Auch wenn viele Schüler jubeln, wenn der Unterricht mal ausfällt, sind ihre Eltern meistens weniger begeistert. Doch in Berlin herrscht wieder Lehrerstreik! Der Ausnahmezustand soll drei Tage lang herrschen.
Streik für kleinere Klassen
An vielen Berliner Schulen fällt von Dienstag bis Donnerstag erneut der Unterricht wegen eines Warnstreiks aus. Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) in Berlin hat Lehrkräfte, Sozialpädagogen und Schulpsychologen aufgerufen, für drei Tage ihre Arbeit niederzulegen. Sie will damit ihrer Forderung nach kleineren Klassen Nachdruck verleihen.
Bis zu 29 Kinder lernen in einer Grundschulklasse, bis zu 35 in einer Klasse am Gymnasium. Das bedeutet für die Lehrkräfte, stapelweise Klassenarbeiten zu korrigieren, mehr Zeugnisse zu schreiben und viele Elterngespräche zu führen. Um die Lehrer zu entlasten, pocht die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft schon lange auf kleinere Klassen. „In letzter Zeit werden die Klassen aber weiter aufgefüllt“, sagt Anne Albers, die Leiterin des Vorstandsbereichs Tarifpolitik in der GEW Berlin.
Die GEW verlangt schon seit zwei Jahren einen Tarifvertrag Gesundheitsschutz, mit dem Klassengrößen und weitere personelle Unterstützung geregelt wird. Auf diese Weise könnten gesündere Arbeitsbedingungen für Lehrkräfte und andere Schulbeschäftigte und gleichzeitig eine höhere Unterrichtsqualität erreicht werden, argumentiert sie. Der Streikaufruf ist laut GEW bereits der 15. seit Oktober 2021.

Sind dem Senat hier die Hände gebunden?
Der Senat sieht aber keine Möglichkeit zur Umsetzung der GEW-Forderung. Er verwies zuletzt immer wieder auf den Lehrermangel, der kleineren Klassen aktuell entgegenstehe. Zudem gehöre Berlin – wie alle anderen Bundesländer außer Hessen – der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) an. Ohne deren Zustimmung könne Berlin keine Tarifverhandlungen über die Klassengröße aufnehmen, und die TdL lehne solche Verhandlungen ab. Ein Berliner Alleingang sei nicht möglich, ohne den Rausschmiss aus der TdL zu riskieren.
Momentan arbeiten nach Angaben der Bildungsverwaltung an Berlins öffentlichen Schulen gut 34.500 Lehrkräfte. Eine ganze Reihe von ihnen sind Beamte und dürfen nicht streiken. An den bisherigen Warnstreiks der GEW für kleinere Klassen beteiligten sich jeweils einige Tausend Lehrkräfte, Unterricht fiel teilweise aus. Die letzte, ebenfalls dreitägige Arbeitsniederlegung fand im Juni statt.
GEW akzeptiert Lehrermangel-Argument nicht
Gegen kleinere Klassen spricht aus Senatssicht der Lehrermangel: Momentan sind berlinweit mehr als 700 Lehrerstellen nicht besetzt. Die Klassengröße zu reduzieren, würde den Lehrkräftebedarf nur noch erhöhen und sei daher „nicht mit dem Ziel einer adäquaten Versorgung der Schulen mit Lehrkräften vereinbar“, so die Finanzverwaltung.
Doch dieses Argument lässt die GEW nicht gelten. Sie hält dagegen, gerade durch kleinere Klassen würden mehr Menschen den Beruf attraktiv finden! „Über 1.000 Lehrkräfte haben im vergangenen Schuljahr den Dienst quittiert, mit besseren Arbeitsbedingungen in kleineren Klassen wären sicherlich einige geblieben“, ist Gewerkschafterin Anne Albers überzeugt.
Update: Lehrer-Demo läuft durch die Stadt
Im Zuge des Lehrerstreiks fanden am Dienstag auch Demos statt: Mehrere Protestzüge der Lehrer liefen durch Berlin, unter anderem durch Neukölln und Tempelhof. Auf ihren Bannern werben die Lehrkräfte für „Kleinere Klassen für weniger Belastung“. Die Streikenden trugen rote Warnwesten der GEW.
