Über die Erdbeben berichtete der isländische Rundfunksender RUV am Samstag. Der Experte Bjarki Kaldalóns Friis von der Wetterbehörde erklärte, die Zahl der Erschütterungen habe im Vergleich zum Vortag abgenommen. Sie seien zudem nicht mehr so schwer. Dennoch werde es nach Angaben von Wissenschaftlern zu einem Vulkanausbruch kommen, falls die Erdbeben andauerten.
Die Behörden haben nach der Erdbeben-Serie den Notstand ausgerufen. Der nationale Polizeichef habe diese Maßnahme „aufgrund der intensiven Erdbeben in Sundhnjukagigar, nördlich von Grindavík, ergriffen“, teilte die Zivilschutzbehörde mit. Durch den Notstand wird der Zivilschutz in Alarmbereitschaft versetzt.
Als Vorsorge-Maßnahme wurde auch der Ort Grindavík mit etwa 3700 Einwohnern in der Nacht zu Samstag evakuiert. Auch das nahe gelegene, bekannte Geothermalbad „Blaue Lagune“, eine der größten Touristenattraktionen der Insel im Nordatlantik, wurde geschlossen, die Zufahrtsstraße für den Verkehr gesperrt. Der Flugverkehr zum internationalen Airport Keflavík auf Island war bisher nicht betroffen.
„Es gab enorme Schäden an Häusern und Infrastruktur, aber das kann alles repariert werden“, sagte der isländische Präsident Gudni Th. Jóhanesson am Samstag dem Sender RUV. Die Gefahrenlage dauere weiter an. „Aber wir sind dankbar dafür, dass es keine Opfer gab“, sagte Jóhanesson. Bilder zeigten lange Risse in Straßen, auf dem Golfplatz von Grindavík öffnete sich die Erde teilweise meterbreit. Der Ort glich einer Geisterstadt, niemand durfte mehr hinein.
Gefahr einer Eruption laut Experten „enorm gestiegen“
Der genaue Zeitpunkt eines Vulkanausbruchs auf der Reykjanes-Halbinsel südwestlich der Hauptstadt Reykjavík könne nicht vorhergesagt werden, erklärte Friis. Auch der genaue Ort könne nur geschätzt werden. Der Magmatunnel verlaufe nun unter Grindavík. Es sei auch möglich, dass die Eruption unter dem Meer stattfinden werde.
Der Vulkanologe Thorvaldur Thordarson sagte zu RUV, die Gefahr einer Eruption sei enorm gestiegen. Er rechne mit Stunden oder wenigen Tagen - falls sich die Erde nicht doch noch beruhige. Offenbar habe sich Magma in einer Tiefe von vier bis fünf Kilometern seit zwei Wochen in einer Art Vorratskammer gesammelt, sagte Thordarson. Die Erdbeben seien eine Folge davon, denn die Magma schaffe sich Platz.
Der erneute Erdbebenschwarm hatte vor knapp zweieinhalb Wochen begonnen. Seitdem kam es zu Tausenden kleinerer Beben. Auf der Halbinsel war es bereits 2021, 2022 sowie in diesem Sommer zu Vulkanausbrüchen gekommen. Sie hatten sich jeweils mit längeren Erdbebenserien angekündigt. Eine Gefahr für die Bevölkerung bestand bei allen Eruptionen nicht, hieß es.
Auf Island gibt es immer wieder Erdbeben und Vulkanausbrüche
Auf Island gibt es immer wieder Erdbeben und Vulkanausbrüche. Erst im Juli war es im dritten Jahr in Folge zu einem vulkanischen Ausbruch mit spektakulären Bildern gekommen. Auch damals hatten Tausende Ausstöße die Eruption angekündigt.
Im Frühjahr 2010 hatte der Ausbruch des Vulkangletschers Eyjafjallajökull und seine Aschewolke den internationalen Flugverkehr über Tage ins Chaos gestürzt.
Auch der Ätna auf Sizilien, der größte Vulkan Europas, spuckt Lava
Auch auf der italienischen Mittelmeerinsel Sizilien hat sich Europas größter aktiver Vulkan Ätna wieder zu Wort gemeldet. Der mehr als 3300 Meter hohe Berg spuckte in der Nacht zum Samstag größere Mengen Lava. Aus der Ferne war zu sehen, wie das glühende Geröll in der Dunkelheit nach oben geschleudert wurde und dann langsam den Berg hinabfloss. Insbesondere am Südostkrater war der Vulkan aktiv.
Das italienische Institut für Geophysik und Vulkanologie (INGV) setzte die Vulkan-Alarmstufe von Gelb auf Orange hoch. Berichte über Schäden gab es zunächst keine. Auch ging kein größerer Ascheregen hinab. Der Betrieb am Insel-Flughafen Catania lief deshalb weiter normal. Der Ätna ist Europas größter aktiver Vulkan. Der Berg ist etwa 3350 Meter hoch. Die genaue Höhe ändert sich durch Ausbrüche und Schlackenkegel immer wieder.