Das sollten Sie wissen

Darf mein Nachbar einfach auf meinem Grundstück herumlaufen?

Das eigene Grundstück ist ein verfassungsrechtlich geschützter Raum, und niemand darf es ohne Erlaubnis betreten. Doch wie so oft gibt es Ausnahmen.

Author - Michael Heun
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Nur im Ausnahmefall müssen Sie dulden, dass Nachbarn Ihr Grundstück betreten.
Nur im Ausnahmefall müssen Sie dulden, dass Nachbarn Ihr Grundstück betreten.Future Image/Imago

Es ist wohl der Albtraum vieler Grundstücksbesitzer: Der Nachbar marschiert ungeniert über das eigene Grundstück. Aber darf er das wirklich? Grundsätzlich ist die Antwort klar: Nein! Das eigene Grundstück ist ein verfassungsrechtlich geschützter Raum, und niemand darf es ohne Erlaubnis betreten. Doch wie so oft im Leben gibt es Ausnahmen – in diesem Fall nennt sich das Notwegerecht.

Was steckt hinter dem Notwegerecht?

Das Notwegerecht greift, wenn ein Grundstück keinen Zugang zu einer öffentlichen Straße hat und der Besitzer sonst nicht in der Lage wäre, sein Eigentum zu betreten oder zu befahren. Oftmals wird das Wegerecht im Grundbuch festgehalten, aber in manchen Fällen fehlt diese Eintragung. Dann kommt § 917 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) ins Spiel: Er gewährt dem Eigentümer das Recht, unter bestimmten Bedingungen über fremden Boden zu laufen oder zu fahren.

Das Notwegerecht kann auch vorübergehend gelten, etwa wenn durch Bauarbeiten der reguläre Zugang blockiert ist. Wenn es keinen anderen Weg gibt, darf der Nachbar also vorübergehend Ihr Grundstück überqueren – allerdings nicht, ohne dass es strenge Voraussetzungen gibt.

Wann darf der Nachbar Ihr Grundstück nutzen?

Das Notwegerecht ist keine Einladung zur freien Nutzung. Es gilt nur unter speziellen Bedingungen:

Kein Zugang zur Straße: Wenn das Grundstück des Nachbarn keinen Anschluss an eine öffentliche Verkehrsfläche hat oder der vorhandene Weg unpassierbar ist.

Nicht selbst verschuldet: Der Eigentümer darf den Zugang zu seinem Grundstück nicht selbst durch bauliche Maßnahmen verhindert haben.

Rechtlicher Rahmen: Es muss ein berechtigter Grund bestehen, wie etwa eine dauerhafte oder vorübergehende Unmöglichkeit, sein Grundstück anders zu erreichen.

Wichtig: Auch wenn der Nachbar das Notwegerecht beanspruchen kann, sind Sie nicht verpflichtet, dies „kostenlos“ hinzunehmen. Das Gesetz sieht ausdrücklich die Möglichkeit einer Geldrente vor, also einer finanziellen Entschädigung für die Einschränkungen, die Sie als Grundstückseigentümer erleiden.

Wer immer ihr Grundstück betreten will, braucht einen „berechtigten Grund“.
Wer immer ihr Grundstück betreten will, braucht einen „berechtigten Grund“.Ullrich Gnoth/Imago

Was tun, wenn der Nachbar ohne Not über Ihr Grundstück läuft?

Sollte der Nachbar schon längere Zeit unbefugt Ihr Grundstück betreten und dies als „normal“ ansehen, sollten Sie handeln. Der Hinweis auf „Gewohnheitsrecht“ greift hier nicht – niemand darf einfach Ihr Grundstück ohne Ihre ausdrückliche Erlaubnis oder eine rechtliche Grundlage betreten.

Falls eine Lösung im Gespräch nicht möglich ist, bleibt oft nur der Gang vor Gericht, um das Recht eindeutig zu klären. Das Notwegerecht kann zwar nötig sein, muss aber klar geregelt und fair gestaltet werden. ■