Berliner Original Mampe:

Als es am Ku'damm noch eine „Familien-Mampe“ und eine „Nutten-Mampe“ gab

Keine andere Spirituosen-Marke verkörpert Berlins schillerndste Jahre so sehr wie Mampe. Neben dem legendären „Halb und Halb“ ist nun auch der Rum mit dem weißen Elefanten wieder erhältlich.

Author - Stefanie Hildebrandt
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In Mampes Guter Stube am Kudamm kehrten die Berliner gern ein.
In Mampes Guter Stube am Kudamm kehrten die Berliner gern ein.BK

Stellen Sie sich vor, Sie sitzen in einem dunkel getäfelten Raum mit Parkettboden. Draußen vor dem Fenster flanieren Männer mit Hut auf dem Ku'damm. Es ist nicht weit bis zur Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche, nur ein Katzensprung bis zum Bahnhof Zoo. Der Ofen mit den Delfter Kacheln wärmt und ein Ober bringt eine Flasche Mampe-Likör, aus der Sie sich selbst Glas für Glas einschenken können. Sagen wir, einen Sauern mit Persico, oder einen Halb und Halb, 25 Pfennig kostet das. Gut möglich, dass nebenan am Tisch der Schriftsteller Joseph Roth gerade an seinem Roman „Radetzkymarsch“ schreibt.

„Mampes Gute Stube“ am Kurfürstendamm 15, in der sich der Alltag wie oben beschrieben abspielte, war nach der Eröffnung 1917 einer der beliebtesten Orte in Berlin fürs Sehen und gesehen Werden. Ein paar Schritte weiter in der Nummer 33 befand sich noch eine Mampestube. Kenner unterschieden zwischen der Nummer 14 als „Fama“ – der Familienmampe und der „Numa“ in der Hausnummer 33. Dort kehrten die leichten Mädchen auf einen Schluck ein. Und schon in Döblins „Berlin Alexanderplatz“ verdünnte ein ehemaliger Soldat seine Sorgen mit Mampe. Vor dem Krieg hatte Mampe Berlin ganze 78 Sorten Spirituosen in über 250 verschiedenen Flaschenformen im Sortiment.

Berlins traditionsreiche Schnaps-Marke

Kaum eine Marke verkörpert wie Mampe das Berlingefühl der 1920 Jahre. Und auch später war der Spirituosenhersteller mit den irren Ideen und dem Elefanten-Markenzeichen in der Stadt überall präsent. Jetzt, wo Mampe aus dem Dornröschenschlaf geweckt ist, und es längst wieder Mampe-Gin, Vodka, Eierlikör und den Klassiker „Halb und Halb“ gibt, kommt ein weiterer alter Bekannter wieder zurück zur Familie: Mampes Elefanten-Rum. Kunden hätte immer wieder nach dem Rum gefragt, sagt Geschäftsführer Florian Löhlein. Es sei ein Traum gewesen, den Rum wieder im Sortiment zu haben. Und jetzt wird er Wirklichkeit.

Danny Krüger, Leiter der Produktion bei Mampe, mixt einen Cola-Rum in Mampes Guter Stube am Ku'damm.
Danny Krüger, Leiter der Produktion bei Mampe, mixt einen Cola-Rum in Mampes Guter Stube am Ku'damm.Thomas Meyer/Ostkreuz

Mampes Elefantenrum wieder da

Zur Präsentation des Rums, der aus Zuckerrohrmelasse von jamaikanischen und venezolanischen Plantagen hergestellt wird, haben die Mampe-Geschäftsführer einen ganz besonderen Ort ausgewählt. Eine jener 20 Mampe-Probierstuben, die sich einst über die ganze Stadt verteilten. 1908 eröffnete die erste in der Friedrichstraße, 1917 die am Kudamm. Heute warteten die Räumlichkeiten fein restauriert samt Kachelöfen auf neue Mieter.

Damals hat Mampe mit dem Elefantenzimmer, edlen Hölzern und kostbaren Möbeln in der guten Stube so richtig auf die Pauke gehauen, um die Berliner zu beeindrucken. Auf der beheizten Kudammterrasse saß halb Berlin.

