VIDEO: Joost Klein unter Verdacht

Chaos beim ESC: Holland fliegt raus - darum ging es bei dem Zwischenfall

Niederlande in letzter Minute vom Song-Contest ausgeschlossen +++ Norwegens Punkteansagerin tritt zurück +++ Teilnehmer schwänzen Flaggenprobe

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Skandal um Joost Klein, den Sänger aus den Niederlanden. Mit seinem Song „Europapa“ galt er als ein Favorit des Eurovision Song Contests.
Skandal um Joost Klein, den Sänger aus den Niederlanden. Mit seinem Song „Europapa“ galt er als ein Favorit des Eurovision Song Contests.Sander Koning/ANP/dpa

Eklat in Malmö: Erstmals in der Geschichte des Eurovision Song Contest (ESC) ist ein Teilnehmer vom laufenden Wettbewerb ausgeschlossen worden. Wenige Stunden vor dem Finale am Samstag verkündete die Europäische Rundfunkunion EBU das Aus für den Niederländer Joost Klein. Und es gibt noch eine Änderung in letzter Minute.

Grund ist die Beschwerde einer Frau aus einem TV-Produktionsteam nach einem nicht näher benannten „Vorfall“ am Donnerstag. Der Ausschluss soll nichts mit Kleins Verhalten gegenüber der israelischen Starterin Eden Golan zu tun haben.

Laut einem Bericht des schwedischen Senders SVT soll es hinter den Kulissen des ESC  zu einer Art körperlichen Auseinandersetzung gekommen sein. Auch die schwedische Zeitung „Aftonbladet“ berichtet von einem „Gewalt-Vorfall“ mit Klein und einer Produktionsmitarbeiterin. Angeblich soll Klein zudem geplant haben, auf der Bühne ein politisches Statement abzugeben. Die EBU habe dies in letzter Minute verhindert. Solche Statements sind den Künstlern verboten.

Die schwedische Polizei hat Ermittlungen gegen Joost Klein aufgenommen

Die schwedische Polizei und die EBU bestätigten am Samstagnachmittag, dass eine Frau aus dem Produktionsteam eine Beschwerde gegen den Niederländer bei den Behörden eingelegt habe. Die EBU erklärte, solange die polizeiliche Aufarbeitung des Falls laufe, wäre es nicht angemessen, dass Klein am Wettbewerb teilnehmen dürfe.

Der Sprecher der Polizei von Malmö, Pelle Vamstad, sagte zu den Vorwürfen gegen Klein, „die Polizei ermittelt wegen Einschüchterung. Die Straftat wurde am Donnerstagabend in der Malmö-Arena begangen.“ Der Verdächtige sei angehört worden. „Er befindet sich nicht in Haft.“

In der Erklärung der ESC-Veranstalter heißt es: „Wir pflegen eine Null-Toleranz-Politik gegenüber unangemessenem Verhalten bei unserer Veranstaltung und verpflichten uns, allen Mitarbeitern des Wettbewerbs ein sicheres Arbeitsumfeld zu bieten.“ Vor diesem Hintergrund gelte das Verhalten von Joost Klein gegenüber einem Teammitglied als Verstoß gegen die Wettbewerbsregeln.

Bei dem Zwischenfall ging es offenbar um unerwünschte TV-Aufnahmen

Am Samstagabend wurde bekannt, dass es bei dem Vorfall offenbar um von Klein unerwünschte TV-Aufnahmen ging. Dies erklärte der niederländische TV-Sender Avrotros. „Entgegen klar getroffener Absprachen wurde Joost gefilmt, als er gerade von der Bühne kam und in den Greenroom eilen musste“, teilte Avrotros am Samstag mit. „In diesem Moment gab Joost wiederholt zu verstehen, dass er nicht gefilmt werden wolle. Dies wurde nicht beherzigt. Dies führte dazu, dass Joost eine bedrohliche Bewegung in Richtung der Kamera machte. Dabei hat Joost die Kamerafrau nicht berührt.“

Der Vorfall wurde dennoch zur Anzeige gebracht, woraufhin die Polizei eine Untersuchung einleitete. Am Samstag wurde bekannt gegeben, dass Klein nicht zum Finale am Samstagabend antreten darf. „Avrotros findet die Maßnahme sehr hart und unverhältnismäßig. Wir stehen für gute Umgangsformen, damit es keine Missverständnisse gibt, aber eine Maßnahme zum Ausschluss ist in unseren Augen unverhältnismäßig zu diesem Vorfall“, erklärte der Sender und sagte, er sei „sehr enttäuscht und bestürzt“, auch für die Millionen von Fans. „Was Joost den Niederlanden und Europa gebracht hat, hätte nicht so enden dürfen.“

