Der klare KURIER-Kommentar

Katrin Göring-Eckardt, die Nationalelf und der dümmste Satz des Jahres

Die Bundestagsvizepräsidenten erhielt wegen eines Hautfarben-Tweets über unsere Nationalelf völlig zu Recht einen Shitstorm.

Author - Wolfgang Heise
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Katrin Göring-Eckardt ist sonst sehr redegewandt, doch mit ihrem Tweet zur Nationalelf schoss sie ein Eigentor.
Katrin Göring-Eckardt ist sonst sehr redegewandt, doch mit ihrem Tweet zur Nationalelf schoss sie ein Eigentor.Sven Simon/Imago

Was hat sich Bundestagsvizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt (58, Grüne) bloß dabei gedacht, als sie ihr Handy nahm und während des 2:0-Siegs der Nationalmannschaft gegen Ungarn twitterte? Antwort: Nicht viel! Es ist jetzt schon der dümmste Satz des Jahres: „Stellt euch kurz vor, da wären nur weiße deutsche Spieler.“

Tabuthema Rassismus und ein verbales Fettnäpfchen. Göring-Eckardt sah ihren naiven Verbalbock, löschte ihren Kommentar und reagierte nach einem Shitstorm so: „Tut mir leid, wie ich formuliert habe. Mich hat aufgeregt, dass 21 % der Deutschen es besser fänden, wenn mehr ‚Weiße‘ in der Nationalmannschaft wären. Ich bin stolz auf diese Mannschaft und wünsche mir, dass wir auch die 21 % noch überzeugen.“ Damit machte sie aber eigentlich alles noch viel schlimmer. 

Sie bezog sich auf eine der schlimmsten Umfragen des WDR, die viele Menschen fassungslos machte. Auch Bundestrainer Julian Nagelsmann. Der bügelte das Thema mit ehrlichen, drastischen Worten ab: „Ich hoffe, nie wieder so was von so einer Scheißumfrage lesen zu müssen.“ Muss er jetzt doch, weil Göring-Eckardt twitterte.

Es ist mal wieder ein hilfloser Versuch aus der Politik, sich bei einem prominenten Ereignis wie der EM ein Thema zu setzen. Kann man aber auch anders machen. Ich hätte da zwei Vorschläge: Die Politik könnte den Sport nicht nur für seine integrative Kraft in unserer bunten Gesellschaft loben, sondern mehr Geld in kleine Sportvereine stecken, die leisten nämlich enorme Sozialarbeit, besonders für Kinder und Jugendliche.  

Man könnte auch mal genauer analysieren, warum es in so einem Elite-Konstrukt wie der Nationalelf im Verhältnis zur Gesamtbevölkerung einen überproportionalen Anteil an Spielern mit Integrationshintergrund gibt. Vielleicht wird die Antwort einige überraschen. Es geht nämlich ganz einfach um das Leistungsprinzip.

Vielleicht haben Kinder und Jugendliche aus Familien mit ausländischen Wurzeln einfach mal besser gelernt, sich in unserer Gesellschaft nach oben zu kämpfen, und schaffen es völlig zu Recht an die Spitze. Es herrscht erheblicher Nachholbedarf in der jungen Wohlstandsbevölkerung, einen eigenständigen Willen zu entwickeln. Darüber eine ehrliche Debatte zu führen, wäre sinnvoll. Die Nationalmannschaft ist nur ein Spiegelbild unserer Gesellschaft. ■