BVG-Bus mit Mampe-Werbung um 1990 in Berlin.
BVG-Bus mit Mampe-Werbung um 1990 in Berlin.Marcellinus Prien / Bebra Verlag

Mampe Liköre eine Berliner Erfolgsgeschichte

Mampe hatte seinen Ursprung in einer Krise: Als nach 1830 die Cholera in Preußen grassierte, machte sich 1831 der Arzt und Königlich Preußische Geheime Sanitätsrat Dr. Carl Friedrich Mampe sen. auf und mixte in seiner Apotheke im pommerschen Stargard eine Medizin, die bald reißenden Absatz fand. Heilkräuter und Schnaps, „Dr. Mampes Bittere Tropfen“, waren der Anfang einer Erfolgsgeschichte, in deren Verlauf es kaum eine Spirituose gab, die nicht unter dem Namen „Mampe“ hergestellt und vertrieben wurde.

Carl Mampe gab das Rezept an seine beiden Stiefbrüder weiter, die zerstritten sich und gründeten getrennt voneinander Produktionsfirmen, eine in Stargard, der andere in Berlin. Der Berliner Mampe-Zweig wählte einen weißen Elefanten zum Firmenzeichen, Verkaufsschlager wurde „Halb und Halb“, ein Gemisch aus den Bitteren Tropfen und Früchten: Pomeranzen, Früchte, Schalenauszüge. Der milde Magenbitter gewann landauf und landab Preise und Auszeichnungen.

Bei Mampe, hier mit einem Pfleger zu sehen, handelt es sich um einen Afrikanischen Zwergelefanten. Noch heute lebt Elefantin Carla im Berliner Zoo.
Bei Mampe, hier mit einem Pfleger zu sehen, handelt es sich um einen Afrikanischen Zwergelefanten. Noch heute lebt Elefantin Carla im Berliner Zoo.Stöcker, Archiv Zoo Berlin

Als 1889 der Werbefachmann Robert Emil Justus Exner als Teilhaber bei Mampe einstieg, gab es kein Halten mehr. Der weiße Elefant auf rotem Grund tauchte einfach überall auf. Im Zoo gab es, Bezug nehmend auf das Logo, jahrzehntelang Elefanten mit dem Namen Mampe. Rennwagen fuhren mit Mampe als Sponsor und auch Hertha trabte in den 1970ern mit Likör-Logo auf den Platz. Der junge David Bowie wandelte im Film „Schöner Gigolo, armer Gigolo“, in dem auch Marlene Dietrich und Curd Jürgens mitspielen, als Mampe-Litfasssäule durch das imaginäre Berlin der 20er.

In guter Namenstraditionen der Partnerschaft zwischen dem Zoo und Mampe wurde 1974 eine Elefantenkuh „Carla“ benannt, die leider nie Nachwuchs bekommen hat. Falls Sie im Berliner Zoo bei den Elefanten sind, erkennen Sie Carla am stolzen Gang mit erhobenem Kopf. In der DDR stellte der VEB Bärensiegel unter dem Namen „Halb und Halb“ mit dem Schimmelgespann ebenfalls einen Kräuterlikör her. In Westberlin überdauerte Mampe in all den Eckkneipen, die nun so bedroht sind, die Zeit. Wie Schultheiß und Kindl ist Mampe Berliner Kneipenkulturgut.

Der Mampe-Rum mit dem weißen Elefanten kostet 29 Euro.
Der Mampe-Rum mit dem weißen Elefanten kostet 29 Euro.Thomas Meyer/ Ostkreuz

Erst 1986 wurde Mampes Gute Stube am Kudamm geschlossen. Ein Mövenpick Marché-Restaurant zog ein, dann ein McCafé. Zuletzt sollte eine Eisdiele die Räume in bester Lage bespielen, doch das Projekt scheiterte. Seit einem Jahr steht alles wieder still. Die Schaufensterscheiben mit dem Elefanten haben die Renovierung leider nicht überlebt.

Heute entstehen in einer Manufaktur im Kreuzberger Bergmannkiez wieder Mampe-Gin, aber auch Mampe-Liköre nach alter Rezeptur. Der Elefant, der in Berlin bekannt wie der Bär ist, er thront wie eh und je auf den bauchigen Flaschen. ■