Rapper Joost Klein sorgt für Unruhe.
Rapper Joost Klein sorgt für Unruhe.Jens Büttner/dpa

Die EBU widersprach zuvor Berichten und Spekulationen in Onlinediensten, wonach an dem nicht näher benannten Vorfall ein anderer Künstler oder ein Delegationsmitglied beteiligt war. Insbesondere gab es Spekulationen, Kleins Verhalten gegenüber Israels Starterin nach dem zweiten Halbfinale könnte der Grund der Untersuchung sein. Er hatte sich bei ihrer Befragung auf der Pressekonferenz die niederländische Flagge über den Kopf gezogen und dazwischen geredet, was als respektlos und als Ausdruck seiner Kritik an Israel gewertet wurde.

Eden Golan aus Israel gehört inzwischen zum Favoritenkreis.
Eden Golan aus Israel gehört inzwischen zum Favoritenkreis.Andreas Hillergren/Imago

Umgang mit Israel ist ein bestimmendes Thema des Musikwettbewerbs

Der Umgang mit Israel ist ein bestimmendes Thema des Musikwettbewerbs in diesem Jahr. In Malmö nahmen in den vergangenen Tagen tausende Menschen an pro-palästinensischen Demonstrationen teil und forderten, Israel wegen seines militärischen Vorgehens im Gazastreifen vom ESC auszuschließen.

Die Israelin Eden Golan (20) qualifizierte sich aber ungeachtet der Proteste souverän für das Finale. Sie wird von den Buchmachern inzwischen hinter dem Kroaten Baby Lasagna als Favoritin auf den Sieg im ESC-Finale gesehen. 

In dem am Samstagabend um 21 Uhr (ARD) beginnenden Finale treten nach dem Ausschluss der Niederlande nun noch 25 Länder an. Darunter ist auch Deutschland mit seinem Sänger Isaak auf Startposition 3. Der Startplatz 5, auf dem der disqualifizierte Joost Klein vorgesehen war, soll leer bleiben. Für ihn können die Zuschauer auch nicht per Telefon abstimmen, heißt es. In den Wettbüros wurde Isaak auch nach dem Rauswurf des Favoriten aus den Niederlanden auf Platz 20 gesehen. Der KURIER zeigt Joost Kleins Auftritt im zweiten ESC-Halbfinale im Video!

Der ESC findet Samstagabend statt und gilt als größter Musikwettbewerb der Welt. Die diesjährige Ausgabe wird überschattet vom Krieg im Gaza-Streifen – und von Protesten gegen Israel.

Palästina-Sympathisanten protestieren in Malmö gegen die Teilnahme Israels am Finale des ESC.
Palästina-Sympathisanten protestieren in Malmö gegen die Teilnahme Israels am Finale des ESC.Jens Büttner/dpa

Norwegens Punkte-Ansagerin Alessandra Mele tritt wegen Gaza-Krieg zurück

Wenige Stunden vor dem Finale des Eurovision Song Contest hat die norwegische Punkte-Ansagerin einen Rückzieher gemacht. Die Sängerin Alessandra Mele begründete den Schritt am Samstag in einem Video bei Instagram mit dem israelischen Vorgehen im Gazastreifen. „Derzeit findet ein Genozid statt“, erklärte die 21-Jährige und rief dazu auf, sich von „Liebe zur Wahrheit“ führen zu lassen.

Das ESC-Motto „United by Music“ (Deutsch: Vereint durch Musik) stimme mit ihrer Motivation, Musik zu machen, überein, sagte Mele. „Aber derzeit sind diese Worte nur leere Worte.“ Die Sängerin, die auch italienische Wurzeln hat, hatte voriges Jahr „mit Queen of Kings“ für Norwegen den fünften Platz beim ESC erreicht. Für Mele soll die Moderatorin Ingvild Helljesen vom Sender NRK einspringen.

Mehrere Kandidaten sollen Generalprobe der Flaggenparade geschwänzt haben

Wie die niederländische Zeitung „De Telegraaf“ berichtet, haben die Künstler aus Irland, Griechenland und der Schweiz nicht an der Generalprobe der Flaggenparade teilgenommen. Über die Beweggründe von Griechenlands Sängerin Marina Satti und dem Schweizer Act Nemo ist bislang nichts bekannt. Bambie Thug, die für Irland antritt, hatte zuvor in einem Interview gefordert, dass Israel vom ESC ausgeschlossen werden sollte.

Das Erste (ARD) und der Spartensender One übertragen das Spektakel seit 21.00 Uhr live. Zuschauerinnen und Zuschauer können per Anruf, SMS und mit einer App (mit)abstimmen. Die Siegerin oder der Sieger wird erst gegen 1 Uhr Sonntagfrüh feststehen.