Die Berliner Straßenbahn verkommt immer mehr zur Bummelbahn, nur in knapp 87 Prozent aller Fahrten kann sie noch den Fahrplan einhalten, auf 16 von 22 Straßenbahnlinien ist seit 2020 die durchschnittliche Reisegeschwindigkeit (17,4 km/h) gesunken. Dazu zählen die viel genutzten Linien M1, M2, M4, M8, M10, M13 sowie M17. Jetzt kommt auch einer der Gründe heraus: Dutzende von Tram-Vorrangschaltungen an Ampeln sind inzwischen außer Betrieb.
In Berlin gibt es insgesamt 1030 Lichtsignalanlagen mit einer Schaltung zur ÖPNV-Beeinflussung, die Straßenbahnen im dichten Stadtverkehr beschleunigen und Wartezeiten an Ampeln verkürzen soll. Doch: Bei mindestens 72 Ampeln funktioniert das zurzeit nicht, wie auf der Antwort auf eine kleine Anfrage der grünen Verkehrspolitikerin Oda Hassepaß hervorgeht, über die die „Berliner Zeitung“ berichtet.
M4 und M5: Viele Vorrangschaltungen funktionieren nicht
Gründe dafür gibt es viele, heißt es in der Antwort aus dem Verkehrssenat: Umprogrammierungen bei Baustellen oder Gleisschäden, Straßenumbauten, Modernisierungen der Hardware. „Insbesondere aufgrund des Fachkräftemangels bei den einschlägigen Ingenieurbüros erfolgen die notwendigen Neuprojektierungen oft nicht rechtzeitig, sodass zunächst nur Festzeitprogramme geschaltet werden können“, erklärt Staatssekretärin Britta Behrendt. Außerdem hätten einige dieser Ampeln zu „massiven Störungen im Verkehrsablauf geführt“, die auch die BVG behindert hätten. Deshalb wurden Ampelschaltungen wieder außer Betrieb genommen.
Auch auf zwei der wichtigsten Straßenbahnlinien der Stadt funktionieren die Vorrangschaltungen an Ampeln nicht richtig – auf den Linien M4 und M5, die von Mitte nach Marzahn führen. Bei der M4 sind vier Ampelanlagen betroffen: an der Kreuzung Greifswalder-/ Michelangelo-/Ostseestraße (veraltete Hardware, Anlage muss modernisiert werden), am Antonplatz (neue Software nach Umbau des Verkehrsknotens fehlt noch), an der Berliner-, Ecke Buschallee (Wasserbetriebe bauen) und an der Kreuzung Falkenberger-/ Chaussee-/Welsestraße (wegen Gleisschäden außer Betrieb).
Ähnlich bei der M5. An der Ampelanlage Landsberger Allee/Karl-Lade-/Oderbruchstraße funktioniert die Vorrangschaltung wegen Gleisschäden und eine Langsamfahrstelle nicht. Und an der Kreuzung Hauptstraße/Suermondtstraße/Konrad-Wolf-Straße wurde eine Hardware installiert, die neue Software muss aber erst programmiert werden.
An der Alexanderstraße gibt es keine Schnell-Ampel
Bei der Querung der Alexanderstraße am Alexanderplatz wird für M4 und M5 generell auf eine Schaltung verzichtet, die die Straßenbahn beschleunigt. Der Grund laut Senatsverwaltung für Verkehr: „Beeinflussung wegen hoher Straßenbahnfrequenz, Einfachhaltestelle, Baustellensituation und Nähe zum Knoten Otto-Braun-Straße aus Verkehrssicherheitsgründen nicht möglich.“
Die grüne Verkehrspolitikerin Oda Hassepaß fordert in der „Berliner Zeitung“, dass mehr für Bus und Bahn getan werde. „Um Vorrang für den ÖPNV zu erreichen, wie es im Mobilitätsgesetz vorgeschrieben ist, braucht es auch Priorität in Form von funktionierenden Vorrangschaltungen für diese Verkehrsmittel“, ruft die Abgeordnete in Erinnerung. „Ziele zu erreichen, ohne die entsprechenden Maßnahmen umzusetzen, funktioniert nicht.“ ■