Eingezogene Reservisten bei Vereidigung in Sevastopol auf der Krim.
Eingezogene Reservisten bei Vereidigung in Sevastopol auf der Krim. imago / Anna Sadovnikova

Die Teilmobilmachung in Russland ist im vollen Gange und beim ukrainischen Geheimdienst laufen die Leitungen heiß. Es mehren sich offenbar Anfragen von Russen, die wissen wollen, wie sie sich am besten ergeben können. Unterdessen legen Berichte in den sozialen Medien nahe, dass zahlreiche Rekruten nach nur einem Tag Auffrischungstraining an die Front kamen, teilweise in Einheiten für die sie keinerlei Erfahrung hatten.

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Die ukrainische Zeitung „Pravda“ zitiert einen Vertreter des Verteidigungsministeriums in Kiew mit den Worten, dass immer mehr russische Staatsbürger bei der Hotline des Geheimdienstes anrufen. Teilweise seien sie schon mobilisiert worden und teilweise noch nicht, sagte Andriy Yusov. Die häufigste Frage sei, wie sie sich in ukrainischer Gefangenschaft ergeben könnten.

Yusov erklärte weiter, die Anrufer seien wenig motiviert, in den Krieg zu ziehen und in einer entsprechenden „psycho-emotionalen Verfassung“. Nach seinen Informationen ist dies die erste von mehreren „Mobilisierungswellen“, die der Kreml plane.

260.000 russische Männer sind schon aus dem Land geflohen

In den fünf Tagen nach Putins Bekanntgabe der Teilmobilmachung sollen bereits 260.000 russische Männer aus dem Land geflohen sein. Das berichtet die Zeitung „Nowaya Gazeta“. Das russische Medienunternehmen „The Bell“ schreibt davon, dass ersten Männern an Flughäfen und Grenzübergängen die Ausreise verweigert wird. An der Grenze zu Georgien soll russisches Militär Straßenblockaden errichtet haben. Die örtliche russische Polizei meldet nun, dass sie am Grenzübergang zu Georgien eine Filiale der Einberufungsbehörde eröffnen werde.

Reservisten in Bataisk, Rostow. 
Reservisten in Bataisk, Rostow.  imago /Sergey Pivovarov

Erste mobilisierte Russen werden ausgerüstet 

Das britische Verteidigungsministerium schrieb in einem Update vom Montag, dass die ersten mobilisierten Russen in den Kasernen ankommen. Russland sei nun mit administrativen und logistischen Herausforderungen beschäftigt. Die neu eingezogenen Soldaten müssen ausgerüstet und trainiert werden. 

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„Das Fehlen militärischer Ausbilder und die Eile, mit der Russland die Mobilisation begann, lassen befürchten, dass viele der neu ausgehobenen Truppen mit einer minimalen Vorbereitung an die Front müssen."  Daher sei mit einer hohen Ausfallrate  zu rechnen.

Aufbruch ins Ungewisse. In einem Rekrutierungs-Zentrum in Kineschma in der Region Ivanovo.
Aufbruch ins Ungewisse. In einem Rekrutierungs-Zentrum in Kineschma in der Region Ivanovo. imago/ Vladimir Smirnov/TASS

Der ukrainische Präsident Selenskyj hatte sich auf Russisch an die Russen gewandt und sie aufgefordert, sich zu ergeben. Er gab russischen Soldaten Garantien: Die Ukraine behandele Soldaten, die sich ergeben in zivilisierter Art und Weise, im Einklang mit allen Konventionen. Niemand werde die Umstände der Gefangennahme erfahren, niemand in Russland werde erfahren, wenn sich ein Soldat freiwillig ergeben habe. Auch wenn ein Kriegsgefangener im Rahmen von Gefangenenaustauschen nicht wieder nach Russland wolle, werde sich ein Weg finden. 

Enge Verbündete von Wladimir  Putin zeigten im TV Verständnis für die zahlreichen Beschwerden über die Kampagne zur Mobilisierung Hunderttausender Soldaten. So sollen etwa auch alte und kranke Männer einberufen worden sein. Die ersten Rekruten sollen nach nur einem Tag Auffrischungstraining an die Front gebracht worden sein.