Ein Angriff auf eine Nutztierheide soll zukünftig ausreichen: Dann müsse der betreffende Wolf sofort abgeschossen werden, fordern Brandenburger Jäger. „Wir brauchen kein Herumdoktern an Verordnungen – der Schuss muss fallen, wenn ein Wolf den vorschriftgemäßen Zaun überspringt. Dafür müssen jetzt entsprechende Regelungen getroffen werden“, sagt Kai Hamann, Geschäftsführer des Landesjagdverbandes. Nach seinen Angaben gibt es in Brandenburg mehr als 1000 Wölfe – und fünf Risse oder Übergriffe von Nutztieren pro Tag.
Eine Attacke auf Schafe, Rinder oder Gehegewild soll einem Todesurteil für den Wolf gleichkommen. Der Landesjagdverband dringt auf rasche Regelungen in Brandenburg zum schnelleren Abschuss von Wölfen nach Weidetier-Rissen. „Der Abschuss schadensstiftender Wölfe muss in Brandenburg zur Routine werden“, fordert der Geschäftsführer des Landesjagdverbandes, Kai Hamann.
In Brandenburg: Wolfsangriffe haben sich innerhalb von acht Jahren vervierfacht
Bund und Länder hatten sich im vergangenen Dezember auf neue Möglichkeiten für Schnellabschüsse sogenannter problematischer Wölfe geeinigt. Brandenburg habe die Wolfsverordnung entsprechend überarbeitet, teilt das Umwelt- und Agrarministerium mit. Der Entwurf werde im kommenden Landtagsausschuss und mit den betroffenen Verbänden besprochen.
Erst nach Inkrafttreten einer neuen Wolfsverordnung sind dann auch Schnellabschüsse möglich. Die Umweltminister des Bundes und der Länder hatten angesichts von zunehmenden Weidetier-Rissen und Protesten von Landwirten vereinbart, dass anders als bisher für den Abschuss von problematischen Wölfen nicht erst eine DNA-Analyse abgewartet werden muss.

Diese Schnellabschüsse sind in Gebieten mit einem erhöhten Rissaufkommen möglich, wenn dort ein Wolf den Herdenschutz überwunden und ein Nutztier gerissen hat. Die Abschussgenehmigung gilt dann für 21 Tage nach dem Riss und in einem Umkreis von bis zu 1000 Metern um die betroffene Weide.
Die Wolfsangriffe machen Schlagzeilen, Bildern von gerissenen Tieren verbreiten sich rasch über die sozialen Medien. In Brandenburg hat die Zahl der durch Wölfe getöteten Nutztiere stetig zu genommen. Wurden im Jahr 2016 noch 90 Übergriffe gemeldet, hat sich die Zahl inzwischen vervierfacht. Im Jahr 2023 wurden insgesamt 358 Angriffe erfasst, „bei denen der Wolf als Verursacher nicht ausgeschlossen wurde“, wie es heißt. Dabei wurden 1465 Nutztiere getötet, verletzt oder sind verschollen.
Betroffen sich vor allem Schaf- und Ziegenhalter: 266 Angriffe vermeldete hier das Brandenburger Landesamt für Umwelt für das vergangene Jahr. Dabei wurden 1281 Tiere getötet, verletzt oder sind verschollen. Weiterhin weist die „Schadensstatistik“ 90 Rinder (zumeist neugeborene Kälber), 81 Stück Damwild, vier Esel, acht Alpakas und einen möglicherweise durch einen Wolf getöteten Jagdhund auf.

Das Landesumweltamt schreibt dazu: „Die anhaltenden Nutztierrisse erklären sich hauptsächlich durch noch immer nicht flächendeckend umgesetzte Herdenschutzmaßnahmen, insbesondere auch in den Gebieten, in denen es schon lange Wölfe gibt.“ In 235 Fällen (66 Prozent) seien die Weidetiere nicht entsprechend geschützt gewesen.
Die Gebiete mit erhöhten Riss-Zahlen werden laut Umweltministerium in Potsdam erst mit Inkrafttreten der neuen Verordnung festgelegt. Auch wie viele Wölfe dann im Schnellverfahren geschossen werden könnten, bleibt bisher unklar. Die Tiere stehen in Deutschland unter strengem Naturschutz und dürfen nur mit einer behördlichen Ausnahmegenehmigung unter strengen Voraussetzungen geschossen werden.
Tod auf der Straße: Im Jahr 2023 verzeichnete das Landesamt 65 tote Wölfe
„Da die Überarbeitung der Wolfsverordnung noch aussteht und der Prozess erst am Anfang steht, ist jetzt ein beherztes Vorgehen für die Menschen im ländlichen Raum entscheidend“, fordert der CDU-Landtagsabgeordnete Julian Brüning, der Mitglied im Agrarausschuss ist.
Die Zahl bestätigter Wolfsrudel in Brandenburg stieg im biologischen Wolfsjahr 2022/23 auf 52. Der Zeitabschnitt reicht von der Geburtszeit der Welpen Anfang Mai bis zum Ende ihres ersten Lebensjahres Ende April des Folgejahres. Genaue Wolfszahlen gibt das zuständige Landesamt für Umwelt nicht an.
In diesem Jahr registrierte das Landesamt für Umwelt bislang 15 Wölfe, die tot gefunden wurden. Zwölf Tiere kamen im Verkehr um. Zwei Wölfe sind laut Behörde illegal getötet worden – in der Region Brandenburg an der Havel und im Kreis Oberspreewald-Lausitz. Bei einem Tier wurde eine „sonstige Todesursache“ festgehalten, das kann etwa eine Krankheit sein. Im gesamten Jahr 2023 verzeichnete das Landesamt 65 tote Tiere, die meisten sterben bei Verkehrsunfällen. ■