Wenn am Neujahrsmorgen die Straßen voller Böllerreste, Flaschen und Müll liegen, wollen bundesweit rund 10.000 junge Muslime anpacken. Mit Besen und Müllsäcken rücken sie in etwa 240 Städten zum Aufräumen aus. Vor dem Hintergrund der sogenannten Stadtbild-Debatte wollen die Organisatoren ein politisches Zeichen setzen.
Die bundesweite Aufräumaktion ist nicht neu – seit rund 30 Jahren gibt es den Neujahrsputz. Doch in diesem Jahr bekommt er eine zusätzliche politische Note. Auslöser ist die sogenannte Stadtbild-Debatte, die Bundeskanzler Friedrich Merz entfacht hatte.
10.000 Freiwillige sind bei der Putzaktion dabei
„Muslime werden nur noch als Problemgruppe identifiziert“, sagte Scharjil Khalid, Imam der Khadija-Moschee in Berlin-Pankow. Das habe sich im Wahlkampf gezeigt und zuletzt erneut nach der umstrittenen Äußerung von Merz. Die Botschaft der Aktion sei deshalb klar: „Ihr seht uns als Problem im Stadtbild, aber da, wo das Stadtbild am schlimmsten ist, an Neujahr, machen wir sauber.“ Muslime seien ein großer Teil eines positiven Stadtbilds, betonte der Imam.
Hinter dem bundesweiten Neujahrsputz steht der Verband Ahmadiyya Muslim Jamaat gemeinsam mit seinem Jugendverband. Frieden, Disziplin und soziales Engagement gehören nach eigenen Angaben zu den zentralen Werten. Rund 20.000 junge Menschen zählen bundesweit zur Ahmadiyya-Jugend. An der Aufräumaktion beteiligen sich seit Jahren konstant etwa 10.000 von ihnen.

An Neujahr geht das Aufräumen um 6 Uhr früh los
In Berlin sind es rund 140 Mitglieder, von denen sich jedes Jahr etwa 100 beteiligen. Der Tag beginnt früh: Treffen ist um 6 Uhr morgens. Nach einem Gebet in der Khadija-Moschee in der Tiniusstraße 7 gibt es gemeinsames Frühstück – danach geht es auf die Straße zum Neujahrsputz.
Wer mitmachen will, muss sich vorher anmelden. Das sei wichtig, damit ausreichend Besen und Müllsäcke bei der Stadtreinigung bestellt werden könnten, erklärte Khalid. Im vergangenen Jahr kamen so bundesweit rund 3300 volle Müllsäcke zusammen, die anschließend an die Entsorger übergeben wurden.
Stadtbild-Debatte überschattet Putzaktion
Die politische Dimension der Aktion ergibt sich auch aus Äußerungen von Bundeskanzler Friedrich Merz. Im Oktober hatte er gesagt, die Bundesregierung korrigiere frühere Versäumnisse in der Migrationspolitik und mache Fortschritte, „aber wir haben natürlich immer im Stadtbild noch dieses Problem“. Wen er damit meinte, ließ der CDU-Politiker zunächst offen, Muslime nannte er nicht ausdrücklich.


