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Weltkriegsbombe in Berlin gefunden: Was die Anwohner erleben

Rund 7500 Menschen wurden und werden aus Berlin-Schmargendorf – rund um die Mecklenburgische Straße – in Sicherheit gebracht. 330 Einsatzkräfte von Polizei und Feuerwehr sorgen dafür, dass der Blindgänger sicher entschärft werden kann. 

Author - Veronika Hohenstein
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Bombenentschärfung in Berlin-Schmargendorf: Was Anwohner und Beteiligte erleben und erzählen. 
Bombenentschärfung in Berlin-Schmargendorf: Was Anwohner und Beteiligte erleben und erzählen. Veronika Hohenstein

Für viele Berliner war der Mittwochmorgen ein Albtraum – plötzlich mussten sie ihre Wohnungen und Häuser verlassen.  So auch Helga Kühne und ihr Mann Paul, sie erfuhren erst am Morgen von der Bombe und der geplanten Entschärfung. Der Berliner KURIER traf das Paar bei der Gretel-Bergmann-Sporthalle, einer der eingerichteten Notunterkünfte. Auf die Frage, ob dieses Ereignis sie erschrecke, antwortet Helga Kühne entschlossen: „Aber wie, ich habe Magenschmerzen bekommen.“

In Berlin-Schmargendorf laufen die Vorbereitungen für die Entschärfung eines Blindgängers aus dem Zweiten Weltkrieg. Die Evakuierung des Sperrkreises ist in vollem Gange. Die Polizei geht von Haus zu Haus, um Menschen zu informieren, fährt mit Lautsprecherdurchsagen durch die Sperrzone; Menschen, die auf Hilfe angewiesen sind, werden von Rettungskräften in Areale außerhalb der Sperrzone gebracht. Um 13.30 Uhr verschafft sich dann ein Hubschrauber der Polizei einen Überblick über die Lage im Sperrgebiet. 

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Polizeisprecher: „Wir sind da und sorgen für Sicherheit.“

Polizeisprecher Stefan Petersen-Schüman berichtet von den Arbeiten der Evakuierung und Entschärfung. „Die Entschärfung kann erst losgehen, wenn alle Menschen evakuiert sind. Es ist, im Moment, auch nicht zeitlich einzuschätzen, wann das Ganze beendet sein wird.“ Weil Sicherheit Priorität hat und es hier um eine 250 Kilogramm schwere Weltkriegsbombe geht, wurde eine Sperrzone von 500 Metern um den Fundort eingerichtet.

Der Sprecher weiter: „Jeden erreichen solche Neuigkeiten natürlich überraschend, aber wir erleben eine gute Kooperation mit den Menschen, die hier wohnen.“ Auf die Frage, ob die Menschen heute Abend ihr Essen in der eigenen Küche kochen können, meint Petersen-Schüman, er hoffe, dass die Leute zum Nachmittag wieder in ihre Wohnungen und Häuser zurückkehren können. Aber natürlich erst nach einer gelungenen Entschärfung.

Wie normal ist es in Berlin, dass Blindgänger wie dieser aus Zufall auf Baustellen gefunden werden? „Das passiert, wir werden regelmäßig mit solchen Aufgaben betraut. Auch falls es wieder passiert, sind wir da und sorgen für Sicherheit.“

Um kurz nach 16 Uhr teilte der Polizeisprecher Petersen-Schüman mit, dass die Räumungen bald abgeschlossen seien und dann mit der Entschärfung begonnen werden könne. „Die Entschärfung selbst wird auch Zeit beanspruchen, aber nicht so lange andauern wie die Evakuierungsmaßnahmen.“ Um 16.30 Uhr teilte die Polizei mit, dass alle Personen den Sperrkreis verlassen hätten. „Unsere Spezialisten beginnen nun mit der Entschärfung der Weltkriegsbombe in Schmargendorf.“

Die Berliner Polizei veröffentlichte auf X dieses erste Foto der Weltkriegsbombe von Schmargendorf.
Die Berliner Polizei veröffentlichte auf X dieses erste Foto der Weltkriegsbombe von Schmargendorf.X/Polizei Berlin

Wartezeit bis zur Entschärfung: Schach, Kartenspielen, Heißgetränke

Schach, Kartenspielen, Heißgetränke und viele unterschiedliche Gesprächspartner – in der Sporthalle herrscht eine nette Stimmung. Manche haben ihre Haustiere dabei. Marion gehört auch zu denen, die sich am Morgen in der Gretel-Bergmann-Sporthalle einfanden. Sie kritisiert, wie die Informationen über die Evakuierung sie erreichten. „Ich sah es erst zufällig in der Zeitung und fragte Nachbarn, ob die von der Bombe gehört haben, aber die wussten das alle gar nicht.“

Ihre Katze ließ Marion in der Wohnung zurück: „Das war problematisch, ich überlegte, sie mitzunehmen, aber es ist ja nicht schön für ein Tier, so in einer Box zu sitzen. Ich mache mir keine Sorgen, dass heute etwas passiert.“ Die Tagesplanung für Marion und ihren Mann wird natürlich sehr beeinträchtigt von der Entschärfung der Bombe, aber sie wollen erst Essen gehen und dann wieder zurück in die Sporthalle.

Marion sagt: Man sollte die Nerven behalten

Der Blindgänger ist etwa 250 Kilogramm schwer. Er wurde am Dienstagvormittag bei Bauarbeiten in der Mecklenburgischen Straße gefunden. Eine, die die Evakuierung auch miterlebt, ist die Rentnerin Monika Zink. Sie erfuhr erst sehr spät von der Bombenentschärfung – gegen Mitternacht habe sie über ihr Tablet eine Nachricht von Verwandten bekommen, sagt sie dem KURIER.  „Ich habe mich dementsprechend vorbereitet, weil ich schon Evakuierungserfahrungen gesammelt habe.“

Sie informierte ihre Nachbarn, kümmerte sich am frühen Morgen auch um die pflegebedürftigen Menschen, die in ihrem Haus am Heidelberger Platz wohnen. „Man war sehr gut beschäftigt.“ Die Seniorin findet aber trotz aller Aufregung, man sollte die Nerven behalten. „Wenn ich an die Ukraine oder Israel denke, ist das hier eine Kleinigkeit.“ In der Sporthalle, in der sie untergebracht ist, sei sie gut versorgt und rundum betreut. Schon vor zwei Jahren, als es in ihrem Haus einen Brand gab, sei die Betreuung super gewesen. ■