Neue Studie

Gute Nachricht für TV-Junkies: Fernsehen macht doch nicht blöd!

Wer ständig vor der Glotze sitzt, der verblödet – so heißt es oftmals. An der Uniklinik Jena kommt man da zu einem erstaunlich anderen Ergebnis.

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Stundenlang vor der Glotze sitzen. Das ist weniger ein Problem für das Gehirn als für den Körper – wenn man deswegen zu wenig Bewegung hat.
Stundenlang vor der Glotze sitzen. Das ist weniger ein Problem für das Gehirn als für den Körper – wenn man deswegen zu wenig Bewegung hat.Markus Mainka/Zoonar.com/Imago

Wer ständig vor der Glotze sitzt, der verblödet – das müssen sich TV-Junkies häufig anhören. Aber stimmt das überhaupt, macht viel Fernsehen tatsächlich dumm? Das wollten Wissenschaftler der Uniklinik Jena wissen. Das Ergebnis ihrer Studie überrascht.

Es gibt zahlreiche Studien, die exzessivem Fernseh-Konsum negative Effekte zuschreiben. Doch das seien fast ausschließlich retrospektive Studien, so die Forscher. Das heißt, diese Eigenschaften werden im Nachhinein mit zu viel Fernsehen erklärt. „Wir hatten schon die Vermutung, dass Fernsehen für unser Gehirn besser ist als sein Ruf“, sagt Dr. Matthias Nürnberger aus der Klinik für Neurologie am Universitätsklinikum Jena. In seiner neuen Studie stellte sich heraus: Viel Fernsehen macht nicht dumm. Man kann davon sogar profitieren.

Fernsehen ist also offenbar besser als sein Ruf. Selbst exzessiver Fernsehkonsum könne einen positiven Effekt sowohl auf die visuelle Informationsverarbeitung als auch die motorische Lernfähigkeit – das ist die Fähigkeit, bestimmte Bewegungsmuster durch wiederholte Ausführungen zu erlernen – haben, berichten Nürnberger und sein Team nach ihrer Studie. Wie haben sie das festgestellt?

In der Studie schnitten die Dauer-TV-Glotzer besser ab

Die Wissenschaftler ließen 74 Probanden zwischen 20 und 30 Jahren fünf Tage lang in einer kontrollierten Umgebung entweder acht Stunden pro Tag fernsehen oder eben überhaupt nicht fernsehen. Beide Gruppen machten während des Experiments einen Kurs im Tippen auf der Tastatur im 10-Finger-System – eine Fertigkeit, die sie vorher nicht beherrschten und die motorische Fähigkeiten mit visueller Informationsverarbeitung verknüpft. Der Lernfortschritt wurde täglich getestet, dazu wurden MRT-Aufnahmen des Gehirns der Teilnehmer gemacht.

Vom Ergebnis beziehungsweise seiner Deutlichkeit war das Forscherteam selbst überrascht: Die TV-Gruppe habe bei allen Testungen besser abgeschnitten als die Kontrollgruppe ohne TV-Konsum, teilweise sogar signifikant. Die Effekte hätten sich direkt im Gehirn nachweisen lassen. „Eigentlich gilt das Gehirn ab einem gewissen Alter als kognitiv austrainiert. Mit etwa 25 Jahren ist das Maximum an Synapsen erreicht und es ist sehr schwierig, diese Obergrenze zu verändern. Aber, und das legt unsere Studie nahe: Mit sehr viel visuellem Reiz ist es doch möglich, noch eine Verbesserung zu erzielen“, berichtet Nürnberger.

Trotzdem keine Empfehlung fürs exzessive Fernsehen

Für ihn seien damit die zahlreichen Studien widerlegt, die exzessivem TV-Konsum bislang negative Effekte zuschrieben, so Nürnberger. In weiteren Untersuchungen sei allerdings noch zu klären, ob die gemessenen positiven Effekte des Fernsehkonsums von Dauer seien, sagte der Neurologe. Unabhängig von den aktuellen und zukünftigen Resultaten wolle er keine Empfehlung fürs Dauerfernsehen aussprechen. „Wer nur vor dem Fernseher sitzt, bewegt sich in aller Regel nicht viel und schränkt auch sein Sozialleben ein“, warnte er. ■