Beinahe-Katastrophe

Mit 199 Passagieren an Bord: Lufthansa-Jet flog 10 Minuten ohne Pilot!

Hoch über den Wolken über Spanien: Airbus wurde zum Geisterflieger, als der Pilot kurz zur Toilette musste! Die dramatischen Ereignisse im Flugzeug!

Author - Stefan Doerr
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Ein Flugzeug der Lufthansa hatte auf dem Weg von Frankfurt nach Sevilla einen dramatischen Vorfall an Bord.
Ein Flugzeug der Lufthansa hatte auf dem Weg von Frankfurt nach Sevilla einen dramatischen Vorfall an Bord.Sven Hoppe/dpa

Mitte Februar 2024 musste eine Lufthansa-Maschine auf dem Weg von Frankfurt nach Sevilla in Madrid (Spanien) außerplanmäßig landen. Grund war ein medizinischer Notfall an Bord. Doch was in 10.700 Metern Höhe in dem Airbus tatsächlich geschah, wird erst jetzt bekannt. Den dramatischen Zwischenfall schildert der Abschlussbericht der spanische Flugunfalluntersuchung CIAIAC, der jetzt veröffentlicht wurde.

17. Februar 2024: Lufthansa 77X aus Frankfurt nimmt über Spanien Kurs Richtung Süden. Der Großteil der Strecke von Frankfurt nach Sevilla ist bereits geschafft. Der Flug ist mit 199 Passagieren gut gebucht, dazu sind sechs Crewmitglieder an Bord des Airbus A321. Um 10.31 Uhr verlässt der Kapitän das Cockpit für eine kurze Toilettenpause. Alles scheint normale Flugroutine, der 38 Jahre alte Erste Offizier bleibt im Cockpit. Er habe zu diesem Zeitpunkt „fit und aufmerksam“ gewirkt, sagte der Kapitän laut Abschlussbericht.

Co-Pilot war allein im Cockpit

Doch um 10.32 Uhr zeichnet der Stimmenrekorder „Geräusche“ aus dem Cockpit auf. Ermittler vermuten, dass sie von einem plötzlichen Kollaps des Ersten Offiziers stammen. Bei der Rückkehr von der Toilette gibt der Kapitän den Türöffnungscode ein. Doch es tut sich nichts. Die Tür öffnet sich auch nach dem zweiten und dritten Versuch nicht. Denn der Co-Pilot war ohnmächtig.

Das Cockpit eines Airbus: Die spanische Flugunfalluntersuchung rät, dass immer zwei Personen in der Kabine sein müssen.
Das Cockpit eines Airbus: Die spanische Flugunfalluntersuchung rät, dass immer zwei Personen in der Kabine sein müssen.Ardan Fuessmann/Imago

„Ab 10:39:27 UTC hat der Kapitän fünfmal erfolglos versucht, über das Standardverfahren wieder das Flugdeck zu betreten“, schreiben die Ermittler. Um 10.42 Uhr leitete die Crew ein Notfall-Verfahren ein. Da war der Erste Offizier am Steuer offenbar wieder zu sich gekommen und öffnete die Tür manuell von innen. Um 10.42 Uhr ist der Kapitän wieder im Cockpit und übernimmt wieder die Steuerung des Flugzeugs. Da war der Jet schon seit 10 Minuten führerlos in 10.700 Metern Höhe unterwegs! Die Maschine wurde unüberwacht vom Autopilotsystem gesteuert.

Arzt an Bord versorgte den kranken Piloten

Sein Copilot ist kreidebleich, schwitzt sehr stark. Zum Glück ist ein Arzt an Bord, der Erste Hilfe leistet. Der Kapitän nimmt Kurs auf den nahen Ausweichflughafen Madrid. Nur 20 Minuten später landet der Lufthansa-Jet, der Co-Pilot wird medizinisch versorgt.

Der Vorfall lässt eine alte Debatte wieder hochkochen. Die spanische Flugunfalluntersuchung empfiehlt, dass eine weitere autorisierte Person anwesend ist, wenn einer der beiden Piloten das Cockpit verlässt. Damit wäre sichergestellt, dass zu jeder Zeit zwei Personen in der Kabine sind. Eine Forderung, die die Behörde schon im März 2015 nach dem Germanwings-Absturz stellte und Fluggesellschaften riet, die Betriebssicherheit neu zu bewerten.