Konkurrenz für den Hausarzt

Kaufland: So funktioniert die Krankschreibung im Supermarkt

Schnelle Hilfe bei Husten und Schnupfen: Kaufland bietet erstmals telemedizinische Sprechstunden direkt im Markt an.

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Bei Kaufland kann man jetzt auch zum Arzt und sich krankschreiben lassen.
Bei Kaufland kann man jetzt auch zum Arzt und sich krankschreiben lassen.Oliver Berg/dpa

Bundesweit sind mehr als 5000 Hausarztsitze unbesetzt – und die Zahl steigt rasant. Die Wartezeiten für einen Termin werden immer länger, viele Praxen sind so überlastet, dass sie gar keine neuen Patienten mehr aufnehmen. Einen Teil dieser Lücke wollen die Supermarktkette Kaufland und der private Klinikbetreiber Sana mit einem Modellprojekt schließen. Ihr Konzept: Findet der Patient keinen Arzt mehr, kommt der Arzt zum Patienten.

Einkaufen, Leergut abgeben – und gleich nebenan zum Arzt gehen: Bei Kaufland ist das jetzt Realität. Zwischen Pfandautomat und Kasse können Kunden sich neuerdings untersuchen und sogar krankschreiben lassen.

Der „S | Medical Room“ in der Kaufland-Filiale im baden-württembergischen Mosbach ist kein gewöhnlicher Raum, sondern ein gläsernes Mini-Behandlungszentrum mit 54 Quadratmetern Hightech auf engstem Raum.

Wer hier reingeht, landet per Video direkt bei einem Arzt oder einer Ärztin des MVZ Sana am Stiftsberg in Neckarsulm. Vor Ort hilft eine medizinische Fachangestellte beim Check-in, misst Blutdruck und überträgt die Werte digital an den Bildschirm-Mediziner.

„Voraussetzung ist, dass die Beschwerden telemedizinisch beurteilt werden können“, sagt Jonas Ehmig, der Co-Geschäftsführer des Medical Rooms. Das heißt: Bei Husten, Schnupfen oder Heiserkeit gibt es hier schnelle Hilfe. Bei Krankheiten also, bei denen der Arzt nur einmal checken sollte, um ein rezeptfreies Medikament zu empfehlen.

„Neupatienten erhalten hingegen zum Beispiel keine Medikamente gegen hohen Blutdruck und kein Antibiotikum gegen einen starken Infekt“, sagt Ehmig. „Dafür braucht es den direkten Kontakt.“ Auch diesen könne das Mosbacher Angebot nach einer ersten Einschätzung herstellen.

Das Konzept zeigt: Telemedizin funktioniert auch zwischen Einkaufskorb und Kassenband. Schon die ersten Patienten haben Krankschreibungen und Rezepte erhalten, ganz ohne Wartezimmer. Die Idee dahinter ist: weniger Stress, weniger Ansteckungsgefahr, mehr Alltagstauglichkeit.

Bald auch in Berliner Kaufland-Filialen?

Kaufland sieht in dem Projekt eine Chance, medizinische Versorgung dorthin zu bringen, wo die Menschen ohnehin sind: mitten in den Alltag. Noch ist Mosbach ein Pilotstandort, doch die Pläne sind größer, und auch Berlin könnte von Krankschreibungsoffensive bei Kaufland profitieren. Gemeinsam mit dem Sana MVZ prüft Kaufland bereits, wie sich das Modell ausweiten lässt.

Bei Kaufland kann man sich direkt vom Arzt untersuchen lassen.
Bei Kaufland kann man sich direkt vom Arzt untersuchen lassen.dpa/Weißbrod

Aber es gibt auch Kritik, von den Hausärzten. Der Bundesverband warnt davor, zu viele parallele Angebote zu schaffen, die das System unübersichtlich machen könnten. Patienten könnten am Ende nicht mehr wissen, wohin sie sich wenden sollen, und Ärzte nicht mehr, wer gerade welche Behandlung übernimmt. Da ist sicher was dran.

Trotzdem hat das Experiment im Supermarkt Potenzial. Es kann den Arztbesuch neu erfinden, zwischen Kühlregal und Kassenschlange. Jeder, wie er’s halt braucht.