Barcelona, Valencia und Co.

Proteste gegen Touristen: Was erwartet mich als Urlauber in Spanien?

In Spanien sind Einheimische zunehmend genervt von den Massen an Touristen. Einige Städte ergreifen nun Maßnahmen gegen den „Overtourism“. 

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Eindeutige Botschaft! Ein an eine Wand im Künstlerviertel Vila de Gràcia in Barcelona gesprühter Schriftzug „Tourists Go Home“.
Eindeutige Botschaft! Ein an eine Wand im Künstlerviertel Vila de Gràcia in Barcelona gesprühter Schriftzug „Tourists Go Home“.dpa

„Go home!“ ist in Spanien in einigen Touristen-Orten in Spanien an Mauern gesprüht. Die Einheimischen sind genervt von den Heerscharen an Urlaubern, die Gedränge und Lärm verursachen. Für Frust sorgt auch die Verwandlungen von Apartments in touristische Quartiere, in manchen Orten wird es für spanische Bürger immer schwerer, bezahlbaren Wohnraum zu finden. 

Doch für viele spanischen Städte ist der Tourismus ein äußerst wichtiger wirtschaftlicher Faktor. Auf den Profit will und kann man nicht verzichten. Nun wird versucht, den Fremdenverkehr im Interesse der Einheimischen etwas zu regulieren. Hier fünf Beispiele, wie Spaniens Städte dem Overtourism Herr werden wollen. 

San Sebastián: geteilte Gruppen, verbannte Megafone

25 Teilnehmer pro Gruppe. Diese Grenze gilt nun bei geführten Stadtrundgängen in San Sebastián, um die Zuströme zu kanalisieren. Veranstalter, die Besuchermassen umherführen, sind gezwungen, die Gruppen zu teilen und mehr als einen lizenzierten Fremdenführer unter Vertrag zu nehmen. Die Mehrkosten dürften die Reisen verteuern.

Die Benutzung von Ohrhörern ist obligatorisch, Führungen mit Megafon sind untersagt. Zudem muss jeder Guide ein ausgefülltes Besuchsformular bei sich haben. Zuwiderhandlungen kosten bis zu 1500 Euro Strafe. Info: www.sansebastianholidays.com/de

Valencia: Gruppenlimits, weniger Mega-Kreuzfahrtschiffe

Auch in der ostspanischen Großstadt am Mittelmeer greifen Gruppenlimits, obgleich die Maßnahme laut der offiziellen Guide-Vereinigung noch kein Gesetz ist und Regelverstöße bislang nicht geahndet werden: maximal 25 Personen in der Stadt, 20 im historischen Zentrum. Die Guides sollen ihre Routen besser miteinander abzustimmen, um nicht an denselben Sammelpunkten wie in der Markthalle zusammenzutreffen.

Vor allem Mega-Kreuzfahrtschiffe sind ein Dorn im Auge. Deren Ankünfte sollen nach den Worten von Valencias Bürgermeisterin María José Catalá ab 2026 stark eingeschränkt werden. „Die schwimmenden Städte sind schlecht“, so Catalá. Sie entsprächen nicht dem touristischen Modell, auf das die Stadt setze. Von einer kompletten Verbannung der Riesen ist allerdings keine Rede. Und konkrete Zahlen zur Beschneidung des Kreuzfahrttourismus wurden auch bisher nicht genannt. Info: www.visitvalencia.com/de

Barcelona: Regelung der Touristenströme

Wie bei allen Sehenswürdigkeiten in Barcelona ist der Andrang der Touristen auch im Park Güell groß. Eintrittskarten gibt es deshalb nur noch online.
Wie bei allen Sehenswürdigkeiten in Barcelona ist der Andrang der Touristen auch im Park Güell groß. Eintrittskarten gibt es deshalb nur noch online.dpa

Unter dem Zulauf des Kreuzfahrttourismus stöhnt gleichermaßen die Hauptstadt Kataloniens im Nordosten. Im vergangenen Jahr machten 3,6 Millionen Passagiere Station, mitunter nur für wenige Stunden.

