Für 1000 Insulaner

Der Sheriff von Hiddensee: Dieser Polizist wacht über die Ostsee-Insel

Rund 1000 Einwohner hat die Ostsee-Insel Hiddensee. Und einen Polizisten. Thomas Moritz sorgt fast das ganze Jahr allein für Recht und Ordnung.

Author - Berliner KURIER
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Der „Sheriff“ von Hiddensee: Polizeihauptmeister Thomas Moritz, einziger Polizist auf der Ostseeinsel
Der „Sheriff“ von Hiddensee: Polizeihauptmeister Thomas Moritz, einziger Polizist auf der OstseeinselPhilip Dulian/dpa

Polizeihauptmeister Thomas Moritz ist Kontaktbeamter auf Hiddensee – oder, wie er selbst mit einem Augenzwinkern sagt, der „Sheriff“. Er ist der einzige Polizist für die 1000 Menschen, die auf der kleinen Ostseeinsel leben. Dazu kommen noch die Touristen, vor allem Tagestouristen. Rund 250.000 sind es im Jahr. Während des großen Ansturms im Sommer wird Moritz von einem Bereitschaftspolizisten unterstützt. Doch ist die Saison vorüber, sorgt er ganz allein für Recht und Ordnung auf Hiddensee.

„Irgendwo muss man schon ein bisschen verrückt sein, wenn man sich das freiwillig zumutet“, sagt Thomas Moritz und schmunzelt. Seit August 2022 hütet er das Gesetz auf der Ostseeinsel vor der Westküste Rügens allein. Wenn er seine kleine Polizeistation in Vitte verlässt, grüßt er beinahe jeden Passanten mit einem freundlichen „Moin“. Er schüttelt Hände, verteilt Umarmungen und sorgt mit seinem trockenen Humor auch mal für Lacher bei den Insulanern.

Polizist Moritz gehört zu den wenigen mit Auto auf Hiddensee

Donnerstags treffe er sich mit den älteren Damen der Insel, erzählt der 58-jährige Polizeihauptmeister. Da erfahre er den neuesten Klatsch und Tratsch aus der Gemeinde. Er nutzt die Runden aber auch für Präventionsarbeit, etwa gegen Computerkriminalität oder betrügerische Maschen wie den Enkeltrick. Das Verhältnis zu den Einheimischen sei gut. Auch wenn das niemanden vor einem Verwarngeld schützt: „Letzten Endes wissen die Leute, dass man mit mir reden kann, aber nicht diskutieren braucht.“

Hiddensees einziger Polizist Thomas Moritz vor seinem E-Streifenwagen
Hiddensees einziger Polizist Thomas Moritz vor seinem E-StreifenwagenPhilip Dulian/dpa

Hiddensee sei zwar eine ruhige, friedliche Insel im Vergleich zu anderen Orten im Land, sagt Thomas Moritz. Trotzdem gebe es auch hier häusliche Gewalt, Betäubungsmittel oder Diebstähle. Schon kurze Zeit nach seinem Dienstantritt auf Hiddensee wurde er zu einem tödlichen Fahrradunfall gerufen. „Da bist du erst mal am Überlegen – wo bist du denn hier gelandet?“

Auf Streife ist der Polizist meist mit seinem elektrischen Streifenwagen oder zu Fuß. Mit seinem Auto ist Moritz eine Ausnahme auf dem Eiland. Privaten Fahrzeugverkehr gibt es auf der knapp 17 Kilometer langen Insel, die an der schmalsten Stelle gerade mal 250 Meter breit ist, nämlich nicht.

Die Leute klingeln auch bei ihm privat, wenn sie Hilfe brauchen

Einsam fühlt sich der gebürtige Stralsunder nicht – mittlerweile kenne er ja den Großteil der Insulaner. Bei seinen Streifen müsse er nur aufpassen, sagt Moritz scherzhaft, dass er nicht überall einen Kaffee trinke, wo er einen angeboten bekomme. „Ich habe das einmal gemacht, aber ich habe nur 14 geschafft in der Schicht – und ich war noch nicht am Ende.“

Hiddensee-Polizist Thomas Moritz sitzt am Schreibtisch in seiner Polizeistation in Vitte.
Hiddensee-Polizist Thomas Moritz sitzt am Schreibtisch in seiner Polizeistation in Vitte.Philip Dulian/dpa

Dennoch vermisst er die Gespräche mit Kollegen: „Wenn man morgens zum Dienst kommt, dann ist hier keiner“, sagt Moritz. Laut Innenministerium ist er der einzige von 170 Kontaktbeamten in Mecklenburg-Vorpommern, der für einen Ort allein zuständig ist. Für ihn sei die Arbeit auf der Insel gefühlt ein 24-Stunden-Dienst. Es könne auch jederzeit passieren, dass Touristen oder Anwohner an seiner Haustür klingelten, denn da stehe nun mal auch der Streifenwagen. Das sei nicht schlimm, „aber man fühlt sich irgendwie schon für alles verantwortlich.“ (mit dpa)