Eigentlich könnte man meinen, Frans Zimmer (38) – besser bekannt als der DJ Alle Farben – sei in Hamburg zu Hause. Passend zum Thema erscheint der Musikproduzent auf dem Festival Cruise der „Aidaprima“ in einem Pullover im maritimen Stil. Schon zum dritten Mal legt Alle Farben auf der „Aida“ auf, insgesamt ist es bereits sein zehnter Job auf Kreuzfahrt. „Mein Vater war Seefahrer, Schiffskoch“, erzählt er den Journalisten bei einem Medienevent. Doch wer sich näher mit dem DJ beschäftigt, weiß, Alle Farben ist gebürtiger Berliner und wohnt auch heute noch in der Hauptstadt. Dem Berliner KURIER verrät er, warum.

Bei Alle Farben fängt der frühe Vogel den Wurm
„Das ist ein Trugschluss“, sagt Alle Farben, als wir ihn darauf ansprechen, dass er als DJ vorübergehend nachts arbeitet. „Ich spiele wenig in Clubs, fast nur noch auf Festivals – und die sind oft um 0 Uhr vorbei. Meistens spiele ich zwischen 9 und 11 Uhr. Ich bin darüber auch sehr glücklich. Die meiste Zeit meiner Karriere habe ich in Clubs verbracht und das möchte ich heute nicht mehr. Ich stehe jeden Morgen um 4.30 Uhr auf und genieße die Zeit, in der es noch ruhig ist. Niemand ruft einen an, niemand schreibt einem, niemand erwarte etwas. Ich wohne im fünften Stock, das heißt, ich sehe morgens den Sonnenaufgang.“

Wer noch nie bei einem seiner Auftritte war, könnte denken, der DJ steht nur am Pult, schiebt an den Reglern und wirft ab und zu die Arme in die Luft. Dass sich DJs aber grundsätzlich weniger bewegen würden als ihre Pop- und HipHop-Kollegen, scheint ebenfalls ein Missverständnis zu sein. „Auf einer großen Bühne legt man schon viel Strecke zurück. Ich komme auf 10.000 Schritte pro Auftritt. Trotzdem mache ich sehr viel Sport, fünfmal die Woche“, klärt Alle Farben auf.

Wie Berlin-Kreuzberg den Erfolgs-DJ erdet
Der 38-Jährige wuchs in Berlin-Kreuzberg auf und hat auch nicht vor, das Viertel zu verlassen. „Man trifft mich im Kiez, auch mal im Berghain. Für mich war Berlin ausschlaggebend dafür, dass ich mit der Musik angefangen habe. Mein Nachbar war DJ, ich habe mir damals seine aussortierten Platten mit House-Musik genommen und war sofort total begeistert.“ Für Alle Farben ist Berlin perfekt, um das zu tun, was er liebt. „Für die Kreativität, die Arbeit, den ganzen Entstehungsprozess ist Berlin die beste Stadt in Deutschland. Alle Künstler wollen nach Berlin. Das heißt, man kann dort gut mit anderen zusammenarbeiten. Zwei der drei großen Labels sind in Berlin. Das sind alles Punkte, die wichtig sind.“
Tatsächlich erdet Kreuzberg Frans Zimmer alias Alle Farben sogar. „Alle im Haus wissen, wer ich bin und was ich beruflich mache, aber es ist allen mehr oder weniger egal. Man unterhält sich ganz normal mit den Nachbarn. Ich habe das Gefühl, in Berlin sind die Menschen etwas abgestumpfter, da interessiert es eigentlich keinen, wer ich bin. Wenn ich in einer anderen Stadt bin, ist das eine ganz andere Geschichte. Laufe ich zum Beispiel durch die Innenstadt von München, kann ich mir sicher sein, dass jede Menge Leute auf mich zukommen und Fotos machen wollen. In Berlin kann ich den ganzen Tag auf der Straße verbringen und mache vielleicht ein Foto.“
Und obwohl der Musiker Berlin nicht verlassen will, sieht er einige Entwicklungen in der Hauptstadt kritisch. „Es war abzusehen, dass sich so viel verändern würde. Dass es mit der Wohnungsnot so schnell geht, ist natürlich für viele Einwohner nicht schön. Es gibt zwar Projekte für Menschen, die nicht viel Geld haben, sodass der Multikulturalismus erhalten bleibt. Ich empfinde es aber als sehr negativ für die Kunst, und dass der Kreativität durch diese Probleme Grenzen gesetzt werden.“
Frans’ zweite Heimat ist übrigens Thailand, wo er gerne die Wintermonate überbrückt. „Ich liebe Thailand wegen der vielfältigen ostasiatischen Küche, der Möglichkeit, dem kalten Berliner Winter zu entfliehen, und der Gelegenheit, einfach mal abzuschalten. Das warme Klima und die entspannte Lebensweise bieten den perfekten Ausgleich, um wieder aufgetankt in die Saison zurückzukehren.“ Dorthin auszuwandern, kam für den Kreuzberger aber bisher nicht infrage – gut für die Stadt Berlin, die den DJ gerne noch weiter behalten möchte. ■