Institut beschossen

Ukraine: 50 Tote, 200 Verletzte bei russischem Luftangriff auf Poltawa

In der Ukraine hat ein russischer Raketenangriff auf ein Militärinstitut in der Stadt Poltawa Dutzende Menschen das Leben gekostet. 

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Bei dem russischen Luftangriff auf Poltawa sollen mindestens 41 Menschen getötet worden sein.
Bei dem russischen Luftangriff auf Poltawa sollen mindestens 41 Menschen getötet worden sein.Rettungskräfte

Bei russischen Angriffen auf die zentralukrainische Stadt Poltawa sind nach ukrainischen Angaben mindestens 50 Menschen getötet worden. Mehr als 200 weitere Menschen seien verletzt worden, teilte die ukrainische Generalstaatsanwaltschaft am Dienstag mit. Poltawas Gouverneur Philip Pronin sagte am Abend, bis zu 18 Menschen würden noch unter den Trümmern vermutet.

Das Ziel des Angriffs war offenbar ein militärisches Ausbildungszentrum in der Stadt. „Ein Gebäude des Instituts für Kommunikation wurde teilweise zerstört“, erklärte Selenskyj im Onlinedienst Telegram. Auch ein Krankenhaus wurde getroffen.

Raketen treffen Militärinstitut - mindestens 41 Tote, 180 Verletzte

Nach Angaben des ukrainischen Verteidigungsministeriums schlugen die beiden Raketen schon kurz nach dem Beginn des Luftalarms gegen 9 Uhr morgens (Ortszeit) ein, als viele Menschen noch auf dem Weg in die Luftschutzbunker waren. Viele Menschen seien laut Berichten ukrainischer Medien verschüttet worden. Rettungskräften konnten mehrere Dutzend Menschen aus den Trümmern retten. Die Rettungsarbeiten dauerten demnach noch an. Medizinische Einrichtungen forderten die Einwohner der Region zu Blutspenden für die vielen Verletzten auf.

„Das Fenster flog auf. Überall war Staub. Ich hatte gerade noch Zeit, meine Schwester vor der Rakete zu warnen“, sagte die Anwohnerin Jewgenija Tschyrwa.

Kritik an Militärführung wegen möglicher Zeremonie

In der Ukraine wurde nach dem Angriff aber auch scharfe Kritik an der ukrainischen Militärführung laut. Russische Militärblogger hatten berichtet, der Angriff habe einer Militärzeremonie unter freiem Himmel gegolten. Kritisiert wurde daher, warum es trotz der Gefährdung durch russische Angriffe derartige Versammlungen gibt. „Wie kann es sein, dass eine so große Anzahl von Menschen in einer solchen Einrichtung zusammenkommen kann?“, kritisierte etwa der ukrainische Militärblogger Sergej Naumowich.

Die Parlamentsabgeordnete Mariana Besugla, die dem Verteidigungsausschuss angehört und die ukrainische Militärführung schon oft kritisiert hat, warf hochrangigen Offizieren vor, die Soldaten durch derartige Veranstaltungen zu gefährden. Bei Telegram erklärte sie, es habe in der Vergangenheit schon ähnliche Vorfälle gegeben. Bisher sei aber kein ranghoher Offizier für die Gefährdung der Soldaten bestraft worden.

Poltawa liegt in der Zentralukraine.
Poltawa liegt in der Zentralukraine.dpa-Grafik

Selenskyj fordert Untersuchung

Poltawa liegt rund 300 Kilometer östlich von Kiew und hatte vor dem Krieg etwa 300.000 Einwohner. Das getroffene militärische Institut für Kommunikation wurde in den 1960er Jahren gegründet, als die Ukraine noch zur Sowjetunion gehörte, und bildet Telekommunikationsspezialisten aus. Das Institut postete kurz nach dem Angriff auf seiner Facebook-Seite ein schwarzes Bild mit einer Kerze.

Präsident Selenskyj erklärte, er habe „eine umfassende und schnelle Untersuchung“ der Umstände des Angriffs in Poltawa angeordnet. Er kündigte an, Russland „zur Rechenschaft zu ziehen“, und forderte die westlichen Verbündeten Kiews erneut auf, seinem Land schnell neue Luftabwehrsysteme zu liefern und bereits gelieferte weitreichende Waffen für Angriffe auf russisches Territorium nutzen zu dürfen.