Es sind schreckliche Bilder, die derzeit aus China um die Welt gehen: überfüllte Kliniken, leidende Kinder. Es sind erschreckend hohe Zahlen an Lungenentzündungen bei den Jüngsten, die derzeit vor allem im Norden des Landes gemeldet werden. Ist ein neues Killervirus auf dem Vormarsch? Experten geben Antwort.
Wie schlimm ist die Situation mit den Lungenentzündungen in China?
Krankenhäuser sind überlastet. Beunruhigende Bilder aus Notaufnahmen wecken Erinnerungen an den Beginn der Corona-Pandemie. Klar, dass da alle Alarmglocken läuten. Vor allem zwei Gebiete in Nordchina sind betroffen: neben der Hauptstadt Peking auch die nordöstliche Provinz Liaoning.
Aber: Die beiden Gebiete, in denen die Ausbrüche beobachtet wurden, liegen 800 Kilometer voneinander entfernt. „Es ist überhaupt nicht klar, wann dieser Ausbruch begann, da es ungewöhnlich wäre, dass so viele Kinder so schnell betroffen wären“, heißt es von Expertenseite.
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) jedenfalls ist besorgt, rief die chinesische Bevölkerung laut einem Bericht des Focus bereits dazu auf, Maßnahmen zur Verringerung des Risikos zu ergreifen.
Gibt es ein neues Virus, das die Lungenentzündungen bei Kindern auslöst?
Nein! Laut WHO haben chinesische Gesundheitsbehörden keine neuen Krankheitserreger entdeckt. Die Erkrankungen gingen auf mehrere bekannte Atemwegserreger zurück, darunter Rhinoviren, RSV (Respiratorisches Synzytial-Virus) und Mykoplasmen-Infektionen (Mycoplasma pneumoniae), berichteten die chinesischen Behörden der WHO. Dabei handelt es sich um zellwandlose Bakterien, die nur bei Menschen vorkommen und weltweit verbreitet sind. Sie können vor allem bei Kindern und Jugendlichen Tracheobronchitis oder Lungenentzündung auslösen.

Was ist für die hohe Zahl an Lungenentzündungen in China verantwortlich?
Experten führen die vielen Lungenentzündungen auf eine Art Nachholeffekt nach der Corona-Pandemie zurück. Das Immunsystem wurde durch Abstandsregeln und ständiges Masketragen in den letzten Jahren geschwächt. Nun sind die Maßnahmen vorbei, Menschen stecken sich wieder mit altbekannten Viren und Bakterien an.
Aber: „Viren verändern sich ständig. Das sehen wir an der Grippe oder an Sars-CoV-2. Auch harmlosere Erkältungsviren mutieren“, erklärt der Hausarzt Dr. Thomas Aßmann in Bild. „Das heißt für den Körper, dass er sich jetzt mit Erkältungsviren konfrontiert sieht, die sich seit der Zeit vor der Pandemie stark verändert haben.“
Auch der Virologe und ehemalige Leiter des globalen Influenza-Programms der WHO, Klaus Stöhr, versucht zu beruhigen: „Um diese Jahreszeit sind Atemwegsinfektionen ganz normal. In Nordchina ist Winter, in der Nacht soll es dort bis zu -24 Grad kalt werden. Die Infektionswelle rollt an, dann sind Atemwegsinfekte nichts Ungewöhnliches.“
Droht uns in Deutschland auch so ein Effekt?
Auch in Deutschland schnieft und hustet sich die Bevölkerung seit Wochen durch den Herbst. Dass das im Winter besser wird, ist eher unwahrscheinlich. Auch hier gibt es wieder mehr Ansteckungen – auch mit gewöhnlichen Erkältungsviren. Neben den Kindern ist das auch für ältere Menschen ein Problem, deren Immunsystem nicht mehr so stark ist.
Was sagt der Bundesgesundheitsminister?
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) sieht aktuell keine Gefahr für Deutschland. „Zum jetzigen Zeitpunkt gehen wir davon aus, dass es sich um eine saisonale Häufung mit bekannten Erregern handelt, also keine neuen Erreger, keine besondere Gefahr, insbesondere auch keine Gefahr für Europa“, sagte der SPD-Politiker am Freitag auf Nachfrage in Berlin.