Sie gingen mit beispielloser Gewalt vor: Dabei waren den Mitglieder der Roten Armee Fraktion Burkhard Garweg, Daniela Klette und Ernst-Volker Staub die Opfer ihrer Überfälle völlig egal. Jetzt fordert einer von ihnen von der früheren RAF-Terroristin Daniela Klette Schmerzensgeld.
Am Dienstag beginnt der Prozess gegen die 66-Jährige. Bislang gib es drei Nebenkläger. Dabei handelt es sich um Opfer der Raubüberfälle, wie eine Sprecherin des Landgerichts Verden mitteilte. Die Taten hätten bei den Betroffenen tiefe Spuren hinterlassen, sagte Opferanwalt Steffen Hörning.
Der Jurist vertritt einen Mann, der am 6. Juni 2015 als Fahrer eines Geldtransporters mit etwa einer Million Euro an Bord unterwegs war. In Stuhr nahe Bremen wurde das Fahrzeug von drei bewaffneten Tätern überfallen. „Die Zeit unmittelbar danach war eine schlimme Zeit“, sagte der Anwalt des Fahrers. „Er war monatelang arbeitsunfähig, er war in einer Klinik, er war in einer Reha, insbesondere eben aufgrund der psychischen Belastungen, weil das natürlich ein sehr traumatisierendes Ereignis war.“

Auf dem Parkplatz eines Supermarkts schnitten drei Maskierte dem Geldtransporter den Weg ab. Einer der Täter gab Schüsse auf das Fahrzeug ab – eine Kugel traf den Reifen, zwei weitere durchschlugen die Fahrerkabine. Trotz mehrfacher Versuche gelang es den Bewaffneten nicht, die Türen des Transporters zu öffnen. Schließlich flohen sie ohne Beute in einem Auto. Der Fahrer und sein Beifahrer erlitten einen Schock. „Mein Mandant hatte damals Todesangst“, erklärte sein Anwalt Hörning.
Anwalt: Fahrer hatte Todesangst im Geldtransporter
Später konnten sichergestellte DNA-Spuren den seit Jahrzehnten untergetauchten Ex-RAF-Terroristen Daniela Klette, Ernst-Volker Wilhelm Staub und Burkhard Garweg zugeordnet werden. Laut Staatsanwaltschaft sollen Klette und ihre Komplizen außerdem für zwölf weitere Überfälle auf Geldtransporter und Supermärkte in Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein verantwortlich sein.

Die Ermittler stufen den Überfall in Stuhr als versuchten Mord ein. Sein Mandant hoffe, dass das Gericht diese Einschätzung am Ende des Prozesses bestätigt, erklärte Anwalt Hörning. Zudem fordert der Mann Schmerzensgeld.
Der ehemalige Fahrer des Geldtransporters wird im Prozess auch als Zeuge aussagen. Laut seinem Anwalt ist dies eine große Belastung für ihn. Zwar habe sein Mandant keine Angst vor Daniela Klette, dennoch empfinde er große Anspannung in seiner Rolle als Zeuge. Besonders die Möglichkeit einer konfrontativen Befragung sowie die Sorge, sich nicht mehr an alle Details erinnern zu können, beschäftigten ihn. „Dieser Mensch möchte nicht im Mittelpunkt stehen“, sagte der Anwalt. Ein hilfreicher Aspekt der Nebenklage sei, dass er den Mann so auch in seiner Rolle als Zeuge unterstützen könne.

Die Hoffnung, mit dem Prozess die Tat und das Erlebte endgültig abschließen zu können, hat der Nebenkläger demnach nicht. „Er weiß natürlich aufgrund der Berichterstattung, dass Herr Garweg und Herr Staub noch auf der Flucht sind“, sagte Hörning. Sobald einer der Komplizen festgenommen werde, werde alles wieder von vorn losgehen.
Der Prozess des Landgerichts Verden wird wegen der Sicherheitsanforderungen im besonders geschützten Staatsschutzsaal des Oberlandesgerichts Celle eröffnet. Die Ermittler werfen Klette versuchten Mord, unerlaubten Waffenbesitz sowie versuchten und vollendeten schweren Raub vor. Die Angeklagte, die über Jahrzehnte im Untergrund lebte, wurde im Februar 2024 in Berlin festgenommen und sitzt in Untersuchungshaft. ■