Opfer sind 8 und 10 Jahre alt

Grevesmühlen: Feige Rassisten greifen Kinder an!

In Grevesmühlen in Mecklenburg-Vorpommern wurden zwei Mädchen aus Ghana von 20 Jugendlichen beleidigt und angegriffen. Weil sie eine andere Hautfarbe haben. 

Teilen
Die Polizei ermittelt nach dem Überfall auf zwei Mädchen aus Ghana in Grevesmühlen.
Die Polizei ermittelt nach dem Überfall auf zwei Mädchen aus Ghana in Grevesmühlen.Marcus Brandt/dpa

Diese Tat macht fassungslos. Zwei Kinder sind beleidigt und angegriffen. Nach einem Kind wurde gar getreten! Nur weil sie eine andere Hautfarbe haben. Ein rassistischer Angriff, wie er widerlicher kaum sein kann. Anwohner und Politiker sind schockiert. 

Was ist passiert? Nach ersten Erkenntnissen der Ermittler waren ein achtjähriges Mädchen und seine zehn Jahre alte Schwester am Freitagabend gegen 19.30 Uhr im Grevesmühlener Plattenbaugebiet am Ploggenseering aus einer Gruppe von etwa 20 Jugendlichen und Heranwachsenden heraus attackiert worden. Die feigen Täter sollen laut ersten Ermittlungen der Polizei vom Montag den Kindern den Weg versperrt, sie behindert und nach ihnen getreten haben. Als die Eltern der Kinder hinzukamen, soll es nach Polizeiangaben auch mit diesen zu einer Auseinandersetzung gekommen sein.

Zunächst hieß es, eines der Mädchen und sein Vater seien verletzt worden. Beide wurden mit einem Rettungswagen in ein Krankenhaus gebracht. Doch am Montag stellte die Polizei klar, dass das Kind wohl doch unverletzt blieb. Der Vater sei aber bei dem Angriff zu Schaden gekommen.

Grevesmühlen unter Schock. Hier wurden die Kinder attackiert.
Grevesmühlen unter Schock. Hier wurden die Kinder attackiert.Screenshot/NDR

Mädchen beleidigt und nach ihnen getreten

Auch waren die Kinder rassistisch beleidigt worden. Auch soll mindestens einer der Jugendlichen nach den Mädchen getreten haben. Als die Polizei am Tatort eintraf, soll eine Person aus der Gruppe die Opfer beim Weggehen noch einmal laut hörbar fremdenfeindlich beleidigt haben. Aus der Gruppe hätten sich bis zu acht Menschen an der Attacke beteiligt, schilderte die Polizei. Sie ermittelt wegen Landfriedensbruchs, gefährlicher Körperverletzung, Volksverhetzung und Beleidigung. 

Dabei gehen die Beamten diversen Zeugenaussagen nach - darunter auch klare Hinweise auf Menschen, die an der Tat beteiligt gewesen sein sollen, sagte ein Sprecher der Leitstelle des Polizeipräsidiums Rostock. Die Ermittlungen in dem Fall seien aber sehr umfangreich und würden noch einige Zeit in Anspruch nehmen. Es habe zudem Hinweise gegeben, dass auf dem Stadtfest in Grevesmühlen (13. bis 16. Juni) rassistische Parolen zur Melodie von Gigi D'Agostino gesungen worden sein sollen.

Polizei sucht nach Zeugen des Vorfalls

Einsatzkräfte stellten direkt nach dem Vorfall Personalien von Anwesenden fest. Unter den bekannten Namen seien auch mögliche Tatverdächtige. Die Ermittler suchen weiter Zeugen des Vorfalls.

Unter dem Eindruck der ersten Berichte hatten sich viele Politiker entsetzt geäußert. „Das verletzte Mädchen ist 8 Jahre – so jung wie meine Tochter. Wir dürfen nicht zulassen, dass Hass & Hetze unsere Gesellschaft vergiften und Gewalt unsere Kinder bedroht“, schrieb Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) auf der Plattform X. Ihre Gedanken und ihr Mitgefühl seien bei den betroffenen Kindern und ihrer Familie. „Diese abscheuliche Tat muss rasch Konsequenzen haben. Rassismus und Gewalt sind widerlich. Das gilt erst recht, wenn Kinder angegriffen werden“, hieß es in dem Beitrag weiter.

