Nun passierte, was sich schon seit Wochen ankündigte: Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat den Oberbefehlshaber der Streitkräfte, Walerij Saluschnyj entlassen! Fast zwei Jahre nach Beginn des russischen Angriffskrieges entband Selenskyj den beliebten General nun seines Postens.
Präsident Selenskyj teilte die Entlassung am Donnerstag in seiner abendlichen Videobotschaft in Kiew mit. Er dankte Saluschnyj für alles, was dieser für das Land getan habe und bot an, dass er in anderer Funktion weiter für die Ukraine tätig sein könne.
Selenskyj entlässt Saluschnyj und ernennt Nachfolger
Parallel zur Entlassung ernannte der Präsident auch schon einen Nachfolger. Generaloberst Olexander Syrskyj, der bisherige Kommandeur der ukrainischen Landstreitkräfte, soll den Job übernehmen. Syrskyj ist jedoch bei weitem nicht so beliebt in der Ukraine wie Saluschnyj. Besonders wegen seiner Rolle in der Verteidigung der Stadt Bachmut wird er auch „Der Fleischer“ genannt. Besonders bei der damals dort dienenden Infanterie ist er unbeliebt. Andere Soldaten hoffen jedoch darauf, dass er endlich eine Mobilisierung vorantreibt und die bisher dienenden Soldaten entlastet. Das Problem beschäftigt die Ukraine seit Monaten.
Selenskyj hatte Saluschnyj zuvor persönlich getroffen. „Ich habe ihm für zwei Jahre der Verteidigung gedankt“, schrieb der ukrainische Präsident in den sozialen Netzwerken. „Wir haben darüber gesprochen, welche Erneuerung die ukrainischen Streitkräfte brauchen.“ Es sei auch darum gegangen, wie die Führung der Armee erneuert werden könne. „Die Zeit für eine Erneuerung ist jetzt.“ Selenskyj sagte, er habe Saluschnyj angeboten, „weiter Teil des Teams zu bleiben“.
Auch Verteidigungsminister Rustem Umjerow dankte dem scheidenden Oberbefehlshaber. Er schrieb aber auf Facebook, die Schlachten der Jahre 2022, 2023 und 2024 seien „unterschiedliche Realitäten“. 2024 werde Veränderungen bringen. „Neue Ansätze, neue Strategien sind nötig.“

Saluschnyj war seit Mitte 2021 Oberkommandierender der ukrainischen Streitkräfte
Saluschnyj war im Juni 2021 als Oberkommandierender der ukrainischen Streitkräfte eingesetzt worden. Unter seiner Führung hielten die Truppen dem russischen Einmarsch vom Februar 2022 stand. Sie eroberten im Lauf des ersten Kriegsjahres sogar besetzte Teile des Gebietes Charkiw und die Gebietshauptstadt Cherson im Süden zurück. Der 50-jährige Saluschnyj war auch der Architekt der ukrainischen Sommeroffensive 2023, die aber gegen stark befestigte russische Verteidigungsanlagen kaum vorankam.
In einem aufsehenerregenden Artikel für die britische Zeitschrift „The Economist“ schrieb der General davon, dass der Krieg am Boden in eine Pattsituation geraten sei. Nur große Waffenlieferungen und ein Technologiesprung könnten die ukrainischen Streitkräfte wieder in die Offensive bringen. Selenskyj widersprach seinem höchsten Militär bei dieser Einschätzung öffentlich.
Selenskyj den Oberbefehlshaber schon Ende Januar zum Rücktritt gedrängt
Auch in der Frage einer weiteren Mobilisierung von Soldaten waren die führenden Verantwortlichen für die ukrainische Kriegsführung uneins. Nach Medienberichten hatte Selenskyj den Oberbefehlshaber schon Ende Januar zum Rücktritt gedrängt; dieser lehnte demnach aber ab.
Bei seinen Soldaten und in der Bevölkerung galt der bullige General als äußerst beliebt. Deshalb kamen immer wieder Spekulationen auf, der Militär strebe eine eigene politische Karriere an. Er selbst dementierte dies. Saluschnyj ist in den ukrainischen Streitkräften einer der ranghohen Offiziere ohne Vorprägung durch die frühere sowjetische Armee. Er setzte deshalb auf Kommandostrukturen, die sich am Vorbild der Nato orientieren. ■