Die Täter sind selbst Kinder, Gewaltandrohungen richten sich gegen Mitschüler und Lehrer.
Die Täter sind selbst Kinder, Gewaltandrohungen richten sich gegen Mitschüler und Lehrer. imago/Koehler (Symbolbild)

Im Spree-Neiße-Kreis hat die rechtsextreme AfD bei den letzten Kreistagswahlen 2019 mit 26,5 Prozent die meisten Stimmen aller Parteien geholt. Bei den Schülerwahlen in den Lehreinrichtungen von Forst, Guben, Spremberg und den kleineren Orten der Region waren die Ergebnisse sogar noch extremer: Eine Koalition aus AfD und NPD würde die Spreewald-Region regieren, ginge es nach den überwiegend minderjährigen Schülerinnen und Schülern.

Nazi-Kinder bedrohen Mitschüler und Lehrer, Lehrkräfte schauen tatenlos zu

Obwohl die Ortsschilder der Region mehrsprachig (deutsch und sorbisch/wendisch) ausgeschildert sind und der Spree-Neiße-Kreis an Polen grenzt, sind migrantische Familien eine absolute Minderheit in der Region. Kinder mit Migrationshintergrund werden immer offener zur Zielscheibe von rechtsextremen Hass. Die Täter, wie ein offener Brief nun beklagt, sind selbst Kinder. Verfasst wurde der -„Brandbrief“, der mehreren Medien zugespielt wurde, von jüngeren Lehrern, die offenbar selbst angefeindet wurden. Ihre Vorwürfe richten sich auch gegen Kollegen, die dem Treiben tatenlos zuschauen.

Die Vorwürfe beziehen sich auf eine nicht namentlich genannte Schule, doch inzwischen haben auch Schüler und Lehrer von weiteren Schulen in der Region ähnliche Vorkommnisse bestätigt. Inzwischen hat die Polizei Ermittlungen aufgenommen.„ Die Kriminalpolizei ermittelt zu möglicherweise strafrechtlich relevanten Sachverhalten“, sagte Polizeisprecher Maik Kettlitz der Deutschen Presse-Agentur am Dienstag. 

„Ein Schüler steht vor seinem Sportlehrer und hebt zweimal den Arm zum Hitler-Gruß“, zitiert der RBB einen Gesprächspartner, der unerkannt bleiben will. Dennoch habe dieser Lehrer gegenüber seiner Schulleiterin behauptet, er habe nichts gesehen. Einige Kollegen würden Schülern mit Migrationshintergrund „sehr verschlossen und mit Vorurteilen“ gegenübertreten. Im offenen Brief nennen die Lehrkräfte unter anderem die verfassungsfeindliche Verbreitung von rechtsextremen Symbolen, Schriften, Musiktiteln und Gewalt an der Schule. Schulmobiliar werde mit Hakenkreuzen beschmiert, im Unterricht werde rechtsextreme Musik gehört, in den Schulfluren demokratiefeindliche Parolen gerufen.

Den Lehrern zufolge soll das Treiben von einem harten Kern von zehn bis zwölf Schülern ausgehen. Um diesen würden sich zahlreiche Mitläufer scharen. Die Folgen würden vor allem die wenigen migrantischen Mitschülerinnen und Mitschüler spüren: rassistische Sprüche, Mobbing, Gewaltandrohungen. Lehrerinnen und Lehrer seien täglich „damit beschäftigt, Schüler vor psychischer und physischer rechter Gewalt zu schützen und demokratische Grundwerte zu vermitteln“.

Hitlergruß und „Arbeit macht frei!“: An den Schulen herrscht die Angst: Lehrer fordern „Null-Toleranz-Politik“

Offenbar ohne greifbare Erfolge, was eine Lehrerin auch darauf zurückführt, dass die Hälfte der Kolleginnen und Kollegen wegschaue. „Arbeit macht frei!“, diesem zynischen Slogan, der am Eingang mehrerer KZ zu lesen war, rief ein Schüler, der gerade des Klassenraums verwiesen wurde. Mit Verzögerung habe die Schulleitung angekündigt, den Vorfall doch noch anzuzeigen.

Auch Lehrer fühlen sich dem Bericht zufolge bedroht: manche hätten Angst, abends alleine zu ihrem Auto zu gehen. Im Winter seien Hakenkreuze auf dem Schnee ihrer Pkw geritzt worden. Auch Schülerinnen und Schüler, die sich links positionieren, würden beleidigt oder bedroht.

Lehrkräfte fordern „Null-Toleranz-Politik“ gegen Rechtsextremismus, Homophobie und Sexismus

In dem offenen Brief fordern die jüngeren Lehrerinnen und Lehrer nun, eine „Null-Toleranz-Politik“ gegen Rechtsextremismus, Homophobie und Sexismus durchzusetzen. Helfen solle dabei der Einsatz von mehr Sozialarbeitern sowie „ein niedrigschwelligeres Fortbildungsangebot für Lehrkräfte“. Schulen dürften kein Ort der Angst, sondern der „Weltoffenheit und Sicherheit“ sein.

Der designierte Brandenburger Bildungsminister, Staatssektretär Steffen Freiberg, sagte am Dienstag bei einer Pressekonferenz, man sei mit der Schulleitung in Kontakt und versuche zu klären, was vorgefallen ist. Die Berichte nannte er schockierend.