Eine Frau an der Spitze des britischen Geheimdienstes gab es bislang nur in James-Bond-Filmen. Doch mit Blaise Metreweli wird sich das bald ändern. Die 47-jährige Top-Agentin tritt im Herbst die Nachfolge von Richard Moore an und übernimmt den legendären Chef-Posten beim MI6. Britische Medien warfen nun einen tieferen Blick in ihre Familiengeschichte und entdeckten einen Nazi-Spion, genannt „der Schlächter“. Er war ihr Großvater.
Die enge Verwandtschaft der designierten MI6-Chefin zu einem Nazi-Akteur brachte die britische Zeitung Daily Mail ans Licht. Das britischen Außenministerium reagierte umgehend. „Blaise Metreweli hat ihren Großvater väterlicherseits weder gekannt noch getroffen“, betonte ein Sprecher des Ministeriums. „Blaises Abstammung ist von Konflikt und Teilung geprägt, wie bei vielen Menschen mit osteuropäischem Erbe, nur teilweise bekannt“, fügte er hinzu.
Was hatte die Daily Mail herausgefunden? Die Zeitung berichtet, dass der Großvater der MI6-Spitzenagentin Konstantin Dobrowolski hieß, ein Deserteur der sowjetischen Armee gewesen sei und für die Nazis in der Region Tschernihiw in der heutigen Ukraine gearbeitet habe. Es wurden Archive in Deutschland gesichtet, man habe in einem Archiv in Freiburg Hunderte Seiten an Dokumenten gefunden, aus denen hervorginge, dass Dobrowolski bei Wehrmachtkommandeuren als „der Schlächter“ oder „Agent Nummer 30“ bekannt gewesen sei.
Großvater von MI6-Chefin brüstete sich mit Ermordung von Juden
In den Akten wurden laut Daily Mail Briefe an seine Nazi-Vorgesetzten gefunden, die mit „Heil Hitler“ unterschrieben waren. Gegenüber deutschen Kommandanten soll Dobrowolski damit geprahlt haben, dass er „persönlich“ an der „Vernichtung der Juden“ teilgenommen habe. Aus den Archivdokumenten gehe auch hervor, dass Dobrowolski die Leichen von Holocaust-Opfern geplündert habe und dass er über sexuelle Übergriffe auf weibliche Gefangene gelacht habe.
Laut dem britischen Sender BBC stand Dobrowolski auch auf einer Liste von Menschen, die in den 1960er Jahren vom sowjetischen Geheimdienst KGB als ausländische Geheimdienstagenten und Verräter des Vaterlands gesucht wurden.
Großmutter von MI6-Chefin floh nach Großbritannien
Die Frau von Konstantin Dobrowolski, Barbara, war nach dem Krieg nach Großbritannien geflohen, zusammen mit ihrem kurz zuvor geborenen Sohn Constantine Jr. In England heiratete sie 1947 David Metreweli. Constantine Jr. nahm später den Namen seines Stiefvaters Metreweli an. Er wurde später Radiologe und Veteran der britischen Streitkräfte. Seine Tochter Blaise Metreweli wurde 1977 geboren. 22 Jahre später kam sie zum MI6.