Im KURIER-Interview

Ruth Moschner zeigt User an: „Ich finde das so furchtbar!“

Ruth Moschner hat im Interview mit dem Berliner KURIER eine klare Haltung, was Hate-Kommentare im Internet und die aktuelle Diskussion um den ESC betrifft.

Author - Julia Nothacker
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Ruth Moschner beim Event „Der begehbare Kühlschrank“ in der Mall of Berlin.
Ruth Moschner beim Event „Der begehbare Kühlschrank“ in der Mall of Berlin.N. Kubelka/Future Image/Imago

Eigentlich soll es an diesem Donnerstag (22. Mai) in der Mall of Berlin um Milch gehen, doch plötzlich spricht Moderatorin Ruth Moschner (49) mit uns über wichtige Themen wie Hass im Netz und die Debatte um Israel beim ESC.

Ruth Moschner: Lieber Fett als Zucker

Noch bis zum 24. Mai können sich Besucher im „Begehbaren Kühlschrank“ der Initiative Milch über verschiedene Milchprodukte informieren. Ruth Moschner, die bei der Eröffnung neben Schauspielerin Mirja du Mont und TV-Köchin Felicitas Then vor Ort ist, bezeichnet sich selbst als „Allesesserin, die sich nichts verbieten will“. Die Moderatorin könnte lieber auf Zucker verzichten als auf Fett, sagt sie, und stellt lachend klar: „Ich würde niemals einen Magermilchjoghurt kaufen.“

Doch so leicht und locker an diesem Tag über Milch gesprochen wird, so schwer und anstrengend kann die Debatte über das Thema vor allem im Netz werden. „Team Milchprodukte“ gegen „Team Milch-Alternativen“ heißt es dort. Ruth Moschner findet das schade: „Ernährung hat so ein bisschen die Religionsdebatte abgelöst, jeder guckt auf den Teller des anderen. Ich finde diesen Dogmatismus ganz furchtbar. Ernährung ist immer individuell und ändert sich auch im Laufe des Lebens mehrfach. Man muss sich an seinen Alltag anpassen: ‚Was brauche ich mehr, was weniger? Wo sind meine Bedürfnisse?‘ Und es muss natürlich auch schmecken.“

Anzeige gegen Hater nach RTL-Auftritt

Diskussionen und negative Kommentare im Netz kennt Ruth Moschner, die sich gegen Rechtsextremismus, Antisemitismus und die AfD stark macht, leider nur all zu gut. Nach einem Auftritt in der RTL-Politsendung „Das Quadrell – Wer war am besten?“ im vergangenen Februar wurde die 49-Jährige, die selbst jüdische Wurzeln hat, heftig angefeindet, weil sie es in Frage stellte, ob Alice Weidel bei RTL eine Bühne geboten werden sollte:
„So ist das einfach, wenn man in der Öffentlichkeit steht, das bin ich gewohnt. Zum Glück bin ich da reingewachsen. Ich finde es grundsätzlich wichtig, gegen jede Art von Ismen laut zu werden. Wir sind eine Gesellschaft, die die letzten Jahre vor großen Herausforderungen gestanden hat. Wir haben eine Pandemie erlebt und Kriege direkt vor der Haustür, die natürlich auch diskutiert werden müssen. Das, was wir ein bisschen verlernt haben – auch durch Social Media, weil wir dort die direkte Gegenrede nicht mehr gewohnt sind – ist der Meinungsaustausch. Hass ist keine Meinung. Aber ich habe auch in meinem Freundeskreis Freunde, die anders wählen als ich. Ich finde die Debatte wahnsinnig spannend.“

Diskutieren, aber nicht anfeinden – das ist Ruth Moschner wichtig. Und deswegen leitete sie gegen einige Hater mit den schlimmsten Kommentaren rechtliche Schritte ein. Noch gibt es diesbezüglich kein Ergebnis:
„Man stellt sich das so vor, dass man eine Anzeige macht und zwei Wochen später hat man das Ergebnis. Aber das dauert meistens ein- bis eineinhalb Jahre. Es müssen erstmal die Absender ermittelt werden, da besteht auch noch eine große Lücke, was die Verfolgbarkeit angeht. In Bezug auf digitale Strafbarkeiten fehlen in Deutschland auch noch die Gesetze. Man muss das trotzdem in die Öffentlichkeit bringen. Ich rate jeder Person, die mit Hass oder Mobbing im Netz konfrontiert wird, das zur Anzeige zu bringen. Auch wenn es am Ende vielleicht nicht zum Ergebnis führt, es sorgt für eine Sichtbarkeit. Nichtdestotrotz dürfen wir nicht vergessen, analog miteinander zu diskutieren und uns nicht zu beschimpfen. Das, was man in den Nachrichten mitbekommt, ist, dass sich Leute gegenseitig erschießen, anstatt miteinander in den Dialog zu gehen. Ich finde diese Entwicklung so furchtbar. Wir sind in einem sicheren Land und in einer komfortablen Situation. Wenn wir es hier nicht schaffen, wie sollen das Menschen schaffen, die gerade in Gebieten sind, wo einem die Kugeln um die Ohren fliegen? Wir müssen auch Vorbild sein.“

Die Debatte um Israel und den ESC

Eine wichtiger Appell von Ruth Moschner, die auch die aktuelle Debatte um den Eurovision Song Contest sehr bewegt. Die israelische Sängerin Yuval Raphael erhielt mit ihrem Song „New Day Will Rise“ beim Finale die meisten Punkte im Zuschauer-Voting und landete deswegen auf Platz zwei in der Gesamtwertung. ESC-Sieger JJ kritisierte hinterher, dass Israel überhaupt am Wettbewerb teilnehmen dürfe, weil die Wahl zu sehr von der aktuellen Situation im Gazastreifen beeinflusst werde. Hinterher ruderte JJ wieder zurück und entschuldigte sich für seine Aussagen, für die er viel Kritik bekam.

Yuval Raphael bei ihrem Auftritt beim ESC.
Yuval Raphael bei ihrem Auftritt beim ESC.TT/Imago

Auch Ruth Moschner hat die Debatte verfolgt und findet es schwierig, dass vor allem Sängerin Yuval Raphael dabei in den Fokus gerät: „Die einen sagen, man müsste die Jury-Wertung wieder abschaffen, weil Israel ja laut Zuschauer-Voting gewonnen hätte, die anderen sagen, Israel hätte gar nicht antreten dürfen und das Zuschauer-Voting sei gefaked gewesen. Ich war selber nicht vor Ort, deswegen finde ich das schwierig. Das, was mich immer traurig macht – bei all diesen Debatten –, dass es immer auf den Kandidaten und Kandidatinnen ausgetragen wird. Sie (Yuval Raphael) ist eine Überlebende eines furchtbaren Massakers. Die Leute, die entschieden haben, dass Israel antritt, sind fein raus. Die Frau kann nichts dafür, sie hat Furchtbares durchgemacht. Einzelpersonen vorzuführen, finde ich ganz schwierig. Und ich finde es wahnsinnig ungerecht, dass sie für etwas verantwortlich gemacht wird, was schon viele Personen versucht haben, zu lösen, aber leider daran gescheitert sind.“