Er schaffte im Fußball ein einzigartiges EM-Wunder. Trainerlegende Otto Rehhagel (85) wurde vor 20 Jahren mit dem krassen Außenseiter Griechenland Europameister. Doch was Rehhagel jetzt zu den Titelchancen für Deutschland bei der Heim-EM? Eine Woche vor dem EM-Start überrascht Rehhagel alle.
Beim TV-Sender RTL tritt der Kult-Trainer kräftig auf die Euphoriebremse: „Wir sind bei den letzten Turnieren früh ausgeschieden und arbeiten uns jetzt wieder langsam an die Spitze heran. Es wäre eine große Gelegenheit, hier zu Hause den Titel zu holen. Aber ich sage es mal mit Goethe: ‚Die Hoffnung habe ich wohl. Allein mir fehlt der Glaube.‘“
Rehhagel: „Ich bin Realist, Favoriten sind Frankreich, England, Italien“
Auch nach den überzeugenden Testspielen gegen Frankreich (2:0) und Holland (2:1) im März hat der Trainer-Methusalem keine so großen Erwartungen an das DFB-Team. „Alle gehen jetzt mit Euphorie und Hoffnung in die EM. Aber ich bin Realist“, sagt Rehhagel. Dabei schickt er auch gleich noch seine Titelfavoriten hinterher: „Das sind für mich Frankreich, England und Italien.“
Zu seinem Sensations-EM-Titel 2004 mit den Griechen sagt Rehhagel heute: „Wir konnten nicht ahnen, dass es so weit geht.“ Ja, da hatte sich Realist Rehhagel auch geirrt.
Für Vogts ist der EM-Titel Pflicht

Ex-Bundestrainer Berti Vogts (75), mit dem Deutschland 1996 Europameister wurde, geht ganz anders als Rehhagel an die Mission Heim-EM ran: „Im Grunde kann es nur ein Ziel geben: den Titel. Da sehe ich die deutsche Mannschaft in der Pflicht – bei einem Turnier im eigenen Land darf es kein anderes Ziel geben. Frankreich, England, Spanien und Italien sind stark, aber es gibt für mich nur eine Mannschaft, die das Turnier gewinnen muss: Deutschland. Darum sind wir auch der größte Favorit.“
Vogts räumt ein, dass es einen enormen Druck auf die Mannschaft geben wird. Doch das sieht Rekord-Nationalspieler Lothar Matthäus wiederum etwas anders. Er ist ein echter Fan vom jungen Bundestrainer Julian Nagelsmann und der jetzigen DFB-Elf geworden. „Deutschland gehört zum engeren Favoritenkreis“, sagt er. Gerade die Siege gegen Frankreich und Holland waren für Matthäus „eine Befreiung für alle Beteiligten“. „Jetzt wissen sie, was sie können“, so der Weltmeister von 1990.



