Diese Regeln gelten

Darf mir mein Arbeitgeber die Homeoffice-Arbeit wieder verbieten?

Knapp ein Viertel aller Beschäftigten in Deutschland arbeitet inzwischen von zu Hause aus. Nach Darstellung des Münchner Ifo-Instituts hat sich das Homeoffice fest etabliert.

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Nicht mehr jeden Tag ins Büro: Viele Deutsche arbeiten inzwischen im Homeoffice - sofern der Beruf es zulässt.
Nicht mehr jeden Tag ins Büro: Viele Deutsche arbeiten inzwischen im Homeoffice - sofern der Beruf es zulässt.Zacharie Scheurer/dpa

Die Corona-Pandemie hat auch die Arbeitswelt kräftig durcheinandergewirbelt. Viele Beschäftigte sich in den vergangenen fünf Jahren darauf eingestellt, ihre Arbeit teils oder sogar gänzlich im Homeoffice zu erledigen. Manche haben sogar ihren gesamten Alltag darauf ausgerichtet, dass sie selten oder gar keine Fahrtwege haben. Manch Arbeitgeber möchte wieder mehr Kontrolle über seine Mitarbeiter und die Möglichkeit zum Homeoffice zurückdrehen. Ist das so einfach möglich? Die Anwältin Nathalie Oberthür, Vorsitzende des Ausschusses Arbeitsrecht im Deutschen Anwaltverein, beantwortet die wichtigsten Fragen.

Im Jahr 2023 hat knapp ein Viertel (23,5 Prozent) aller Beschäftigten in Deutschland von zu Hause aus gearbeitet. Davon nutzten laut Statistischem Bundesamt 13,2 Prozent täglich oder für mindestens die Hälfte der Arbeitszeit das Homeoffice. Weitere 10 Prozent arbeiteten an weniger als der Hälfte der Arbeitstage von zu Hause aus.

Darf Arbeitgeber Homeoffice-Vereinbarung rückgängig machen?

Wann kann ein Arbeitgeber eine individuelle Homeoffice-Vereinbarung rückgängig machen? Wann und wie oft Beschäftigte im Homeoffice arbeiten dürfen – dazu kann es verschiedene Arten von Vereinbarungen geben. Teils gibt es schriftliche Individualvereinbarungen, zum Teil haben Arbeitgeber die Konditionen zum Homeoffice nur mündlich oder stillschweigend mit den Mitarbeitern vereinbart.

Egal, welche Art von Individualvereinbarung zum Homeoffice vorliegt – sie könne einseitig vom Arbeitgeber nur durch eine Änderungskündigung rückgängig gemacht werden, erklärt Oberthür. Dazu müsse der Arbeitgeber einen Kündigungsgrund haben – etwa die unternehmerische Entscheidung, Homeoffice nicht mehr anzubieten.

Änderungskündigungen sind gesetzlich geregelt: Der Arbeitgeber beendet dabei mittels einseitiger Erklärung das Arbeitsverhältnis und bietet gleichzeitig an, es zu veränderten Bedingungen fortzusetzen.

Häufig enthält eine Homeoffice-Vereinbarung der Fachanwältin zufolge aber auch ein Recht zur eigenständigen Teilkündigung oder zum Widerruf. In einem solchen Fall könne sie einseitig vom Arbeitgeber beendet werden, ohne dass das Arbeitsverhältnis insgesamt betroffen wäre. Keinen Unterschied macht es dabei, ob sich die Möglichkeit zum Homeoffice im Arbeitsvertrag selbst findet oder mittels Zusatzvereinbarung geregelt ist.

Gibt es Fälle, in denen eine einseitige Kündigung der Vereinbarung unzulässig wäre? In Ausnahmefällen kann eine ordentliche Kündigung der Homeoffice-Vereinbarung laut Nathalie Oberthür vertraglich ausgeschlossen werden. Sie wäre dann nur außerordentlich aus wichtigem Grund kündbar.

Und was gilt, wenn es eine Betriebsvereinbarung zum Homeoffice gibt? In dem Fall richte sich der Anspruch auf Homeoffice beziehungsweise dessen Beendigung nach den in der Betriebsvereinbarung festgelegten Bedingungen, so die Arbeitsrechtsexpertin. Betriebsvereinbarungen können ihr zufolge mit einer Frist von drei Monaten jederzeit gekündigt werden – sofern nichts anderes vereinbart ist.

Arbeitgeber muss Regeln beachten

Was gilt, wenn keine Vereinbarungen zum Homeoffice vorliegen? In dem Fall „kann die Arbeitgeberin die Rückkehr ins Büro jederzeit verlangen“, so Oberthür. Dabei müsse allerdings „billiges Ermessen gewahrt werden“. Das heißt, auch die Interessen des betroffenen Mitarbeiters oder der betroffenen Mitarbeiterin müssen angemessene Berücksichtigung finden.

Illustrieren lässt sich das an einem Fall, den das Landesarbeitsgericht Köln (Az. 6 Sa 579/23) verhandelt hat. Ein Arbeitgeber wollte seinen Mitarbeiter, der dauerhaft im Homeoffice tätig war, an einen 500 Kilometer entfernten Unternehmensstandort versetzen und gleichzeitig die Homeoffice-Erlaubnis widerrufen.

Dagegen klagte der Mitarbeiter erfolgreich. Laut Auffassung des Gerichts hatte der Arbeitgeber die Interessen des Klägers bei der Versetzung nicht ausreichend berücksichtigt. Dem Urteil zufolge hat der Kläger ein „erhebliches Bestands- und Ortsinteresse“. Sachliche Interessen des Arbeitgebers, warum eine Versetzung an einen 500 Kilometer entfernten Standort und Präsenzarbeit nötig sei, die die Interessen des Klägers überwiegen, konnte das Gericht nicht erkennen.

Arbeit im Homeoffice hat sich etabliert

Muss der Arbeitgeber nach Aufkündigung von Homeoffice-Vereinbarungen immer genügend Arbeitsplätze für alle Beschäftigten zur Verfügung stellen? Ja, laut Oberthür müsse ein Arbeitgeber, sofern kein Homeoffice beidseitig verbindlich vereinbart ist, die betriebliche Infrastruktur zur Verfügung stellen, die für die Erbringung der Arbeitsleistung erforderlich ist. Dazu gehört eben auch, dass Beschäftigte im Büro einen Arbeitsplatz haben.

Ist es ein Trend, dass Beschäftigte wieder vermehrt im Büro arbeiten müssen? Nach Darstellung des Münchner Ifo-Instituts hat sich die Arbeit aus dem Homeoffice in Deutschland fest etabliert. Fast jeder Vierte arbeitet nach wie vor zumindest teilweise von zu Hause aus. Im Februar 2025 lag der Homeoffice-Anteil sogar schon bei 24,5 Prozent, wie aus einer Umfrage des Instituts hervorgeht.

Die Homeoffice-Quote sei damit seit April 2022 nahezu unverändert. Aus den Daten ergeben sich demnach keine Hinweise, dass das Homeoffice auf dem Rückzug ist. Einzelne Initiativen von Unternehmen, ihre Beschäftigten ins Büro zurückzuholen, lassen sich statistisch nicht als Trend belegen, heißt es.