Heiße Ablenkung

One-Night-Stand gegen Liebeskummer – hilft das?

Es klingt wie die perfekte Lösung: Eine heiße Nacht, und schon ist man über die verflossene Liebe hinweg. Was dabei wirklich im Kopf passiert, erklärt eine Psychologin.

Author - Jana Hollstein
Teilen
Abends jemanden kennengelernt und am nächsten Morgen beschämt verlassen? Auf Dauer ist das für die Psyche nicht gut.
Abends jemanden kennengelernt und am nächsten Morgen beschämt verlassen? Auf Dauer ist das für die Psyche nicht gut.Christin Klose/dpa-tmn

„Die beste Methode, über einen Mann hinwegzukommen, ist es, unter einem anderen zu kommen“ – vielleicht haben Sie so einen (oder einen ähnlichen) Ratschlag schon mal gehört. Meist kommt der gut gemeinte Rat von Freundinnen oder zumindest von Freundinnen in Funk und Fernsehen. Aber ist an der Theorie wirklich was dran? Hilft ein One-Night-Stand oder eine Affäre gegen Liebeskummer oder macht er ihn vielleicht noch schlimmer? Das verrät Stella Schultner, studierte Psychologin und Mitglied im Parship-Expertenteam gegenüber Watson.

Auch der One-Night-Stand braucht klare Regeln

Wer sich durch eine Trennung abgewiesen fühlt, findet auf Dating-Apps oft Selbstbestätigung; wer einsam ist, versucht manchmal, das Gefühl durch die körperliche Nähe eines One-Night-Stands zu übertünchen. Ob das was bringt, komme „sehr stark darauf an, aus welchem inneren Zustand heraus man das tut“, so Schultner. „Wenn man sich emotional stabil fühlt, nicht nach Bestätigung sucht und ganz klar kommuniziert, dass man keine Beziehung will, dann kann auch ein unverbindlicher Kontakt in Ordnung sein“, sagt die Expertin. Zum Problem wird es, wenn das, wie es in solchen Situationen häufig ist, nicht so ist.

In dem Fall kann sich selbst sogar schaden: „Wer sich in diesem Zustand vorschnell in neue körperliche oder halbherzige Verbindungen stürzt, tut das oft nicht aus Freude oder Freiheit, sondern aus einem emotionalen Mangel heraus. Und genau das kann am Ende eher schaden als helfen. Denn was kurzfristig wie Linderung aussieht, kann langfristig schmerzhaft sein.“

Gegen Liebeskummer hilft auf Dauer nur die Zeit.
Gegen Liebeskummer hilft auf Dauer nur die Zeit.Shotshop/imago

Rücksicht auf andere auch beim Sex gegen Liebeskummer

Dazu kommt noch die andere Person, mit der man die Liebschaft hat. Belügt man sich selbst oder die Person, mit der man eigentlich nur einen One-Night-Stand wollte, und munkelt vor, es könnte etwas Echtes werden, wird diese zum Kollateralschaden. Das Wichtigste ist also: Offen und fair sein, damit man nicht jemand anderen verletzt, nur um sich besser zu fühlen. Es ist wichtig, „ehrlich zu sich selbst zu sein und sich zu fragen, ob es einem wirklich gut mit der Situation geht, oder ob man nur versucht, den Schmerz zu verdrängen“, weiß die Expertin aus der Praxis.

Sex gegen Liebeskummer ist übrigens eine Strategie, die laut einer aktuellen Parship-Umfrage deutlich häufiger machen, so Stella Schultner: „Frauen dagegen neigen stärker zur Rückbesinnung und Reflexion“. Empfehlen tut die Therapeutin eher letzteres. „Langfristig, so zeigen auch meine Coaching-Erfahrungen, hilft es viel mehr, sich selbst Raum für den Verarbeitungsprozess zu geben, statt sofort in etwas Neues zu flüchten“, mahnt sie. Das gelte auch, „wenn das Neue nur körperlich ist.“

Sex ist eben keine Wunderwaffe, die Trauer magisch verkürzen kann – egal, wie heiß er ist. „Heilung braucht Zeit“, rät Schultner. „Und die Entscheidung, dem ‚eigenen Inneren‘ nicht davonzulaufen.“