500 Meter, die die Gemüter erhitzen: Friedrichstraße ab Juli wieder für Autos frei
Alles auf Anfang, heißt es in der Friedrichstraße. Das Gezerre um 500 Meter Straßenland geht in eine neue Runde. Und so reagiert der Bezirk Mitte auf die Ankündigung des Senats.

Es ist ja nicht so, dass Berlin keine gravierenderen Probleme hätte: Das Hickhack um ein 500 Meter langes Teilstück der Friedrichstraße geht in die nächste Runde. Erst wurden Sitzmöbel und Blumenkübel aufgebaut, nun sollen die Provisorien wieder weg. Demnächst dürfen auf der Friedrichstraße wieder Autos und Motorräder rollen.
Der seit Ende Januar zugunsten einer Fußgängerzone gesperrte Abschnitt nahe des Gendarmenmarkts wird zum 1. Juli wieder für den motorisierten Verkehr freigegeben, wie die Verkehrsverwaltung am Dienstag mitteilte.
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Der Bezirk Mitte wurde vom Zeitplan der Senatorin überrascht. „Der Bezirk bedauert, dass der Senat die Friedrichstraße nicht zumindest den Sommer über für Menschen zu Fuß geöffnet belassen hat. Denn gerade weil der Gendarmenmarkt derzeit wegen Umbauarbeiten geschlossen ist, ist die Friedrichstraße ein wichtiger und schöner Aufenthaltsort für Menschen, die dort ihre Mittagspause und ihren Feierabend verbringen“, heißt es in einer Mitteilung der Bezirksbürgermeisterin Stefanie Remlinger. Die Gastronomen, die in der Friedrichstraße Schankvorgärten eingerichtet hätten, verlören damit die Aussicht auf eine gute Saison. Auch lasse der Senat dadurch bereits geplante Veranstaltungen von Gewerbetreibenden vor Ort platzen.
Seit Ende Januar sind auf der Friedrichstraße Autos verboten. Die ehemalige Verkehrssenatorin Bettina Jarasch (Grüne) hatte noch im Wahlkampf ihr Projekt eines autofreien Abschnitts durchgedrückt. Jetzt heißt es zum x-ten Mal: Alles wieder anders. Wie viele Ressourcen an Gerichten und in der chronisch unterbesetzten Verwaltung das Gezerre um die Friedrichstraße frisst, will man sich gar nicht ausmalen.
Der Umgang mit dem motorisierten Verkehr zwischen Checkpoint Charlie und Gendarmenmarkt ist längst zum Politikum zweier unterschiedlicher Lager geworden. Otto Normalberliner schüttelt nur noch den Kopf.

Hintergrund der jetzigen Entscheidung seien Einsprüche von Anliegern gegen die rund 500 Meter lange Fußgängerzone zwischen Leipziger und Französischer Straße, die zum Teil mit einem gerichtlichen Eilverfahren verbunden seien. Man wolle den Beschwerdeführern ein Moratorium anbieten, so die neue Verkehrssenatorin.
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Manja Schreiner (CDU) revidiert damit die Verkehrspolitik ihrer Vorgängerin. „Wir streben für die Friedrichstraße und angrenzende Bereiche ein städtebauliches Konzept zur bestmöglichen Entwicklung und Gestaltung des Gebietes an, das den Bedarf und die Interessen der Anwohnerinnen und Anwohner sowie der Gewerbetreibenden berücksichtigt“, erklärte die Senatorin.
Im Herbst soll ein breiter Beteiligungsprozess für ein städtebauliches und verkehrliches Gesamtkonzept für die historische Mitte starten. Der Bezirk Mitte begrüßt dieses Vorhaben. Insbesondere sei man an Ideen interessiert, mit denen die Aufenthaltsqualität für alle Verkehrsteilnehmer, vor allem die Fußgänger, spürbar gesteigert werden könne.
Dabei müssten neben Verkehrs- und Stadtentwicklungsaspekten auch die wirtschaftlichen Belange berücksichtigt sein. Denn die Friedrichstraße werde nicht einfach wieder florieren, nur weil Verbrenner wieder durchfahren dürfen.
„Viele andere europäische Metropolen stellen bereits jetzt mit innovativen und kreativen Lösungen unter Beweis, wie auch historische Stadtzentren die Zukunftsaufgaben bewältigen und ein guter Ort für alle Verkehrsteilnehmer:innen, Gewerbetreibende und Tourist:innen sein können. Moderne Mobilität schafft Flächengerechtigkeit für alle“, so Bezirksbürgermeisterin Remlinger.
Man darf gespannt sein, wie dann in dem größeren Rahmen alle Interessen unter einen Hut gebracht werden sollen.