Fatale Folgen

Neue Schock-Studie: Gehirn altert durch Corona-Infektion um 20 Jahre

Eine Infektion mit dem Coronavirus kann leichte, aber auch schwere Verläufe nach sich ziehen. Jetzt untersuchten Wissenschaftler auch die Auswirkungen auf das Gehirn.

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Forscher untersuchten die Auswirkungen einer Infektion mit dem Coronavirus auf das Gehirn.
Forscher untersuchten die Auswirkungen einer Infektion mit dem Coronavirus auf das Gehirn.Panthermedia/Imago

In Deutschland infizierten sich laut Statista bis zum April 2024 38,8 Millionen Menschen mit dem Coronavirus. Die Dunkelziffer ist vermutlich noch einmal höher. Einige dieser Infektionen hatten leichte, einige schwere Verläufe. Mehrere Millionen Menschen mussten und müssen immer noch im Krankenhaus behandelt werden, viele von ihnen lagen auf Intensivstationen.

Es wird geschätzt, dass bis zu zwei Millionen Menschen an Long Covid leiden. Zu den Symptomen zählen unter anderem Erschöpfung und eine reduzierte Belastbarkeit (auch bekannt als „Fatigue-Syndrom“), Muskelschmerzen, Atemnot sowie psychische Probleme wie Depressionen und Angstzustände.

Darüber hinaus können auch neurologische Beschwerden auftreten, wie Gedächtnis- und Wortfindungsstörungen, Veränderungen des Geschmacks- und Geruchssinns, Seh- und Hörbeeinträchtigungen, Herz-Kreislauf-Erkrankungen sowie Störungen im Magen-Darm-Trakt.

Studie ergab ein reduziertes Gehirnvolumen

Britische Wissenschaftler haben in der bisher umfangreichsten Studie die Auswirkungen von Corona auf das Gehirn untersucht und dabei ein alarmierendes Ergebnis festgestellt: Eine schwere Infektion kann das Gehirn um bis zu 20 Jahre altern lassen. Die Forschungsergebnisse zeigen, dass Patienten, die aufgrund von Covid-19 im Krankenhaus behandelt wurden, zwölf bis 18 Monate nach ihrer Entlassung eine geringere kognitive Leistungsfähigkeit aufweisen als vergleichbare Kontrollgruppen.

Die Gehirnscans belegten: Das Gehirnvolumen war dabei in Schlüsselbereichen reduziert. Und die Forscher fanden ungewöhnlich hohe Werte von Hirnverletzungsproteinen im Blut. Studienautorin Dr. Greta Wood erläutert: „Nach einem Krankenhausaufenthalt wegen Covid-19 berichten viele Menschen von anhaltenden kognitiven Symptomen, die oft als ‚Gehirnnebel‘ bezeichnet werden.“

Sie berichtet weiter: „In dieser neuesten Studie haben wir 351 Covid-19-Patienten untersucht, die mit und ohne neue neurologische Komplikationen ins Krankenhaus mussten. Wir fanden heraus, dass sowohl diejenigen mit als auch ohne akute neurologische Komplikationen (...) eine schlechtere kognitive Leistungsfähigkeit hatten, als man für ihr Alter, Geschlecht und Bildungsniveau erwarten würde, basierend auf 3000 Kontrollpersonen.“

Patienten berichten von „Gehirnnebel“

Diese kognitiven Beeinträchtigungen entsprechen anscheinend dem kognitiven Rückgang, der normalerweise mit 20 Jahren Alterung einhergeht. Die Forscher weisen darauf hin, dass es sich hierbei um Patienten handelt, die aufgrund von Corona ins Krankenhaus eingeliefert werden mussten. Daher sollten die Ergebnisse nicht verallgemeinert und auf alle Personen mit Covid-Erfahrung angewendet werden.

Das Ausmaß der Defizite in sämtlichen getesteten kognitiven Fähigkeiten sowie die Zusammenhänge mit Hirnverletzungen, die in den Gehirnscans und Blutuntersuchungen festgestellt wurden, liefern jedoch den bislang deutlichsten Beweis dafür, dass Covid-19 auch lange nach dem Abklingen der Atemprobleme erhebliche Auswirkungen auf die Gesundheit von Gehirn und Geist haben kann.

„Covid ist nicht nur eine Lungenerkrankung“

Der Co-Autor der Studie, Professor für Neurowissenschaften Benedict Michael, erklärt: „Covid-19 ist nicht nur eine Lungenerkrankung. Oft sind es die Patienten, die am schwersten betroffen sind, die auch an Hirnkomplikationen leiden.“

Und sein Kollege Gerome Breen betont: „Langfristige Forschung ist jetzt unerlässlich, um herauszufinden, wie sich diese Patienten erholen oder bei wem sich der Zustand möglicherweise verschlimmert, und um festzustellen, ob dies nur bei Covid-19 auftritt oder eine bei anderen Infektionen häufige Hirnschädigung ist.“ ■