Ratgeber Recht

Streik im Nahverkehr: Darf mein Chef mir kündigen, wenn ich zu spät komme?

Grundsätzlich gilt Unpünktlichkeit im Job als Pflichtverletzung, dies kann zu einer Abmahnung führen. Das sollten Sie deshalb beachten...

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Schilder mit der Aufschrift „Warnstreik“ stehen vor dem Berliner BVG-Busdepot.
Schilder mit der Aufschrift „Warnstreik“ stehen vor dem Berliner BVG-Busdepot.Rechte Malin Wunderlich/dpa

In Berlin ging es am Mittwoch wieder los. Zum dritten Mal in diesem Jahr streiken in der Hauptstadt die öffentlichen Verkehrsbetriebe, auch am Donnerstag stehen Busse und Bahnen noch still. Viele weichen da auf ihr Auto und Fahrrad aus. Doch auch auf den Straßen droht Chaos. Da fragen sich viele: Komme ich pünktlich zur Arbeit? Und was passiert, wenn ich nicht rechtzeitig da bin. Kann mein Chef mir dann kündigen?

Wer in der Regel immer mit den Öffis zur Arbeit oder Schule kommt, muss an Streiktagen umplanen. So wie diese Woche die Berliner. Die Gewerkschaft Verdi hat zum dritten Mal in diesem Jahr zum Streik im Nahverkehr aufgerufen. Die betroffenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer müssen aber trotzdem zur Arbeit – und das auch noch pünktlich. Denn solch ein Streik ist keine Entschuldigung für ein Zuspätkommen.

Unpünktlichkeit wird grundsätzlich als Pflichtverletzung angesehen und kann eine Abmahnung nach sich ziehen. Wiederholte Abmahnungen können gemäß Arbeitsrecht sogar zur Kündigung führen. Zudem drohen Lohnkürzungen, da für die versäumte Arbeitszeit kein Gehalt gezahlt wird, erklärt Nathalie Oberthür, Fachanwältin für Arbeitsrecht, im Gespräch mit dem Nachrichtenmagazin Der Spiegel. Wer aufgrund von Verspätungen höhere Fahrtkosten hat, etwa weil er auf das Auto umsteigen muss, trägt diese zusätzlichen Ausgaben selbst.

Wichtigste Frage: War der Streik vorhersehbar?

Grundsätzlich ist aber eine Sache entscheidend: War der Streik vorhersehbar, also wurde er vorab angekündigt? Die bevorstehenden Streiktage wurden bereits zu Beginn der Woche bekannt gegeben, sodass Beschäftigte sich darauf einstellen konnten. Alternativen wie das Auto oder Fahrrad standen somit zur Verfügung. Falls eine Homeoffice-Regelung besteht, könnte zudem geklärt werden, ob das Arbeiten von zu Hause aus eine Option ist.

Sollten Sie dennoch zu spät kommen, kann der Arbeitgeber nicht verlangen, dass die versäumte Zeit nachgeholt wird. Die Arbeitszeit ist in der Regel fest geregelt und kann nicht einfach verlängert werden – es sei denn, es gelten flexible Modelle wie Gleitzeit oder Vertrauensarbeitszeit, berichtet der Spiegel weiter.

Und was ist mit Schulunterricht?

Ein Streik betrifft nicht nur Berufstätige, sondern auch Kinder, etwa Schüler mit einem langen Schulweg. Fällt der Schulbus aus und das Kind kann nicht zur Schule kommen, ist das jedoch keine automatische Entschuldigung. „Der Streik im Nahverkehr ändert nichts an der Schulpflicht“, erklärt Wilhelm Achelpöhler, Anwalt für Verwaltungsrecht, dem Spiegel. Zwar dürfte ein einzelner Fehltag in der Regel kein großes Problem für den Schulträger darstellen, so der Jurist. „Aber streng genommen handelt es sich um eine Ordnungswidrigkeit, für die theoretisch ein Bußgeld verhängt werden könnte. Das ist eine Ermessenssache.“

Ein Streik stellt Eltern vor die doppelte Herausforderung, sowohl selbst pünktlich zur Arbeit zu kommen als auch ihre Kinder rechtzeitig zur Schule zu bringen. Manche Schulen organisieren in solchen Fällen Sammeltaxis, während Eltern alternativ Fahrgemeinschaften bilden können.