Prozess in Halle

Kleines Mädchen verbrüht: Eltern und Oma wegen Mordes vor Gericht

Die zweijährige Sophie wurde tot in einer Wohnung in Halle aufgefunden. Das Kind hatte schwere Verbrühungen erlitten. Was hat ihre Familie dem kleinen Mädchen angetan?

Teilen
Die Eltern und die Oma des verstorbenen zweijährigen Kindes mit ihren Anwälten im Landgericht Halle.
Die Eltern und die Oma des verstorbenen zweijährigen Kindes mit ihren Anwälten im Landgericht Halle.Sebastian Willnow/dpa

Was geschah in der Mietwohnung im Paulusviertel in Halle (Sachsen-Anhalt)? Im Mai war dort ein kleines Mädchen nach einem Notruf leblos aufgefunden worden, Versuche, es wiederzubeleben, blieben erfolglos. Die zweijährige Sophie war, so stellte sich heraus, in Folge von Verbrühungen gestorben. Die Staatsanwaltschaft leitete daraufhin Ermittlungen gegen die Eltern und auch die Oma des Kindes ein. Seit heute stehen sie vor Gericht.

Dem Vater wird in dem Prozess vor dem Landgericht Halle Mord durch Unterlassen vorgeworfen. Die Mutter und die Großmutter sollen sich der fahrlässigen Tötung durch Unterlassen schuldig gemacht haben. Dem Vater wird zudem vorgeworfen, sein kleines Kind gefährlich verletzt und misshandelt zu haben, während es unter seinem Schutz stand.

Kind in heißes Wasser getaucht, um es zu erziehen?

Der Vater (37)  soll das Kind am 10. Mai in der Wohnung der Familie, wo er zu diesem Zeitpunkt allein mit seinen drei Töchtern war, in eine mit heißem Wasser gefüllte Badewanne getaucht haben. Er habe dem kleinen Mädchen eine Lektion erteilen wollen, weil es sich zuvor beschmutzt hatte, so der Vorwurf der Staatsanwaltschaft. Die Zweijährige erlitt schwere, großflächige Verbrennungen.

Unmittelbar danach habe der Angeklagte seine 36-jährige Lebensgefährtin und Mutter der drei Kinder sowie seine 64 Jahre alte Mutter informiert. Wider besseres Wissen hätten die drei keine ärztliche Hilfe geholt. Laut Anklage hätten sie aus Furcht, dass die Krankenhausmitarbeiter Polizei und Jugendamt informieren, gemeinsam beschlossen, die Verbrühungen lediglich mit Hausmitteln zu behandeln.

Selbst als sich der Zustand des Kindes am nächsten Tag verschlechterte und die Angeklagten erkannten, dass das Mädchen in Lebensgefahr schwebte, hielten sie nach Ansicht der Staatsanwaltschaft an ihrem Plan fest. Damit hätten sie den Tod des Kleinkinds billigend in Kauf genommen. Die kleine Sophie starb zwei Tage nach der Tat. Bei frühzeitiger medizinischer Versorgung hätte es laut Anklage mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit gerettet werden können. Die drei Angeklagten gaben dem Gericht zufolge im Vorfeld des Prozesses an, das Ausmaß der Verletzungen falsch eingeschätzt zu haben.

Der angeklagte Vater auf dem Weg in den Gerichtssaal in Halle.
Der angeklagte Vater auf dem Weg in den Gerichtssaal in Halle.Sebastian Willnow/dpa

Dem Staatsanwalt zufolge handle es sich bei dem Fall rechtlich um einen besonderen. Mutter, Vater und auch die Großmutter seien in besonderem Maße zum Handeln verpflichtet, wenn ein Kind Hilfe benötigt. Entsprechend habe auch das Unterlassen von Handlungen schwerwiegendere rechtliche Folgen.

Familie sprach von einem Badeunfall

Die Familie bestritt eine vorsätzliche Tat, sie hatte bei den ersten Ermittlungen angegeben, es wäre ein Badeunfall gewesen. Von einem defekten Durchlauferhitzer soll die Mutter gesprochen haben, das Wasser sei von lauwarm auf heiß umgesprungen, als der Vater das Kind gebadet hätte. Das Landgericht Halle hat sieben Prozesstermine bis kurz vor Weihnachten festgelegt. Allen drei Angeklagten drohen Höchststrafen. ■