich für den ganzen Wirtschaftsstandort Deutschland“, sagt eine Sprecherin. „Die Gemeinde hat der neuen Fassung des Bebauungsplanes mit solider Mehrheit zugestimmt. Deshalb hat das Wirtschaftsministerium keine großen Sorgen zurzeit.“

Aktivisten drohen mit heißer Protest-Phase

So reagiert Tesla: Der Autobauer hält sich mit Blick auf das Protestcamp zurück. Eine Anfrage zu den Aktivisten ließ das Unternehmen unbeantwortet. Laut den Waldbesetzern besteht zwischen den Aktivisten und dem Unternehmen kein Kontakt. Tesla will an den Plänen festhalten, die Produktion mit neuer Fabrik auszubauen und das Gelände zu erweitern. Für den Ausbau wartet das Unternehmen aber auf mehr Tempo beim Absatz. Werksleiter André Thierig sieht den Protest kritisch: „Wir bauen hier Elektroautos, wir sind keine Ölraffinerie oder was auch immer“, sagt er.

Entschärfer Peer Bärsch am Bombenkrater: Im Juli wurde eine im Wald am Tesla-Werk gefundene Weltkriegsbombe gesprengt.
Entschärfer Peer Bärsch am Bombenkrater: Im Juli wurde eine im Wald am Tesla-Werk gefundene Weltkriegsbombe gesprengt.Soeren Stache/dpa

So geht es mit dem Tesla-Ausbau in Grünheide weiter: „Die Ankündigung von Tesla, den Fabrikausbau mit einem insgesamt organischen Wachstum zu verbinden, ist angesichts der aktuellen Marktentwicklung im Automobilsektor nachvollziehbar“, erklärt die Sprecherin des Wirtschaftsministeriums. Tesla habe sich gegenüber der Landesregierung klar zum Standort Grünheide und der Erweiterung bekannt. „Das zeigen auch die dafür notwendigen und aktuell laufenden Genehmigungsverfahren.“ Bevor Tesla die Erweiterung des Geländes forcieren kann, muss der Landesforst dem Unternehmen die entsprechenden Flächen verkaufen. „Für den Verkauf der Flächen des Landesbetriebs Forst benötigt es die Zustimmung des Fachausschusses im Landtag“, heißt es. 

Geplante Proteste: Bekommt Tesla die Genehmigung für den Kauf, könne der Protest noch einmal aufbranden und in eine „heiße Phase“ übergehen, betont die Sprecherin von „Tesla stoppen“. Im Mai dieses Jahres stürmten mehrere Aktivisten Richtung Fabrik und wollten das Werksgelände stürmen. Die Polizei war mit Wasserwerfern vor Ort und schaffte es letztlich, das Gelände zu schützen. Sollte der Verkauf absehbar näherrücken, kündigten auch andere Initiativen wieder Demonstrationen und Protest-Aktionen an. ■