Bierflasche an den Kopf!

UPDATE+++Linken-Abgeordnete Akbulut im Zug sexistisch attackiert und verletzt

Rechtsextreme, darunter offenbar auch AfD- und Fußballfans, sollen die Täter sein. Zeugen widersprechen Gökay Akbulut. Sie bleibt bei ihrer Darstellung.

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Die Bundestagsabgeordnete Gökay Akbulut (Die Linke) wurde im Zug rassistisch und sexistisch attackiert.
Die Bundestagsabgeordnete Gökay Akbulut (Die Linke) wurde im Zug rassistisch und sexistisch attackiert.Instagram

Ein widerlicher Hass-Vorfall erschüttert die politische Bühne: Gökay Akbulut, die seit 2017 im Bundestag für die Linke kämpft und sich unermüdlich für Migranten einsetzt, wurde während einer Zugfahrt Opfer eines sexistischen und rassistischen Angriffs. Rechtsextreme, darunter offenbar auch AfD- und Fußballfans, ließen jeglichen Anstand vermissen und attackierten die Politikerin aufs Übelste. Inzwischen gibt es mehrere Versionen des Hergangs.

Höhepunkt der widerlichen Aktion: Eine Bierflasche flog durch den Zug und traf Akbulut am Kopf. Blutend und sichtlich schockiert musste die Abgeordnete die Zugfahrt abbrechen und sich in einem Krankenhaus behandeln lassen. Die abscheuliche Tat zeigt, wie Hass und Gewalt im öffentlichen Raum eskalieren – und wie gefährlich es geworden ist, für eine offene Gesellschaft einzutreten. Ein echtes Armutszeugnis für unser Land.

Akbuluts Angaben zufolge war der Zug „voll von männlichen Fußballfans. Ich musste mich mit meinem Rucksack und Koffer durch die überfüllten Wagen drängen. Dabei wurde ich wiederholt sexuell belästigt und rassistisch beleidigt. Ich war zunächst erleichtert, als ich einen Sitzplatz fand. Hinter mir saß eine Gruppe Männer, die ständig AfD-Parolen riefen, sangen und grölten. Als die Rufe immer lauter wurden, begann ich, die Gruppe zu fotografieren und Aufnahmen zu machen.“ Mit Folgen.

Ein Mann mit Brille soll schließlich eine Bierflasche geworfen haben. Was unmittelbar nach dem Wurf geschah, lässt die Abgeordnete offen. Als der Zug aber den Stuttgarter Bahnhof erreichte, war ihr einziges Ziel, so schnell wie möglich den Waggon zu verlassen. Von den Ereignissen sichtlich traumatisiert, schildert sie, wie sie unter Schock stand, schrie und verzweifelt nach der Polizei rief.

Die Politikerin: „Im Krankenhaus wurde ich behandelt. Zum Glück sind die Verletzungen nicht schwerwiegend.“ Akbulut erstattete Anzeige. Die Bundespolizei in Stuttgart bestätigte auf Anfrage von ntv.de den Vorfall. Weitere Angaben machte die Behörde zunächst nicht.

Gökay Akbulut sitzt seit 2017 für die Linke im Bundestag

Die 42-Jährige schrieb im Internet: „Eine aufgeheizte gesellschaftliche Stimmung, in der Migration als das Übel aller Dinge dargestellt wird, macht solche Angriffe auf Menschen mit Migrationsgeschichte erst möglich.“

Und weiter: „ Alle Politikerinnen und Politiker der demokratischen Parteien, insbesondere der Union, sind aufgefordert, ihren Tonfall zu mäßigen und nach sachlichen Antworten auf die Herausforderung unserer Zeit zu suchen. Anstatt Forderungen der politischen Rechten zu übernehmen, brauchen wir jetzt eine klare Kante gegen Rassismus und Rechtsextremismus. Die Situation in unserem Land ist brandgefährlich und erfordert eine Politik mit Haltung.“

Der Wahlkreis der Angegriffenen, der Linken-Kreisverband in Mannheim, teilte mit: „Dieser rassistische und sexistische Angriff erschüttert uns zutiefst. Er zeigt, wie weit das Gift, das die AfD in die Bevölkerung streut, zu wirken beginnt und alle Hemmungen verloren gehen.

Recherchen der „Stuttgarter Zeitung“ haben mittlerweile ergeben, dass die Tat möglicherweise einen Vorlauf hatte. Demnach soll die Abgeordnete laut Zeugenaussagen die Gruppe provoziert haben. Angeblich warf sie selbst mit einer Flasche nach den Männern.

Akbulut bleibt allerdings bei ihrer Darstellung. Gegenüber der Deutschen Presse-Agentur sagte die Linken-Bundestagsabgeordnete:  „Ich wurde bei der Zugfahrt angegriffen und verletzt, niemand bestreitet das.“ Sie habe deshalb auch Anzeige erstattet.

Konkrete Fragen zu ihrem Verhalten auf der Zugfahrt beantwortete sie nicht. „Was ich erlebt habe, habe ich bereits ausführlich geschildert. Nun gilt es, die Ermittlungen der Behörden abzuwarten“, teilte die Abgeordnete mit. Diese dauern laut Staatsanwaltschaft an.

Die Polizei hat indes nach Informationen des SWR Zweifel an der Darstellung von Gökay Akbulut. Laut Sicherheitskreisen deuten die bisherigen Ermittlungen darauf hin, dass Akbulut bereits angetrunken in den Zug eingestiegen sein soll. Während der Fahrt im IC habe sie zudem eine kleine Flasche Rotwein konsumiert.

Die Polizei prüft nun, welche Äußerungen die Fans genau gemacht haben und ob darunter rechtsextremistische Sprüche oder Gesänge waren. Inzwischen hat sich auch der Staatsschutz eingeschaltet und plant, Zeugen zu vernehmen. ■