Auch Innenminister Christian Pegel verurteilte die Attacke aufs Schärfste. „Man greift keine Menschen an, erst recht keine Kinder und schon gar nicht aus rassistischen Motiven“, sagte der SPD-Politiker. Für Rassismus sei in der Gesellschaft kein Platz. 

Politiker reagieren geschockt auf rassistischen Angriff

Grevesmühlens Bürgermeister Lars Prahler sagte NDR 1 Radio MV, „diese rassistisch motivierte Tat macht mich einfach fassungslos. Das zeugt von bodenlosem Hass und enthemmter Unmenschlichkeit und lässt sich nicht entschuldigen“. Es sei auch keine Entschuldigung, dass es sich um Jugendliche handele. Prahler sprach der Familie der Mädchen sein Mitgefühl aus. Er besuchte die Opfer. 

Das örtliche Stadtfest soll trotz des Vorfalls weitergehen. „Weil wir uns von derlei Aktionen von Randgruppen nicht vorgeben lassen wollen, wie wir als Stadtgesellschaft miteinander leben wollen“, sagte Prahler.

„Ich glaube, wir leben gerade in sehr schwierigen Zeiten, wo komplexe Probleme auf der Straße liegen und diejenigen es einfach haben, die mit dumpfen Parolen und einfachen Lösungen Leute einfangen, als Menschenfänger“, sagte Prahler. Es sei an der Zeit, dass die Mehrheitsgesellschaft, die das Abdriften in rassistische Menschenbilder ablehne, sich Gehör verschaffe und Zeichen setze.

Grevesmühlens Bürgermeister Lars Prahler: „Diese rassistisch motivierte Tat macht mich einfach fassungslos."
Grevesmühlens Bürgermeister Lars Prahler: „Diese rassistisch motivierte Tat macht mich einfach fassungslos."grevesmuehlen.de

„Jeder Zeuge, der schweigt, macht sich mitschuldig“

Mecklenburg-Vorpommerns Integrationsbeauftragte Jana Michael sprach am Samstag von einer „abscheulichen und schockierenden Tat“. Sie appellierte an die Mitglieder der Jugendgruppe, die Täter zu benennen und nicht aus Gruppendruck zu schweigen. „Jeder Zeuge, der schweigt, macht sich mitschuldig und verhindert die Aufklärung dieser widerlichen Gewalt an Kindern.“

Der Landrat von Nordwestmecklenburg, Tino Schomann (CDU), sprach von einem nicht zu tolerierenden Grenzübertritt. „Verabscheuungswürdige Taten wie diese lassen mich sprachlos zurück“. Im Landkreis sei kein Platz für Gewalt. „Taten wie diese sind eine Schande. Aus einer Gruppe heraus auf die schwächsten Mitglieder unserer Gesellschaft loszugehen ist an Feigheit kaum zu übertreffen!“

„Hier gibt es nichts zu entschuldigen“

AfD-Landtagsfraktionschef Nikolaus Kramer erklärte, „diese brutale Hemmungslosigkeit gegenüber Kindern ist erschreckend und muss konsequent geahndet werden. Hier gibt es nichts zu entschuldigen oder zu bagatellisieren!“

Linken-Innenpolitiker Michael Noetzel sagte, „was zur Hölle ist in unserem Bundesland los? Der rassistische Angriff in Grevesmühlen ist an Niederträchtigkeit nicht zu überbieten.“ Angesichts einer derart grausamen und feigen Tat fehlten ihm die Worte. „Nicht nur in Grevesmühlen, auch in Schwerin, Rostock und anderen Orten des Landes fühlen sich rassistische und nazistische Täter offenbar zunehmend ermutigt und ermächtigt zuzuschlagen.“ ■