Sie ist eine der letzten Zeitzeuginnen des Holocaust und Trägerin des Bundesverdienstkreuzes erster Klasse. Margot Friedländer. Heute lebt die alte Dame wieder im Land der Täter von einst, in einer Wohnung in Schöneberg. Mit 88 Jahren war Margot Friedländer aus Amerika wieder nach Deutschland gezogen. Doch: An eine Welt ohne Antisemitismus glaubt sie nicht mehr.
Am 5. November wird Margot Friedländer 102 Jahre alt. Das ZDF zeichnet in dem Dokudrama „Ich bin! Margot Friedländer“ ihren Lebensweg nach.
Margot Friedländers Familie stirbt in Auschwitz
Margot Friedländer wurde am 5. November 1921 in Berlin geboren. 1943 werden ihre Mutter und ihr Bruder von der Gestapo verhaftet und in das Vernichtungslager nach Auschwitz gebracht.
Die damals 22-jährige Margot taucht unter, versteckt sich, färbt sich die Haare und lässt sogar ihre Nase operieren, um ihre jüdische Herkunft zu verschleiern. Im Frühjahr 1944 wird sie trotz allem gefasst und in das Konzentrationslager Theresienstadt deportiert.
Margot überlebte. Auf die Frage des Radio Senders 88,8, was sie empfinde, wenn jüdische Einrichtungen in Berlin wieder Ziele von Angriffen werden, sagte Margot Friedländer: „Ich bin hier geboren, ich bin Berlinerin. Ich liebe Berlin, ich liebte Berlin. Das ist genau das, was ich nicht geahnt hätte, dass das nochmal „aufflirrt“ in dieser Weise.
„Ich bin enttäuscht, dass so viele sich angesteckt haben und rebellieren. Sie haben keinen Grund dazu. Im Gegenteil.“ Sie habe in den letzten zehn Jahren Hunderte und Hunderte Danksagungen von Schülern bekommen. Sie hören mich an und schreiben mir: „Auf uns können Sie sich verlassen!“ Und dann passiert das. „Das ist doch enttäuschend.“
Rückblickend auf ihr Leben betonte Margot Friedländer in dem Gespräch immer wieder, wie wichtig ihr Menschlichkeit sei. Die 101-Jährige wörtlich: „Wir sind alle gleich – es gibt kein christliches, muslimisches, jüdisches Blut. Es gibt nur menschliches Blut. Ihr habt alle dasselbe. Wir kommen alle auf diese Art und Weise auf diese Welt. Wir sind Menschen, nichts anderes. Seid doch Menschen!“

Nach ihrer Befreiung heiratete sie Adolph Friedländer, einen Bekannten aus Berlin, den sie in Theresienstadt wiedergetroffen hatte. Das Ehepaar emigrierte in die USA, baute sich dort ein neues Leben auf. Erst nach dem Tod ihres Mannes besuchte Margot 2003 auf Einladung des Berliner Senats ihre alte Heimatstadt. Seit 2010 lebt sie wieder in Berlin, besucht regelmäßig Schulen, um jungen Menschen von ihrem Leben zu berichten.
Erst kürzlich gründete Friedländer eine Stiftung zur Förderung von Freiheit und Demokratie. „Was war, können wir nicht mehr ändern, aber es darf nie wieder geschehen“, hatte sie bei deren Vorstellung im September 2023 in Berlin gesagt.

Auf eine Welt ohne Antisemitismus hofft Friedländer nicht mehr. „Antisemitismus war immer und wird immer sein, leider“, sagte die 101-Jährige dem Tagesspiegel. Sie habe „keine Hoffnung, dass Antisemitismus jemals nicht sein wird“. Zu ihrem Engagement dagegen sagte sie: „So weit wie wir das können, möchten wir Antisemitismus einschränken, ja. Sodass er klein bleibt.“ ■
Das Drama „Ich bin! Margot Friedländer“ wird am 07.11.2023 im ZDF ausgestrahlt. Zuvor ist der Film bereits seit 02.11. in der Mediathek verfügbar.