Zuschauer entsetzt

Eklat um „Amore unter Palmen“: „Warum unterstützt ihr diesen Betrug?“

Das neue Sat.1.-Format „Amore unter Palmen“ wird im Netz viel diskutiert: Handelt es sich um echte Liebe oder Love Scamming?

Author - Julia Nothacker
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Silvia hat sich in Sam aus Gambia verliebt, die beiden sind sogar verheiratet.
Silvia hat sich in Sam aus Gambia verliebt, die beiden sind sogar verheiratet.Joyn

„Amore unter Palmen“ – ein neues Sat.1-Doku-Format, das aktuell für Furore sorgt. Begleitet werden sieben Frauen und Männer, die im Ausland die große Liebe suchen oder glauben, sie schon gefunden zu haben. Doch die Zuschauer zweifeln: Ist das, was uns Sat.1 hier als romantisch verkauft, in Wirklichkeit Love Scamming?

„Amore unter Palmen“ – Romantik pur oder Liebesbetrug?

Bei Love oder Romance Scamming (Liebesbetrug) handelt es sich um eine moderne Version des Heiratsschwindels. Betrüger bauen online meistens mit Fake-Profilen intensive Beziehungen zu ihren Opfern auf, um sie dann finanziell auszunehmen. Ein weiteres Ziel außer Geld kann auch die Aufenthaltserlaubnis für Deutschland sein.

Zugegeben, so ganz eindeutig sind die Beziehungen bei „Amore unter Palmen“ zwischen den liebeshungrigen Deutschen, die nach Afrika, Südamerika oder Asien reisen, um ihren (potenziellen) Partnern und Partnerinnen endlich nahe zu sein, nicht. Im Gegensatz zum klassischen Online-Betrug verbergen sich hier keine falschen Persönlichkeiten hinter den Profilen, sondern echte Menschen. Die Paare treffen sich wirklich, haben über Monate hinweg miteinander kommuniziert und scheinbar wirkliche Gefühle aufgebaut. Und: In den ersten beiden Folgen wurde noch kein einziges Mal über Geld gesprochen. Das sind alles Zeichen dafür, dass die Beziehungen bei „Amore unter Palmen“ doch echt sein könnten.

Begleitet wird zum Beispiel die 56-jährige Silvia aus Baden-Württemberg, die schon seit zwei Jahren mit dem 40-jährigen Sam (40) aus Banjul in Gambia verheiratet ist, ihn aber seit fast einem Jahr nicht mehr gesehen hat. Mit Herzchen in den Augen schwärmt Silvia von ihrem Seelenverwandten Sam: „Es war so, als würde man sich schon ewig kennen. Das erste Mal, als ich ihn in den Armen hatte, hatte ich wirklich das Gefühl, jetzt bin ich angekommen.“ Und auch Sam wird in seiner Heimat zu seinen Gefühlen befragt: „Ich kann gar nicht beschreiben, wie sehr ich sie liebe. Und sie liebt mich genauso sehr, wie ich sie liebe.“

Als Silvia endlich mit ihrem Sohn in Gambia ankommt, fallen sie und Sam sich innig in die Arme und weinen vor Glück. Kann das alles gespielt sein? Allmählich fühlt man als Zuschauer bei Silvia und Sam mit und bekommt tatsächlich den Eindruck, dass diese Liebe kein Betrug sein könnte. Als Silvia und Sam in Folge zwei essen gehen, bezahlt sogar er die Rechnung.

Einen Beigeschmack hat diese Geschichte aber trotzdem – etwa dann, als Silvia ihren Sam dazu auffordert, sie zu küssen und zu ihr in den Pool zu kommen. Seinen Widerwillen deutet sie als Schüchternheit. Dann sagt Sam etwas, was an seinen Absichten zweifeln lässt: Er möchte nach Deutschland kommen und dort arbeiten. Also doch alles Betrug? Laut Sam nicht. Sein Plan sei es, Geld für ein Haus in Gambia zu sparen, wo er dann mit Silvia leben will. „Silvia ist für Sam kein One Way Ticket nach Deutschland“, sagt der Off-Sprecher.

Sam und Silvia wollen zusammen in Gambia leben.
Sam und Silvia wollen zusammen in Gambia leben.Joyn

Hochzeit, Kinder und ein Leben in Deutschland?

Für noch mehr Diskussionsbedarf sorgt die anbandelnde Beziehung von Claudia und Rolence aus Tansania. Vor allem deswegen, weil Rolence bereits bei der österreichischen Version von „Amore unter Palmen“ dabei war. Nachdem es dort nicht mit einer europäischen Ehefrau geklappt hat, scheint der 37-Jährige jetzt sein Glück bei der gleichaltrigen Claudia aus Hannover versuchen zu wollen. Ziemlich schnell macht er ihr klar, eine Hochzeit und gemeinsame Kinder zu wollen – und das, obwohl die beiden sich bei Claudias Besuch zum ersten Mal begegnen und noch nicht einmal ein richtiges Paar sind. Außerdem scheint auch Rolence den Plan zu verfolgen, schon bald nach Deutschland zu reisen.

Rolence hat Claudia schon kurz nach der Ankunft in Tansania fest im Griff.
Rolence hat Claudia schon kurz nach der Ankunft in Tansania fest im Griff.Joyn

Viele Zuschauer glauben zumindest nicht daran, dass diese Beziehungen echt und von Dauer sind, wie Kommentare im Netz zeigen:
„Ich finde das mehr als fragwürdig, sowas zu unterstützen. So viele Frauen fallen drauf rein. Wahre Liebe? Als ob.“
„Na klar, jetzt bietet man Scammern auch noch eine öffentliche Bühne!“
„Das schreit doch nach Betrug. Nie im Leben ist das ehrliche Liebe“
„Ist das eigentlich eine Comedy Sendung? Ihr glaubt doch nicht wirklich, dass seitens (mancher) der Männer Liebe im Spiel ist? Warum unterstützt ihr diesen Scam, bitte?“

Sat.1 reagierte bereits auf die Kritik und schrieb als Antwort auf den letzten Kommentar: „Es tut uns leid, dass du die Sendung als ‚Scam‘ empfindest. Wir glauben, dass Liebe und Beziehungen komplex sind und viele Formen annehmen können. Wir zeigen die Erfahrungen der Teilnehmer und überlassen es dem Publikum, zu urteilen.“

Selbst wenn man versucht, die Beziehungen von Silvia, Claudia und den anderen „Amore unter Palmen“-Protagonisten ernst zu nehmen, so ganz gelingt einem das als Zuschauer nicht. Man wird trotz großer Liebesbekundungen den Eindruck nicht los, dass die meist afrikanischen Männer noch ganz andere Ziele verfolgen als die deutschen Frauen. Sat.1 verzichtet aber leider darauf, die Absichten von Sam, Rolence und Co. zumindest in Frage zu stellen und darauf hinzuweisen, dass auch diese Fälle, in denen es sich nicht auf den ersten Blick um Betrug handelt, kritisch zu betrachten sind.