Proteste kippen

Stress in der Bundesliga: Spieler und Trainer genervt von den Fan-Aktionen

Einige Wochen lang waren es nur Tennisbälle, jetzt machen sie den Fußball kaputt.

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Tennisbälle oder Flummis sind schon wieder alt. Die neueste Kreation der Fans bei ihren Anti-Investoren-Protesten sind ferngesteuerte Fahrzeuge mit Rauchpatronen.
Tennisbälle oder Flummis sind schon wieder alt. Die neueste Kreation der Fans bei ihren Anti-Investoren-Protesten sind ferngesteuerte Fahrzeuge mit Rauchpatronen.Christian Charisius/dpa

Spielzeug-Autos auf dem Rasen, frustrierte Spieler und ständig neue Tennisbälle: Im festgefahrenen Investoren-Streit zünden die Fans Spieltag für Spieltag neue Eskalationsstufen. War ein Spielabbruch jüngst noch die schlimmste aller Folgen, droht nun die ganze Sache komplett zu kippen.

Während die Fans immer kreativer mit ihren Protesten werden,  schwindet bei Trainern und Spielern das Verständnis. „Es muss so schnell wie möglich eine Lösung gefunden werden. Noch diese Woche, nicht nächste Woche. So kann es nicht weitergehen“, schimpfte Dortmunds Niclas Füllkrug und schob den Fans eine Mitverantwortung für das 1:1 beim VfL Wolfsburg (1:1) zu. Das Spiel sei „kaum bewertbar. Es ist ultra schwer, so an Top-Leistung zu kommen“. Es sei „irgendwann mal gut“, meckerte auch BVB-Kapitän Emre Can: „Wir leiden extrem darunter.“

Spielabbruch ist längst nicht mehr die schlimmste aller Folgen

Fakt ist: Statt Spielabbruch geht es jetzt um die sportliche Wertigkeit. Fast bei jeder Partie verliert ein Team den Rhythmus, ein anderes kommt nach der Unterbrechung plötzlich zurück. Die Proteste haben einen Kipppunkt erreicht. Keiner will mehr so weitermachen. Nur die Vernunft kann eine gefährliche Eskalation verhindern.

Die zunehmend besorgte Führung der Deutschen Fußball Liga (DFL) predigt Deeskalation. Geschäftsführer Steffen Merkel: „Die DFL-Spitze hat das größte Interesse daran, dass es nicht zu Spielabbrüchen kommt.“ Greuther Fürths Trainer Alexander Zorniger sieht die Zeit dafür allerdings gekommen. „Wenn der Schiedsrichter und die Vereine so am Nasenring durch die Arena gezogen werden – was ist denn dann, wenn wir wirklich mal abbrechen?“, fragte er nach der Partie in Hannover – und wütete: Die Fans würden „als Herz des Spiels bezeichnet, das sind sie nicht, das sind die Spieler. Die Fans sind vielleicht die Seele“.

Proteste wirkten nur, „wenn sie auch nerven“. Diese seien „in Ordnung, solange sie kein Selbstzweck sind“, meinte auch DFB-Geschäftsführer Andreas Rettig, er warnte jedoch: „Es beginnt zu kippen.“ Zwar wächst der Druck auf die DFL-Spitze, in der Sache wollen sich die Ligabosse trotz der offensichtlichen Kind-Posse – der Hannover-Mäzen soll gegen den Vereinsauftrag mit einem „Ja“ gestimmt haben – bislang offenbar aber keinen Millimeter bewegen. Vielmehr forderte Merkel von den Anhängern, „dass sie anerkennen, dass der Fußball nicht nur den Fans gehört, sondern auch den Spielern, den Trainern, den Mitarbeitenden in den Vereinen.“

Der 1. FC Köln will diese Woche den Antrag auf Neuabstimmung stellen

Dabei mehren sich auch bei den Klubs die Forderungen nach einer weiteren Abstimmung, auch Schalke 04 und Darmstadt 98 schlossen sich mittlerweile an. Es brauche „einen Weg raus aus der Sackgasse“, sagte Eintracht Frankfurts Vorstand Axel Hellmann, der sich als Befürworter des Deals einer erneuten Wahl nicht mehr verschließt. Sollte ein entsprechender Antrag eingebracht werden, meinte das DFL-Präsidiumsmitglied, „dann wird man sich damit beschäftigen“.

Genau das plant der 1. FC Köln in der kommenden Woche, um „das DFL-Präsidium vom Abschlussmandat zu befreien“ und den Klubs die Entscheidung über den Abschluss eines verhandelten Vertrages zu überlassen. Es handle sich schließlich um „eine der relevantesten Entscheidungen seit Einführung der Bundesliga“, sagt FC-Geschäftsführer Christian. Er fordert, dass aus den Reihen der DFL und der 36 Klubs „jetzt schnell ein Lösungsvorschlag und eine Handreichung kommen“ müssten. „Die aktuelle Gemengelage im Kontext des Private-Equity-Deals und der Umgang damit können für die Zukunft des deutschen Profifußballs nicht förderlich beziehungsweise richtig sein.“ ■