Schlankere Beine, weniger Schmerz

Fettabsaugung bei Lipödem wird Kassenleistung

Viele betroffene Frauen haben eine Fettabsaugung selbst bezahlt. Jetzt soll die OP von der Krankenkasse übernommen werden. Das sind die Voraussetzungen.

Author - Berliner KURIER
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Etwa jede zehnte Frau in Deutschland ist vom Lipödem betroffen.
Etwa jede zehnte Frau in Deutschland ist vom Lipödem betroffen.Carina Gorny Fotografie/Lipödem-Gesellschaft/dpa

Das Lipödem ist eine chronische Fettverteilungsstörung, die häufig mit Übergewicht verwechselt wird. Die krankhaft vergrößerten Fettzellen sammeln sich in den Beinen, manchmal auch an den Armen. Betroffen sind fast ausschließlich Frauen, 3,8 Millionen sollen es  in Deutschland sein. Für sie gibt es eine gute Nachricht: Künftig soll die Krankenkasse bei Lipödem eine Fettabsaugung bezahlen – unabhängig vom Stadium der Erkrankung. Das müssen Sie wissen:

Die Fettverteilungsstörung belastet Betroffene längst nicht nur beim Blick in den Spiegel. Denn die voluminösen Beine und Arme reagieren sehr empfindlich auf Druck und Berührungen. Ein Beispiel: „Es macht wahnsinnig Schmerzen, wenn sich Kinder auf Ihren Schoß setzen“, sagt Peggy Bergert, Zweite Vorsitzende der Lipödem Hilfe Deutschland. Oder: „Wenn zum Beispiel aufgrund von Lipödem Oberschenkel oder Gesäß sehr ausgeprägt sind, haben Sie Probleme, sich in der Öffentlichkeit hinzusetzen. Stühle mit Armlehne sind da ganz böse“, sagt Bergert. Vor allem sind da aber die Schmerzen – oft begleitet von Spannungs- und Schweregefühlen in den betroffenen Gliedmaßen.

Wie kann man Lipödem behandeln?

Die Beschwerden lindern: Darauf zielt die konservative Therapie ab. Dazu gehört etwa eine manuelle Lymphdrainage, „zwischen ein- bis dreimal die Woche“, wie Peggy Bergert sagt. Ein weiterer Baustein sind Kompressionsstrümpfe beziehungsweise Kompressionsstrumpfhosen, die Patientinnen idealerweise täglich tragen sollten. Auch Bewegungstherapie, Ernährungsberatung und Hautpflege sind Teile der konservativen Therapie.

All das bringt keine Besserung? Dann gibt es die Möglichkeit, krankhaftes Fettgewebe durch eine Operation – eine sogenannte Liposuktion – zu entfernen. Bislang hatten nur Patientinnen mit schwerem Lipödem (Stadium III) Anspruch auf die Kostenübernahme durch die Krankenkasse.

In der Vergangenheit haben also viele Patientinnen selbst für ihre Operationen bezahlt. „Als Durchschnittswert kann man ungefähr 6000 Euro nennen als Komplettpaket für eine OP“, sagt Peggy Berger. „Es gibt viele, die Kredite dafür aufgenommen haben und die dann jahrelang abzahlen.“ Ein Eingriff reicht dabei allerdings oft nicht aus.

Lipödem – wann zahlt die Krankenkasse für eine Fettabsaugung?

Unter bestimmten Voraussetzungen trägt die gesetzliche Krankenversicherung künftig die Kosten für die Absaugung des krankhaft vermehrten Fettgewebes - und zwar unabhängig vom Stadium der Erkrankung. Das hat der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) beschlossen. Die Kasse zahlt aber nur unter bestimmten Bedingungen:

So muss über einen Zeitraum von sechs Monaten eine konservative Therapie durchgeführt worden sein - ohne eine Linderung der Beschwerden, so der G-BA. Bei einem Body-Maß-Index (BMI) von über 35 soll zunächst eine Adipositasbehandlung erfolgen, auch bei einem BMI zwischen 32 und 35 gibt es Einschränkungen.

Peggy Bergert zufolge werden daher längst nicht alle Lipödem-Patientinnen von der neuen Regelung profitieren können. „Die stark Betroffenen, die werden sie leider nicht in Anspruch nehmen können, weil sie die Voraussetzung nicht einhalten oder erreichen können, selbst mit besten Abnahmen.“

Und auch für alle Frauen, die bereits Lipödem-Eingriffe hatten, gibt es schlechte Nachrichten: Wiederholungs-OPs sind von der Kostenübernahme ausgeschlossen. Dabei müssen Betroffene mitunter Jahre später noch einmal auf den OP-Tisch. „Es bleiben immer krankhafte Fettzellen zurück, die werden sich wieder vergrößern – mit optischen und schmerztechnischen Auswirkungen“, sagt Peggy Bergert.

Lipödem: Die voluminöse Beinen durch krankhafte Fettzellen und Wassereinlagerungen sind nicht nur wegen der Optik für viele Betroffene belastend, sie schmerzen auch . In vielen Fällen zahlt künftig die Krankenkasse eine Fettabsaugung.
Lipödem: Die voluminöse Beinen durch krankhafte Fettzellen und Wassereinlagerungen sind nicht nur wegen der Optik für viele Betroffene belastend, sie schmerzen auch . In vielen Fällen zahlt künftig die Krankenkasse eine Fettabsaugung.brennweiteffm / Imago

Lipödem: Ab 2026 soll die Fettabsaugung Kassenleistung sein

Der Beschluss des G-BA wird nun vom Gesundheitsministerium geprüft. Erst wenn er im Anschluss im Bundesanzeiger veröffentlicht wird, tritt er offiziell in Kraft. Damit die Eingriffe als Kassenleistungen abgerechnet werden können, müssen zudem bis dahin Abrechnungsziffern festgelegt werden. Der G-BA geht davon aus, dass das bis zum 1. Januar 2026 der Fall sein wird. (mit DPA)