Wenn alte Mauern flüstern könnten, würden sie in Brandenburg ganze Romane erzählen. Zwischen märkischen Wäldern und verlassenen Industriegebieten wartet ein faszinierendes Paralleluniversum – düster, geheimnisvoll und voller Vergangenheit. Verlassene Kasernen, ehemalige Heilanstalten und stillgelegte Werke ziehen nicht nur Abenteurer, sondern auch Fotografen und Historiker in ihren Bann. Willkommen in der faszinierenden Welt der Lost Places in Brandenburg – einem Eldorado für Urbex-Fans mit Mut zur Entdeckung.
Was „Urban Exploration“, kurz „Urbexing“, so spannend macht? Es ist das bewusste Erkunden verlassener Orte – meistens fernab von Touristenpfaden, dafür mit jeder Menge Adrenalin. Alte Häuser, verrottete Industriehallen oder ehemalige Militäranlagen warten nur darauf, entdeckt und fotografiert zu werden. Dabei steht nicht nur der Nervenkitzel im Vordergrund, sondern auch die Geschichte hinter den Kulissen. Aber Achtung: „Betreten auf eigene Gefahr“ ist hier keine leere Floskel – und alleine sollte man sich nie auf Lost-Place-Tour begeben.
Lost Places in Brandenburg oft mit Sowjet-Bezug
Daniel Boberg weiß, wovon er spricht. Der Fotograf und Autor des Buches „Lost Places – Brandenburg“ hat unzählige dieser geheimnisvollen Orte aufgespürt – von verfallenen VEB-Ruinen in Eisenhüttenstadt bis zu den geschichtsträchtigen Heilstätten in Beelitz. „Brandenburg deckt einen speziellen Themenbereich ab“, sagt Boberg. Viele Orte stehen in direktem Zusammenhang mit der Sowjet-Besatzung nach dem Zweiten Weltkrieg. Besonders fasziniert ist er von den Heilstätten in Beelitz – „die heutigen Kliniken sind komplett anders gebaut“, erklärt er. Auch die alte Lungenanstalt am Grabowsee zählt zu seinen Favoriten.
Brandenburg hat für Lost-Places-Fans einiges zu bieten: Die „Verbotene Stadt“ Wünsdorf etwa, ein militärhistorisches Juwel mit Bunkern und Geschichten aus 100 Jahren. Oder das alte Chemiewerk Rüdersdorf, das einst Aluminium produzierte und heute wie ein postapokalyptisches Filmset wirkt. Wer noch tiefer abtauchen will, sollte eine Tour im Bunker Falkenhagen buchen – eine ehemalige Kommandozentrale, die im Dunkeln ihre ganz eigene Magie entfaltet.

Die besten Lost Places in Brandenburg
Natürlich sind nicht alle Lost Places frei zugänglich. Viele stehen unter strengem Schutz, manche sind sogar bewacht. Denn was für Abenteuerlustige ein Paradies ist, bedeutet für Eigentümer oft eine Herausforderung. Ein Sprecher des brandenburgischen Verkehrsministeriums betont: „Eigentum bringt nicht nur Rechte, sondern auch gesellschaftliche Pflichten mit sich.“ Deshalb unterstützt das Land auch Sanierungen und Zwischennutzungen – vor allem dort, wo Wohnraum oder neue Perspektiven entstehen könnten, wie etwa auf ehemaligen Industrieflächen in Forst (Lausitz).
- Beelitz-Heilstätten (Potsdam-Mittelmark): Einst eine der größten Lungenheilanstalten Europas, später sowjetisches Militärhospital – heute ein Paradies für Fotografen und Urbexer. Besonders spannend: der Baumkronenpfad, der über die Ruinen führt.
- Heilstätte Grabowsee (Oranienburg): Diese verlassene Lungenheilstätte am gleichnamigen See diente nach dem Zweiten Weltkrieg als sowjetisches Lazarett. Heute ist sie ein beliebter Drehort für Filme und bietet geführte Touren an.
- Militärstadt Wünsdorf-Waldstadt (Zossen): Bekannt als „Verbotene Stadt“, war Wünsdorf einst das größte sowjetische Militärlager außerhalb der UdSSR. Heute können Besucher auf einem historischen Rundweg die Überreste erkunden.
- Chemiewerk Rüdersdorf (Märkisch-Oderland): Dieses ehemalige Chemiewerk, das im 20. Jahrhundert für die Zementverarbeitung und später für Aluminiumproduktion genutzt wurde, steht heute als imposante Industriebrache da. Führungen sind über den Museumspark Rüdersdorf möglich.
- Bunker Falkenhagen (Märkisch-Oderland): In den 1930er Jahren als unterirdische Produktionsanlage der Wehrmacht errichtet, wurde der Bunker später von den Sowjets als Kommandozentrale genutzt. Heute sind geführte Touren durch das Gelände möglich.
- Panzerkaserne Forst Zinna (Jüterbog): Einst eine bedeutende Militärbasis, sind heute nur noch Teile der Anlage erhalten. Dennoch bietet das Gelände interessante Einblicke in die militärische Vergangenheit der Region.
- Kraftwerk Vogelsang (Eisenhüttenstadt): Dieses nie in Betrieb genommene Kraftwerk aus der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg beeindruckt mit seinen zwei Türmen. Naturschützer haben die Ruinen vor dem Abriss bewahrt.