Die Ära der exotischen Vogelhaltung im Neuen Kranzler Eck in Berlin neigt sich dem Ende zu. Was mal als Attraktion im Treiben zwischen Kurfürstendamm, Kantstraße und Joachimsthaler Straße galt, wird nun Geschichte: Die letzten 15 Sittiche, die bisher in zwei imposanten Volieren untergebracht waren, verlassen in dieser Woche den Innenhof des Gebäudekomplexes.
Ihr neues Zuhause wird die Vogelburg Weilrod im hessischen Naturpark Hochtaunus – eine Anlage, die auf die artgerechte Unterbringung gefiederter Tiere spezialisiert ist, heißt es im Tagesspiegel-Bericht.
Ausschlaggebend für die Entscheidung war ein grundsätzlicher Wandel in Sachen Tierhaltung: Die dauerhafte Unterbringung in Käfigen gilt den Verantwortlichen längst nicht mehr als zeitgemäß. Man habe moralische Bedenken, es sei nicht mit dem Gewissen vereinbar, heißt es in dem Artikel.
Nach intensiven Überlegungen wurde der Entschluss gefasst, dem gewachsenen Unbehagen gegenüber der Käfighaltung Konsequenzen folgen zu lassen. Aber nicht nur moralische Erwägungen spielten wohl eine Rolle – auch konzeptionelle Veränderungen im Neuen Kranzler Eck haben das Ende der Vogelhaltung beschleunigt.

Der Eigentümer des Areals, der Versicherungskonzern Axa, verfolgt ehrgeizige Pläne für die Neugestaltung des Innenhofs. Dieser soll künftig verstärkt als Veranstaltungsfläche dienen und durch zusätzliche Begrünung eine offenere, einladendere Atmosphäre erhalten.
Die Volieren fügten sich nicht mehr in dieses neue Nutzungskonzept ein. Ein Erhalt der Käfige wäre sowieso nur mit erheblichem Sanierungsaufwand möglich gewesen. Vogelfreunde dürften zusammenzucken, wenn sie das hören.
Die Vögel stören wohl beim Umbau
Früher zwitscherten und krächzten mehr als 100 Vögel in den beiden 22 Meter hohen Volieren – ein Anblick, der vor allem in der City West seit 2001 für Aufmerksamkeit sorgte. Die Sittiche, die dort lebten, waren nicht nur ein optisches Highlight, sondern wurden über Jahre hinweg liebevoll betreut und gepflegt.
Menschen aus der Nachbarschaft entwickelten eine enge Beziehung zu den Tieren. Einige von ihnen besuchten die Vögel täglich, spielten ihnen Musik vor und beobachteten ihre Reaktionen – ein intimes Ritual in der Hektik der Großstadt, das einem für wenige Minuten Frieden und Zufriedenheit schenken konnte.
Mit dem Umzug der bunten Tiere geht ein Stück Berliner Stadtbild verloren, das zwar unspektakulär wirkte, für viele aber ein Symbol war: für Ruhe, Fürsorge und für ein harmonisches Miteinander zwischen Mensch und Tier im Getöse des Alltags. Jetzt wartet auf die Sittiche ein neues Kapitel – in der Natur, weg vom Lärm und den Schaufenstern. Ein leiser Abschied, der irgendwie traurig macht, weil er so unwiederbringlich ist. ■