Erschreckende Zahlen

Immer mehr junge Erwachsene bekommen Krebs

Die Zahl der frühen Krebsdiagnosen steigt weltweit rasant. Eine Krebsforscherin erklärt, welche Alltagsfaktoren junge Menschen heute besonders gefährden

Author - Tobias Esters
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Krebszellen bei der Teilung: Tumore entstehen, wenn sich krankhafte Zellen unkontrolliert vermehren.
Krebszellen bei der Teilung: Tumore entstehen, wenn sich krankhafte Zellen unkontrolliert vermehren.Christoph Burgstedt/IMAGO

Krebs galt lange als Krankheit des Alters. Doch dieses Bild stimmt immer weniger. Immer häufiger trifft es Menschen, die mitten im Leben stehen. Millennials – also die Jahrgänge zwischen 1981 und 1995 – erkranken deutlich öfter an Krebs als ihre Eltern in demselben Alter. Weltweit sind die Zahlen alarmierend. Zwischen 1990 und 2019 stiegen die Krebsfälle bei unter 50-Jährigen um rund 79 Prozent, die Sterblichkeit nahm um 28 Prozent zu.

Analysiert hat diese Entwicklung unter anderem Lydia Begoña Horndler Gil, Expertin für Immunologie und Krebsbiologie an der Universidad San Jorge in Spanien. In etwa 80 Prozent der Fälle handelt es sich nicht um vererbten Krebs, sondern um sogenannte sporadische Tumoren. Ausgelöst durch äußere Einflüsse, die sich über Jahre im Körper ansammeln.

Wenn Kilos aus der Kindheit später krank machen

Ein entscheidender Faktor ist der Lebensstil. Seit den 80er-Jahren ist vor allem die Zahl übergewichtiger Kinder massiv angestiegen. Laut Weltgesundheitsorganisation waren 2022 weltweit mehr als 390 Millionen Kinder und Jugendliche übergewichtig, davon 160 Millionen fettleibig. Die Folgen zeigen sich oft erst Jahrzehnte später. Studien belegen, dass starkes Übergewicht in jungen Jahren das Risiko für Darmkrebs im Erwachsenenalter deutlich erhöht.

Symbolbild: Dauerstress, wenig Schlaf und Bildschirmarbeit prägen den Alltag vieler junger Erwachsener.
Symbolbild: Dauerstress, wenig Schlaf und Bildschirmarbeit prägen den Alltag vieler junger Erwachsener.Pond5 Images/IMAGO

Hinzu kommt eine Ernährung, die sich stark von der früherer Generationen unterscheidet. Ultra-verarbeitete Lebensmittel verändern die Darmflora, fördern chronische Entzündungen und stehen im Verdacht, die Entstehung bestimmter Krebsarten zu begünstigen.

Ein weiterer Risikofaktor ist Schlafmangel. Millennials schlafen im Schnitt deutlich weniger als frühere Generationen – vor allem wegen nächtlicher Bildschirmnutzung. Dabei ist Schlaf essenziell für die Zellreparatur. Das Hormon Melatonin, das vor allem nachts ausgeschüttet wird, schützt die DNA. Chronischer Schlafmangel schwächt diesen Schutzmechanismus.

Dauerstress und viel Tabletten

Nicht zuletzt spielt Stress eine zentrale Rolle. Dauerhaft erhöhte Cortisolwerte fördern Entzündungen, schwächen das Immunsystem und können laut Studien sogar ruhende Tumorzellen aktivieren. Gleichzeitig greifen viele jüngere Menschen häufiger zur Selbstmedikation. Schmerzmittel, Magenschutz oder Antibiotika werden oft über längere Zeit eingenommen, was ebenfalls langfristige Risiken bergen kann.

Experten rechnen damit, dass die weltweiten Krebsfälle bis 2050 um rund 77 Prozent steigen könnten. Besonders betroffen sind dabei Verdauungs- und gynäkologische Tumoren bei jüngeren Erwachsenen.

Es gibt aber auch eine gute Nachricht: Viele der Risikofaktoren lassen sich beeinflussen. Ungesunde Ernährung, Bewegungsmangel, zu wenig Schlaf, Dauerstress und Alkohol spielen eine entscheidende Rolle.