„Wir kommen ans Limit. Es ist offensichtlich, dass die Stadt nicht jährliche Steigerungen von acht Prozent verkraften kann“, äußerte unlängst Barcelonas Bürgermeister Jaume Collboni. Er plädiert in Zukunft für eine Begrenzung der Kreuzfahrtschiffe und – „falls es nötig wäre“ die Schließung des ein oder anderen Kreuzfahrtterminals.

An alle Besucher richtet sich die im Juni gestartete Kampagne „Barcelona, unser Zuhause. Und eures“, die 400.000 Euro gekostet hat und bis Ende August läuft. Sie appelliert an den Respekt gegenüber den Einwohnern.

Bald soll es, so die katalanische Digitalzeitung „El Nacional.cat“, eine Art Warnsystem geben. So sollen Touristen gewisse Zonen und Attraktionen gar nicht erst aufsuchen können, in denen bereits Überfüllung herrscht. Dazu zählen der Park Güell, dessen Eintrittskarten nur noch online erhältlich sind, und der Markt La Boqueria. Auf Bildschirmen in Kreuzfahrtterminals taucht auf, ob es aktuell noch Eintritte für die Sagrada Família gibt. Info: www.barcelonaturisme.com

Toledo: Gebühr für Tages-Touristen angedacht

Die Altstadt, die Gassen, die historischen Spuren der Mauren und Juden, das Museum des Malers El Greco – die Metropole südlich von Madrid ist eine Klasse für sich, ächzt aber unter dem Zulauf. Im Durchschnitt sieht sich Toledo täglich von einer halben Hundertschaft Touristenbussen überrollt.

Zumeist handelt es sich um Ausflügler, die weder übernachten noch einkaufen oder konsumieren. „Unglücklicherweise hinterlassen sie in vielen Fällen gar nichts für die Stadt“, sagt Bürgermeister Carlos Velázquez Romo. Um „diese Belastung zu kompensieren“, stehe derzeit eine Touristensteuer als Tagesgebühr zur Debatte. Über die Höhe und praktische Umsetzung, diese abzukassieren, ist noch nichts bekannt. Info: turismotoledo.es/de

Santiago de Compostela: Noch kein Konsens zu Maßnahmen

„Tourist go home“ hat irgendjemand auf eine Hauswand nahe dem Stadtpark gepinselt. Doch diese Aufforderung bleibt ebenso unbeachtet wie eine Tafel bei der Kathedrale. In mehreren Sprachen – Galicisch, Spanisch, Englisch – betont sie unter anderem das Recht der Bewohner auf Nachtruhe. Doch die Tafel ist unscheinbar und mit zu viel Text unübersichtlich gestaltet.

Laut Stadtführer Francisco Esteban Palomo sind die Diskussionen um Overtourism in Santiago de Compostela entfacht, aber bei möglichen Maßnahmen gebe es bislang keinen Konsens. Zudem gibt Palomo zu bedenken: „Welchen Sinn würde es machen, wie in San Sebastián, eine Fünfziger-Gruppe in zwei Gruppen von je 25 zu splitten? Das wären nicht weniger.“ Außerdem würden sich die Händler beklagen, wenn er mit seinen Gruppen um bestimmte Gassen einen Bogen machen müsse, um nichts zu blockieren.

In einem Interview mit der Regionalzeitung „La Voz de Galicia“ hat sich Tommi Alvarellos, der Vorsitzende der regionalen Guide-Vereinigung von Galicien, für eine Touristensteuer für Tagesausflügler ausgesprochen.

Was Massenandrang ebenfalls mit sich bringt: Bei der Zwölf-Uhr-Pilgermesse in der Kathedrale sollte man sich mittlerweile mindestens eine Stunde vorher einen Sitzplatz sichern. Info: www.santiagoturismo.com   ■